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Deep Tech Talk: Im Interview mit EvoLogics GmbH

Lesezeit: 10 Minuten

Wir gratulieren dem Deep Tech Star 2024 in der Kategorie „Robotik“! Herzlichen Glückwunsch, EvoLogics GmbH!

Als eine von 15 Finalistinnen und Finalisten hat sich EvoLogics durchgesetzt. Am 11.07.2024 wurde sie mit dem Deep Tech Award 2024 ausgezeichnet. Die EvoLogics GmbH entwickelt und produziert drahtlose Unterwasserkommunikationssysteme, die auf bionischen Konzepten basieren und fortschrittliche Technik mit Erkenntnissen aus der Natur kombinieren. Der Quadroin, ein autonomes Unterwasserfahrzeug mit einem stromlinienförmigen, pinguinartigen Design und Kamera- sowie Sensorsystemen, ermöglicht eine Vielzahl von Unterwasser-Anwendungsszenarien.

Herzlichen Glückwunsch, Ihr seid eine der Finalistinnen und Finalisten des 9. Deep Tech Awards! Was bedeutet der Deep Tech Award für Euch und was war die Motivation für Eure Bewerbung?
Natürlich freuen wir uns sehr über die Nominierung. EvoLogics entwickelt zwar schon seit Jahren Unterwasserfahrzeuge, die meisten davon aber im Rahmen von Forschungsprojekten oder Einzelaufträgen. Der Quadroin ist unser erstes in Serie produziertes autonomes Unterwasserfahrzeug. Die Anerkennung durch den Deep Tech Award und die damit verbundene mediale Aufmerksamkeit, sind uns natürlich sehr willkommen.

Berlin gilt als eines der wenigen deutschen Zentren für technologische Innovation. Wie erlebt Ihr die lokale Tech-Infrastruktur und wie wird diese durch den Deep Tech Award beeinflusst?
EvoLogics ist ein Berliner Original. Als ehem. Spinoff der TU-Berlin sind wir ein direktes Resultat der Berliner Forschungslandschaft und Tech-Infrastruktur. Berlin bietet teilweise einzigartige Möglichkeiten, ob es die Testeinrichtungen er Schiffsbauversuchsanstalt sind oder die Berliner Bäderbetriebe uns erlauben, ein Fahrzeug im Olympiabecken zu testen. Seit kurzer Zeit haben wir unseren Firmensitz nun im Wista-Park in Adlershof und sind begeistert von der kreativen Atmosphäre und der Zusammenarbeit mit den zahlreichen High-Tech-Nachbarn.

Eure Kategorie Robotik wurde beim Deep Tech Award 2024 zum ersten Mal eröffnet. Warum denkt Ihr, dass dies wichtig für die Robotik-Szene in Berlin ist?
Berlin gilt insgesamt als modern, weltoffen, innovativ. Ganz oft steht da der Fokus auf der kulturellen Landschaft, mit den Theatern, Clubs und Museen und den Medien. In Bezug auf technische Innovation denken viele bei Berlin hauptsächlich an Software-Startups oder die Computerspiele-Industrie. Teilweise ist das auch berechtigt. Wenn es um Robotik-Themen geht, dann denkt man zunächst vielleicht an Kuka oder Automobilhersteller wie Audi oder BMW. Dabei passiert hier in Berlin natürlich auch einiges. Da müssen wir jetzt auch gar nicht anfangen aufzuzählen, denn man kann ja nun einfach in die Nominierungen des Deep Tech Awards schauen.

DTA Ceremony 4

Lasst uns die Perspektive wechseln und ein wenig mehr über Euch sprechen. Ihr habt Euch mit Eurem Quadroin beworben. Bitte gebt uns einen kleinen Einblick in Eure Gründungsgeschichte und Eure Hauptmotivation, diese Produkte zu entwickeln.
Wie schon erwähnt, sind wir ein Spinoff der TU-Berlin. Unser Gründer Dr. Rudolf Bannasch war nach Jahren der Polar- und Vogelforschung im Fachbereich Bionik tätig. Als Ergebnis eines Kooperationsprojekts mit einem Delfinarium auf der Krim, indem es darum ging, die Kommunikation von Delfinen zu untersuchen, haben wir unsere S2C-Technik für akustische Unterwasserkommunikation entwickelt. Auch wenn die Delfine in dem Bereich noch immer eine Nasenlänge voraus sind, haben wir genug von den Tieren gelernt, um mit unseren Geräten weltweites Ansehen zu erlangen. Lange Zeit waren unsere Kommunikations- und Positionierungssysteme das absolute Rückgrat der Firma.
Auch wenn wir von Beginn an parallel an Robotern gearbeitet haben, teilweise durchaus ein wenig verspielt, aus dem Forscherdrang heraus, neue Konzepte zu erproben. Der Sonobot war dann unser erstes Robotik-Projekt, das in Serie produziert wurde: Ein autonomes Oberflächen-Wasserfahrzeug, das Tiefenkarten erstellen und mittels bildgebenden Sonaren Objekte finden kann. Das Fahrzeug ist jetzt in der 5. Generation und wird weltweit eingesetzt, für die Vermessung von Schifffahrtsstraßen, an Talsperren, im Bergbau. Bei der Verlängerung der U5 hat der Sonobot kontrolliert, dass der Beton für die Tunnel unter der Spree an der richtigen Stelle landet. Seit kurzem ist das Fahrzeug auch mit KI erhältlich, die dabei helfen kann, Objekte oder vermisste Personen im Sonarbild zu finden. Die Polizei in den Niederlanden nutzt dies, die Polizei in Thüringen erhält in Kürze ihr erstes Fahrzeug.
Natürlich sind diese Erfahrungen und Entwicklungen auch in den Quadroin eingeflossen, der unsere Modems auch unter Wasser hervorragend vernetzt ist und navigieren kann und auch unsere KI-Module integriert hat.

Warum glaubt Ihr, dass EvoLogics es auf die Liste der Finalist:innen geschafft hat und warum ist es Deep Tech?
EvoLogics ist natürlich waschechte Berliner Deep Tech. Einige unserer System waren schon in mehr als 10.000 m Tiefe. Viel deeper kann es kaum werden. Aber lassen wir den Wortwitz bei Seite. Im Bereich der Unterwasserrobotik haben wir schon ein recht einzigartiges System geschaffen, dass uns so schnell keiner nachmacht. Dadurch, dass wir in der akustischen Kommunikation eine weltweite Vorreiterrolle einnehmen, ist die Netzwerkfähigkeit im Quadroin tief integriert. Sowohl auf Software-Ebene, als auch mechanisch. Der Quadroin steckt voller einzigartiger Entwicklungen. Sei es die akustisch transparente Haube, die die notwendigen Antennen in der rigoros hydrodynamischen Form verbirgt. Die Pinguin-Form, die auf intensiven Forschungsarbeiten mit den lebenden Vorbildern in der Antarktis beruht und extrem energieeffizient ist. Die eigens entwickelten und optimierten, druckneutralen Motoren, die anlegbare Antenne bis hin zur KI-basierten Auswertung der Sonar- und Kameradaten.

Quadroin 2

Was ist die wichtigste technologische Innovation in dem Quadroin und warum bringt sie den Stand der Technik voran?
Die Frage ist schwierig zu beantworten, denn das Komplettpaket muss stimmen: Die kompakte Größe und das geringe Gewicht ermöglichen den einfachen Transport und das Handling mit nur einer Person. Gleichzeitig ist der Quadroin aber wirklich vollgestopft mit Sensorik und intelligenter Auswertung, wie automatischer Objekterkennung im Sonar und im Video. Alles muss zusammenspielen. Das Doppler Velocity Sonar, darf nicht das Seitensichtsonar, das Forward Looking Sonar oder die akustische Kommunikation stören. Die Sensoren müssen elektronisch sauber entkoppelt sein, z.B. von den Motoren. Die GPS-Antennen müssen weit genug vom Wasser entfernt sein, um eine präzise Position zu liefern, gleichzeitig darf während der Fahrt oder dem Transport keine lange Antenne rausstehen… es sind tausend kleine Baustellen, die zusammenpassen müssen, damit am Ende das System überzeugt.

Was waren die größten Hindernisse in Eurem Entwicklungsprozess? Wie habt Ihr sie überwunden?
Wir würden gerne sagen, dass es diese eine Nuss zu knacken gab und dann lief plötzlich alles wie von selbst. Aber die Wahrheit ist ja, dass in einem komplexen System ein Detail hier, wieder eine Baustelle an anderer Stelle aufwirft. Ein Beispiel: Ein Teil der Elektronik ist in Karbon-Druck-Gehäusen untergebracht. Sie müssen in hoher Qualität und entsprechend maßhaltig produziert werden, damit sie stabil genug und vor allem dicht sind. Man kann da nicht einfach ein anderes Material nehmen, das würde die Maße und das Gewicht der Baugruppe komplett verändern und damit auch den Schwerpunkt verschieben. Intensive Qualitätskontrollen und die Auswahl der richtigen Zulieferer haben uns hier geholfen. Aber es ist auch klar, dass man mit einem komplexen System nie fertig wird. Es gibt immer irgendwelche Teile, die nicht mehr so verfügbar sind wie ursprünglich geplant, deren Qualität sich ändert oder der Preis utopisch wird. Dann muss man da wieder ran.

Wie verbessert der Quadroin die Interaktion zwischen Mensch und Roboter, und welche Maßnahmen habt Ihr ergriffen, um Sicherheit und Effizienz zu gewährleisten?
Wenn der Quadroin erstmal auf Mission im Wasser ist, sind die Interaktionen mit Menschen eher selten. Natürlich hat der Quadroin Systeme zur Kollisionsvermeidung. Ein hochauflösendes Sonar mit intelligenter Auswertung. Der eigentliche Schutz des Menschen fängt aber bereits bei der Größe an. Die meisten anderen Fahrzeuge mit vergleichbarer Leistungsfähigkeit können nur mit schwerem Gerät bewegt werden. Gerade auf See, wo alles schwankt, gehen damit Gefahren einher.

Welche Branchen werden durch den Quadroin beeinflusst, und welches Feedback habt Ihr von Industriepartner:innen erhalten?
Der Quadroin soll zu einem Universalwerkzeug für Forschung und Umweltmonitoring werden. Wir denken, dass mit diesem Fahrzeug effizient Daten gesammelt werden, um den Zustand unserer Meere viel tiefgehender zu verstehen, als es jetzt der Fall ist.
Wenn Sie die Ausdehnung von Seegrasfeldern messen wollen oder den Anteil von ausgeblichenen Korallen in einem Riff erfassen wollen, dann liefert der Quadroin dafür die Datengrundlage.
Der Quadroin ist ein schnelles Einsatzfahrzeug für die Suche nach Objekten oder vermissten Personen, vor allem in den Tiefen, in denen man von der Oberfläche nur noch bedingt suchen kann.
Der Quadroin eignet sich hervorragend für die regelmäßige Inspektion von Kabeln, Pipelines und Schifffahrtsstraßen.
Das Einsatzfeld des Quadroins ist breit und dementsprechend groß ist das Interesse von Industrie, aber auch Umweltverbänden und Behörden.

Quadroin

Wie trägt der Quadroin zur Nachhaltigkeit bei, und welche Messgrößen verwendet Ihr, um den Erfolg zu messen?
Die Erde ist im Begriff, sich drastisch zu ändern. Der Klimawandel schreitet voran und mit ihm steigen die Meeresspiegel, erwärmt sich das Wasser, verändern sich die großen Strömungen. Damit einher geht das Aussterben von zahlreichen Lebewesen und gleichzeitig auch die Ausbreitung mancher Arten in neue Gebiete. Vieles davon bekommen wir gar nicht mit oder können wir in seiner Wirkung nicht einschätzen, weil wir nur punktuell hier und dort mal ein paar Daten sammeln können. Mit dem Quadroin kann sich unser Wissen deutlich erhöhen. Wir können Temperaturveränderungen und andere wichtige Parameter, wie den CO2- und Sauerstoffgehalt des Wassers, dokumentieren. Der Quadroin ermöglicht uns ein tieferes Verständnis vom Meer, von Seen und Flüssen. Dieses Verständnis kann die Grundlage für nachhaltiges Handeln sein.

Wo seht Ihr die Zukunft der Robotik, und wie passt Euer Projekt zu dieser Vision oder beeinflusst sie?
Wir sehen, dass die Autonomie der Roboter deutlich zunimmt und das Vertrauen in autonome Systeme wächst. Im Alltag verlässt man sich immer mehr auf Staubsaug- und Rasenmähroboter. Wenn es um das autonome Fahren von Autos geht, spricht man nur noch über das „wie“ und „wann“, das „ob“ steht vollkommen außer Frage. Die Robotik und KI entwickeln sich gerade rasant. Der Quadroin ist Trendsetter im Wasser. Er fährt nicht nur Messsysteme durch die Gegend, sondern kann die Sensordaten direkt mittels KI auswerten und darauf reagieren. Das wird schnell Schule machen.

Was wünscht Ihr Euch für unsere technologische oder digitale Zukunft?
Wie in fast allen Gebieten hoffen wir, dass Entwicklungen sachlich, tief und mit ruhigem Gemüt betrachtet werden, um einerseits Gefahren zu erkennen, andererseits aber auch Entwicklung zuzulassen und anzunehmen. Wenn wir neuen Entwicklungen begegnen und die Frage aufkommt, „was da alles passieren kann…?“; dann dürfen wir dort nicht aufhören. Wir müssen versuchen diese Frage zu beantworten und dann herausfinden, wo die Freiräume sind, um Dinge auszuprobieren.

Welchen Rat möchtet Ihr jungen Unternehmer:innen und Tech-Innovator:innen geben, die ihre Ziele erreichen wollen und vielleicht auch am Deep Tech Award 2025 teilnehmen möchten? Da Ihr es von 100 Bewerbern unter die Finalist:innen geschafft habt, gehen wir davon aus, dass Ihr hier einige echte Profi-Tipps habt.
Entwicklung ist harte Arbeit. Eine pfiffige Idee, eine Vision ist der Anfang. Die Vision darf dabei gern ein wenig größer sein. Die Vision muss man zu einem Traum ausbauen, der einen mit Begeisterung erfüllt und einen eine Weile tragen kann. Denn dann kommen die Mühen der Ebene, die vielen kleinen Stolpersteine und die lästige Frage nach der Finanzierung. Die Entwicklung dauert immer länger als geplant. Und dann noch etwas länger. Und die Produktion muss immer mitgedacht werden. Ein Produkt hat nur dann Erfolg, wenn man es am Ende auch herstellen kann und die Wartung funktioniert. Es ist vollkommen normal, zwischendurch auch mal weinen zu müssen. Dennoch lohnt es sich, dran zu bleiben mit Ausdauer und Mut.

Vielen Dank für all Eure faszinierenden Einblicke!