Mit Künstlicher Intelligenz Ackerboden überwachen und nachhaltig verwalten? Das geht – mit SmartCloudFarming. Wir sprachen mit Co-Gründer Suvrajit Saha über die 3D Soil Maps und KI.
Hallo Suvrajit Saha, vielen Dank, dass Sie sich Zeit für unser Interview nehmen! Können Sie uns zunächst einmal etwas zu Ihrem Hintergrund erzählen und wie Sie und Ihr Co-Gründer Michele Bandecchi sich kennenlernten?
Vielen Dank für das Interesse! Ich freue mich sehr. Ich bin ein Ingenieur und Experte im Bereich der Cross-Industrie-Innovation. Vor einigen Jahren habe ich mich dazu entschlossen mich selbstständig zu machen, also unternehmerisch tätig zu werden. Der erste Versuch ging zwar schief, aber da bekam ich die dunklen Seiten zu sehen und auch das Spiel besser zu verstehen. Mit meinem zweiten Startup – klimazone Labs – nahm ich 2018 am Copernicus Accelerator teil. Es war auf der Auftaktveranstaltung in Marseille, wo ich Michele kurz kennenlernte.
Mit Ihrem Unternehmen SmartCloudFarming entwickeln Sie eine cloud-basierte KI, um dadurch ein datengestütztes Management für Ackerboden zu generieren. Wie entstand diese Idee?
Die Idee, Satellitendaten für das Bodenmanagement zu nutzen, entstand von Michele als er ein EXIST-Stipendiat war. Damals war ich allerdings nicht im Team. Michele kommt aus Italien und hat in Wageningen Pflanzenbiotechnologie studiert. Durch seine Austäusche im Laufe des Studiums stellte er fest, dass wir zu wenig über unsere Böden wissen und Bodensensoren auch keine besonders gute Lösungen sind: Bodeneigenschaften sind sehr heterogen, während Sensordaten nur punktuell sind. Einige solcher punktuellen Daten gelten dann nicht für einen ganzen Ackerboden. Trotzdem wird damit gearbeitet. Diese Lücke überbrücken wir nun.
Wie kann man sich Ihre „3D Soil Maps“ vorstellen? Wie funktionieren diese?
3D Bodenkarten sind digitale Bodenkarten, welche auch die Tiefeninformation liefern; das heißt die Bodenfeuchtigkeit, den Bodennährstoffgehalt, wie auch den organisch gebundenen Kohlenstoff. So kann der Landwirt erfahren, ob in der Tiefe ausreichend Feuchtigkeit und Nährstoffe vorhanden sind und wann der Boden bewässert bzw. gedüngt werden soll.
Wie weit sind Berlin und Deutschland in Ihren Augen bei der Entwicklung Künstlicher Intelligenz?
Das ist eine etwas heikle Frage. Im Vergleich zu China oder den USA hinkt die anwendungsspezifische Entwicklung von KI hinterher. Ich würde sogar meinen, Großbritannien ist in dieser Hinsicht vor Deutschland. In Deutschland ist das Fachwissen zwar vorhanden, aber einerseits gibt es Grabenkämpfe zwischen vielen unterschiedlichen Lagern, andererseits wird bei der Entwicklung von Anwendungen/Produkten zu wenig gewagt. Somit vergibt Deutschland etliche Chancen, neue Möglichkeiten zu entdecken, da aus Sicht des Marktes natürlich zu wenig experimentiert wird. Daher kommen auch die meisten Anwendungen aus China oder den USA.
Betrachten wir nur die deutsche KI-Landschaft, denke ich dass Stuttgart und München auf der industriellen Seite der KI-Anwendungen vor Berlin sind, während in Berlin viel mehr beispielsweise mit NLP gearbeitet wird. Aber das ist nur mein Eindruck.
Im letzten Jahr waren Sie einer der Gewinner des Deep Tech Awards. Wie hat sich SmartCloudFarming nach der Preisvergabe weiterentwickelt?
Seit dem DeepTech Award ist bei SmartCloudFarming vieles passiert. Wir haben ein vollkommen neues Team und eine neue Ausrichtung. Wir haben vieles infrage gestellt bzw. stellen müssen und nicht immer lagen wir richtig. Glücklicherweise haben wir das in einer sehr frühen Phase entdeckt und das hat uns gutgetan. Wir schreiten mit unserer Technologieentwicklung voran und haben neue Partnerschaften erschlossen. Zuletzt sind wir von Indigo Ag/USA fürs Halbfinale des Terraton Challenge ausgewählt worden. Wir sind eins von nur drei Unternehmen aus Europa, die es ins Halbfinale der Terraton Challenge geschafft haben.
Wir machen gute Fortschritte, aber uns ist bewusst, dass der Weg vor uns lang ist und voller Herausforderungen. Auch die aktuelle Corona-Krise bereitet uns Schwierigkeiten. Aber wir blicken zuversichtlich in die Ferne.
Sie haben Ihren Standort in Berlin. Was war für Sie ausschlaggebend dafür, hier zu gründen? Welche Vorteile birgt der Standort für Sie?
Die Gründer wurden vor Ort von einem Dritten zusammengebracht und waren bereits alle aus verschiedenen Gründen in der Stadt. Aber Berlin hat bestimmte Vorteile: ein gutes Ökosystem für Startups und die Stadt ist wegen der vielen jungen Menschen aus aller Welt unglaublich dynamisch. Dennoch hat Berlin auch schwerwiegende Nachteile: Wohnungsnot und unerschwingliche Mieten, schlechte Luft und Straßen und allgemein der Charme eines alten Brotes zum Frühstück. Man wird hier schnell erschöpft. Auch die Bürokratie und die Politik ist oft zu träge oder auch unerträglich. Das macht uns schon zu schaffen. Aber wir bleiben optimistisch und hoffen auf bedeutende Verbesserungen bzw. Veränderungen.
Haben Sie einen ultimativen Tipp, den Sie den Bewerbenden in diesem Jahr mit auf den Weg geben wollen?
Dieses Jahr bewerbe ich mich mit klimazone Labs und würde mich daher über solch einen Tipp freuen. Aber ich sage nur so viel: Es gibt keinen Zauberstab, außer man bereitet sich gut vor.