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IT-Security: Im Interview mit Neofonie

Hallo Bertram und Qi, zunächst herzlichen Glückwunsch zum Gewinn in der Kategorie IT-Security! Könnt ihr uns bitte näher erläutern, welche Kernziele und Schwerpunkte eure Mission im Bereich IT-Security umfasst?

Bertram: Hallo und vielen Dank für die Einladung. In erster Linie sind wir Spezialist:innen für die maschinelle Verarbeitung von Content, insbesondere Text, Bild und Ton. Bereits vor 25 Jahren haben wir mit der ersten deutschen Suchmaschine Textdaten verarbeitet und so zur Verfügung gestellt, dass Inhalte schneller und besser auffindbar sind. Das gleiche Prinzip ist auch im Bereich IT-Sicherheit relevant, wenn es darum geht, Gefahren zu erkennen, die in Textdateien verborgen sind. Im Internet bestehen die meisten Inhalte aus Texten, Bildern, Videos oder auch Code. Programmiersprachen sind schließlich auch eine Art Sprache.

Was hat die Neofonie GmbH dazu bewogen, sich auf IT-Security zu fokussieren, und welche grundlegenden Werte und Prinzipien sind für eure Arbeit in diesem Bereich maßgeblich?

Qi: Bei uns dreht sich alles um Daten. Daten sind bekanntlich das neue Gold, denn wer diese auswerten und verarbeiten kann, erhält viele Informationen und das heute in immer schnellerer Zeit. Mit unseren NLP- und Machine-Learning-Werkzeugen wie TXTWerk sind wir in der Lage, Informationen gezielt zu extrahieren und unseren Kund:innen zur Verfügung zu stellen, so auch sicherheitsrelevante Informationen. Dabei greifen wir nur auf im Netz frei verfügbare oder vom/von Kund:innen zur Verfügung gestellte Daten zu und achten bei der Verarbeitung auf die Datenschutzbestimmungen.

Könnt ihr in einfachen Worten erklären, wie genau das Tool “TXTWerk” dazu beiträgt, IT-Risiken zu erkennen und Sicherheitsbedrohungen zu identifizieren?

Bertram: TXTWerk ist unser eigens entwickeltes Textanalyse-Tool-Kit. Damit können wir Textdokumente maschinell lesen und verstehen und damit tiefere und schnellere Einblicke geben. Seit 2021 arbeiten wir hier mit dem BSI zusammen, zur automatischen Erstellung eines Lagebildes zur Cyber Security in Deutschland. Wir nutzen hierfür TXTWerk, um mit Hilfe von sowohl klassischen Machine-Learning-Mechanismen als auch Sprachmodellen potenzielle Gefahren und Trends wie etwa Schadprogramme, Datendiebstahl und andere Bedrohungen frühzeitig zu erkennen. Dazu haben wir einen flexiblen Webcrawler aufgebaut, der in zahlreichen Quellen umfangreiche Dokumentenmengen analysiert. Diese stellen wir dann mit Hilfe von Dashboards und einer intelligenten Suche den BSI-Mitarbeiter:innen zur Verfügung. So können die Daten auch gefiltert und durchsucht werden.

Die Zusammenarbeit mit dem Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) klingt spannend. Könnt ihr uns erzählen, wie diese Kooperation die Entwicklung von “TXTWerk” beeinflusst hat?

Qi: TXTWerk ist ein vielseitiges Textanalyse-Tool, welches an verschiedene Projekte und Domänen angepasst und für spezifische Aufgaben verfeinert werden kann. Jede neue Anwendung stellt nicht nur eine Herausforderung dar, sondern dient auch als Zeugnis für die potenziellen Fähigkeiten von TXTWerk. Im Kontext mit dem BSI gab es zahlreiche Herausforderungen zu bewältigen und Lösungen zu finden, damit das Tool die sicherheitsrelevanten Informationen eindeutig und effizient identifiziert. Dazu zählten beispielsweise:
• eine kohärente Klassenstruktur für das Training des Modells zu definieren
• Strategien zu entwickeln, um den menschlichen Beschriftungsaufwand während der Trainingsphase zu reduzieren
• Bewertungskriterien festzulegen
• sicherzustellen, dass das Modell sicher und effizient bereitgestellt wird
• einen kontinuierlichen Feedback-Kreislauf zu erstellen, um die Modellleistung zu verbessern
Unsere Erfahrungen im BSI-Fall waren von unschätzbarem Wert für TXTWerk. Wir haben nicht nur bestimmte Funktionen speziell für das IT-Sicherheitsszenario entworfen, sondern auch Erkenntnisse gewonnen, die unsere Expertise weiter geschärft haben, um ein robustes und nachhaltiges Textanalyse-Tool zu entwickeln.

Was war der Antrieb für Neofonie, am Deep Tech Award teilzunehmen, und welchen Stellenwert hat dieser Gewinn für das Unternehmen und eure Fortschritte?

Bertram: Unsere Datenverarbeitungskompetenz ist durch große Player wie Google und Microsoft oder jetzt auch durch Tools wie ChatGPT starker Konkurrenz ausgesetzt. Datenbasierende Anwendungen, die vor allem auf die Besonderheiten der deutschen Sprache als auch den Regularien in der EU und in Deutschland ausgerichtet sind, bekommen hier deutlich weniger Aufmerksamkeit. Mit dem Deep Tech Award können wir zeigen, welche technischen Innovationen auch in Deutschland möglich sind und die Sichtbarkeit für Machine-Learning-Anwendungen im Bereich IT-Security erhöhen. Für uns ist es eine tolle Anerkennung unserer Arbeit.

Wie hat der Standort Berlin eure Arbeit bei Neofonie geprägt, und welche konkreten Vorteile bietet die Stadt als zentraler Standort für eure Aktivitäten in den Bereichen IT-Security und Technologie?

Qi: Seit unserer Gründung als Spin-off der TU Berlin investieren wir konsequent in Forschungsprojekte und arbeiten mit ansässigen Universitäten, Hochschulen und Forschungseinrichtungen zusammen, um unsere Technologien und Lösungen stets weiterzuentwickeln und zu optimieren.
Berlin bietet uns hier ideale Voraussetzungen für Innovationen. Nicht nur die Startup-Kultur, sondern auch die Bundeseinrichtungen mit vom Bund geförderten Projekten liefern Gelder, die für Neuerungen und Ideen eine wesentliche Voraussetzung bilden. So entstehen aus anwendungsorientierter Forschungsarbeit innovative Projekte, die national und international Auswirkungen haben.

Vielen Dank für das Interview!

Weitere Infos zur Neofonie GmbH: https://www.neofonie.de/