Lieber Herr Schnitzler, vielen Dank vorab für das Interview. Würden Sie Polit-X kurz für unsere Leser:innen vorstellen?
Gerne. Polit-X ist ein Monitoringdienst, der Vorgänge des politischen und öffentlichen Lebens beobachtet und analysiert. Oder anders ausgedrückt: Alle Interessierten können mit unserer Plattform die politischen Entwicklungen auf Europa-, Landes- und Bundesebene nahezu live mitverfolgen. Gleichzeitig ist Polit-X ein gigantisches Recherchetool, da wir bereits mehrere Millionen Dokumente in unserer Datenbank haben. Dafür nutzen wir modernste Technologien wie Machine Learning und KI und können so den optimalen Zugang zu politischen Entscheidungen bieten. Wissenschaftler:innen und Politiker:innen, aber auch Verbandsmitarbeiter:innen, Interessenvertreter:innen und Journalist:innen finden bei uns relevante Informationen für ihre Arbeit. Diese nutzen vor allem unsere Analysetools, die wir in den letzten Jahren vorgestellt haben.
Woher stammt die Idee und welche Deep-Tech-Lösung steckt hinter Polit-X?
Vor über 25 Jahren musste ich mich als Praktikant noch per Hand durch Berge von Drucksachen kämpfen. Irgendwann dachte ich, dass das doch auch einfacher gehen kann – und ökologischer. 2006 hatte ich meinen ersten Newsletter verschickt, in dem ich die wichtigsten digitalen Neuigkeiten zusammenfasste. Da die Nachfrage immens war, ist daraus schließlich Polit-X entstanden. Die Leute konnten und können natürlich Suchmaschinen nutzen, die Ergebnisse dort kratzen aber meist nur an der Oberfläche. Um bei politischen Entwicklungen auf dem Laufenden zu bleiben, benötigt man tiefergehende und vor allem aktuellere Informationen, deshalb bieten wir Polit-X an. Es kommen ja quasi stündlich neue Infos hinzu, deshalb müssen wir auch auf technischer Seite stets mithalten. Mit unserem Smart-Data-Ansatz bieten wir das optimale Tool für datengetriebene Auswertungen. Und durch unsere Einbindung von KI arbeiten wir daran, bessere Prognosen zu liefern, was in den Parlamenten diskutiert wird und in welchen Zeiträumen.
Welche Herausforderungen mussten Sie bei der Entwicklung meistern?
Digitales politisches Monitoring: Wir waren von Anfang an Pionier und Technologieführer. Wenn man eine ganze Branche, die es zuvor noch nicht gab, maßgeblich prägt, muss man allen natürlich erklären, wo die Vorteile, die Effizienz beim Nutzen liegen. Als wir angefangen haben, steckte die Digitalisierung in der Politik noch in den Kinderschuhen. Wir mussten erstmal Pionierarbeit leisten und die Menschen von den Vorteilen von Internet, Onlinesuchen und sowieso Polit-X überzeugen. Auch in technischer Hinsicht war es eine Herausforderung, die Masse an Dokumenten möglichst einfach und zielführend aufzubereiten. Heute können unsere User:innen auch die kleinste Nadel in allen relevanten Heuhaufen spielend leicht finden. KI kann hier eine große Hilfe bei der Analyse sein. Diese werden wir auch in Zukunft weiterentwickeln und optimieren.
Welche Anwendungsbereiche deckt Polit-X derzeit ab und gibt es Pläne diese auszuweiten?
Wir bieten beispielsweise einen Vorgangsmonitor an, mit dem jeder einen Vorgang im Bundestag, z. B. ein Gesetzgebungsverfahren, von dem ersten Einbringen ins Parlament bis zur Verabschiedung Schritt für Schritt verfolgen kann. Sehr hilfreich ist auch unsere Abgeordnet:innenanalyse, mit der unsere User:innen eine Übersicht über die Standpunkte aller ca. 4000 Abgeordnet:innen des Bundestages und der Landesparlamente bekommen und per Alert über Reden und Initiativen informiert werden. Darüber hinaus konnten wir in den letzten Jahren unser Angebot in Österreich und der Schweiz durch Kooperationen mit anderen Unternehmen stetig erweitern. Wir arbeiten aktuell mit der dpa, dem führenden Dienst für Politolog:innen, Pollux, dem Klassiker Kürschners Politikkontakte und dem Medienbeobachtungsdienst Genios zusammen. Generell arbeiten wir ständig daran, die Funktionen von Polit-X zu erweitern – sowohl intern als auch mit externen Partner:innen.
Wie sind Sie darauf gekommen, sich für den Deep Tech Award 2023 zu bewerben?
Der Deep Tech Award 2023 bietet eine ideale Plattform in unserer Stadt Berlin, um unsere technologischen Innovationen einem breiteren Publikum zu präsentieren. Wir sind überzeugt, dass Polit-X einen bedeutenden Beitrag für viele in Berlin ansässige Unternehmen und Verbände leistet, und der Award ermöglicht es uns, unsere Botschaft weiter zu verbreiten und Gleichgesinnte aus der Deep Tech-Community zu treffen.
Was ist Ihrer Meinung nach einzigartig an der Berliner Deep-Tech-Szene und was sollte in Zukunft noch stärker gefördert werden?
Nach meiner Erfahrung zeichnet sich die Deep Tech-Szene, besonders in Berlin, durch Vielfalt und Innovationskraft aus. Um die Szene weiter zu stärken, würde ich mir eine noch engere Zusammenarbeit zwischen Universitäten und Unternehmen wünschen. Wenn Wissenschaft und Wirtschaft mehr Hand in Hand arbeiten würden, ließen sich innovative Ideen noch schneller umsetzen. Mit seinen zahlreichen Einrichtungen bietet Berlin dafür die optimalen Voraussetzungen.