Smart in die Zukunft – dank KI und IoT. Wir haben mit dem Experten und Jurymitglied über die Kräftebündelung, Herausforderungen und Chancen der beiden Kernthemen gesprochen.
Hallo Herr von Plate. Wie schön, dass Sie sich für dieses Interview Zeit genommen haben. Als VP Business Development bei Hitachi ABB Power Grids haben Sie bereits viele Fortschritte auf dem Gebiet des IoT mitbekommen. Aber wo gibt es Ihrer Meinung nach noch Entwicklungslücken?
Meiner Meinung nach ist die größte Entwicklungslücke die Bereitschaft von Kund:innen neue Themen wirklich anzunehmen, um das volle Nutzungspotenzial zu entfalten. Dabei muss man eben auch anfangen seine eigene Art zu arbeiten, zu entscheiden, zu denken nicht nur komplett zu hinterfragen, sondern auch zu überarbeiten. Wir sehen generell eine zunehmende Lücke zwischen dem, was technisch möglich ist, dem, was von Marketingabteilungen oder Vorständen an großen Themen angekündigt wird und dem, was tatsächlich gemacht wird. Daran trägt teilweise aber auch meine Branche, die Lösungsanbieter, selbst mit Schuld. Denn gerade auf dem Gebiet des IoT gibt es noch großes Verbesserungspotenzial und die Notwendigkeit bestimmte Themen, wie Product-Market Fit (PMF) oder User-Experience, die im B2C-Bereich bereits allgegenwärtig sind, zu etablieren. Nur so können Kund:innen schrittweise an Veränderungen herangeführt und gewöhnt werden.
Ebenso gibt es aber auch noch technische Entwicklungslücken. Hier benötigen wir vor allem Standards zur Datenanbindung und den Transfers, sowie auch zur Datendefinition. Zwar gibt es schon viele Entwicklungen dahingehend, aber es gibt noch immer viele Bedürfnisse, um das Vorhandene sowohl schneller als auch effizienter anwenden und anbinden zu können und der KI zugänglicher zu machen.
Wie kann man denn Ihrer Meinung nach die Kräfte von IoT und KI künftig noch effizienter bündeln, um die Zukunft nicht nur smart, sondern auch nachhaltig zu gestalten?
Für eine nachhaltige Kräftebündelung braucht es einerseits die Bereitschaft der Anwender:innen sich auf neue Denkfelder einzulassen. Anderseits müssen Anbieter:innen anfangen über die technologische Funktionalität (Technology-Market Fit) hinaus zu denken und sich auch der Nutzerfreundlichkeit zu widmen.
Auch in diesem Jahr sind Sie Jurymitglied beim Deep Tech Award. Was erhoffen Sie sich von den Einreichungen für den Deep Tech Award 2021?
Da ich mich persönlich im industriellen Internet der Dinge bewege, erhoffe ich mir natürlich viele spannende Einreichungen und Lösungen aus diesem Bereich/Umfeld. Ebenso würden mich neue Technologien für Sensoren für Smart Home interessieren.
Für den Award erhoffe ich mir, dass auch Lösungen kommen werden, die schon weiterentwickelt wurden und eventuell schon erste Markterfolge erzielen konnten. Solche fortgeschrittenen Tech-Lösungen machen eine Jurybewertung nicht nur einfacher, sondern auch greifbarer.
Werfen wir doch auch mal einen Blick auf den DTA 20. Herr von Plate, wenn Sie an die Einreichungen im vergangenen Jahr zurückdenken, haben Sie etwas vermisst?
Bei einigen Einreichungen hatte ich das Gefühl keine neuen oder speziellen Lösungen vor mir zu haben. Bei anderen dachte ich wiederrum, dass es sehr mutige und vielversprechende Ansätze waren, bei denen man mitgefiebert hat. So wie bei der Lösung von Augmented Robotics UG, die mit ihrem Produkt „RoboHeart“ einer technischen und unternehmerischen Herausforderung gegenüberstanden. Durch ihren Mut wurden sie letztlich als Gewinner der Kategorie IoT ausgezeichnet.
Ich persönlich hätte mich auch über eine größere Zahl an industrienahen Tech-Lösungen gefreut, vielleicht klappt das ja in diesem Jahr.
Bei Ihrer Funktion als Jurymitglied: Haben Sie konkrete Vorstellungen, was Sie für die Deep Tech-Szene bewirken wollen?
Ich möchte als Jurymitglied genau den Unternehmen und jungen Start-ups eine Plattform bieten, die die Lösungen mit Zukunftspotenzial entwickeln. Ich möchte ihnen zu mehr Sichtbarkeit verhelfen, damit sie ihre einzigartigen Produkte erfolgreich platzieren können.
Der Deep Tech Award ist die Auszeichung für Berliner Unternehmen und Produkte „Made in Berlin“. Welche Chancen sehen Sie denn in Bezug auf die prämierten Lösungen des DTA 2021 für den Standort Berlin?
Berlin lebt von großen Ideen und braucht große Unicorns. Der Deep Tech Award kann genau dabei helfen, dass sich diese Unternehmen mit Zukunftspotenzial herauskristallisieren und ihre Lösungen etablieren können.
Und wie schätzen Sie abschließend die Bedeutung der Hauptstadt für die Entwicklung innovativer Tech-Lösungen ein? Welchen Stellenwert nimmt Berlin generell ein?
Deutschland hat sich allgemein mit seinen zahlreichen technologischen Universitäten und Einrichtungen breit aufgestellt. Neben der TU Berlin zählen auch die TU in München, zudem Darmstadt, Karlsruhe oder auch Aachen zu anerkannten Technologie-Hochburgen. Was Berlin jedoch von allen Städten abhebt, ist die individuelle B2C-Experience, durch beispielsweise Internetgeschäfte, die so in der Art nur in der Hauptstadt möglich ist. Sicherlich kann das auch prägend für die Entwicklungen im industrielastigeren Umfeld sein.
Herr von Plate, vielen Dank für das Interview.