Als Renate Zimmermann mich zum ersten Mal an Bord des Storytausches holen wollte, musste ich aus Zeitgründen absagen. Ein Jahr später sah es bei mir zeitlich fast noch enger aus, aber ich sagte diesmal zu, weil das Projekt mich lockte. Mir schwebte ein Raum voller fieberhaft plottender und sich mit raffinierten Erzähltricks überbietender Nachwuchsautoren vor, die das Handwerkliche am Schreiben nur lernen wollen, um ihrer Leidenschaft beim Schreiben Herr zu werden.
Eigentlich ist das Verfassen von Texten eine einsame Sache, und das ist gut so. Gemeinsam eine Geschichte zu erfinden (und dann auch umzusetzen), bedeutet vorrangig eine Einschränkung. Man muss eigene Ideen opfern und die der anderen beherzigen, im Zweifel auch in Welten eintauchen, in die man sich von sich aus nicht begeben hätte. Gerade dabei kann man aber auch lernen, aus der eigenen Wohlfühlzone herauszutreten – sofern eine Idee gut genug ist, diese Überschreitung zu rechtfertigen.
Beim gemeinsamen Schreiben steht die Frage im Mittelpunkt, was manche Einfälle besser macht als andere. Eine Sensibilisierung des literarischen Instinkts, wenn man so will. Darum war es mir so wichtig, dass wir uns treffen, um über unsere Geschichte zu reden. Es sollte diskutiert werden, aus welchen guten Gründen der eine oder andere Handlungsweg eingeschlagen werden sollte. Wer dieses Abwägen verinnerlicht, braucht danach keine Gruppe mehr und kann sich allein ins Feld wagen.
Aber eine Gruppe bringt natürlich auch viel Spaß. Ich denke da an unsere gemütlichen Abendsitzungen bei Leckereien (Renate sei Dank!) und einem rasanten Hin und Her von Einfällen, die das Gespräch oft in ungeahnte Gefilde entführten. Bei der Rückkehr hatten wir dann nicht selten die besten Ideen für unsere Geschichte. (Das Spaghettimonster, was sonst?)
Leider gab es auch einige Enttäuschungen. Mir sind die Termine mehrmals durcheinandergeflogen, ich schaffte es oft nicht zu den Treffen. Meiner Meinung nach war es zu viel und auch unnötig, den begleitenden Schriftsteller jedes zweite Kapitel schreiben zu lassen – deshalb war ich zu Beginn der Geschichte seltener vertreten. Immerhin geht es um die Nachwuchsautoren. Der Storytausch ist ihre Übung. Wieso sind sie nur für jeweils ein Kapitel verantwortlich? Eine zweite oder dritte Gelegenheit, die Handlung zu gestalten, müsste ihnen doch willkommen sein. Auch von zu zweit geschriebenen Kapiteln würde ich in Zukunft abraten, da man das Schreiben letztlich nur lernt, indem man zuletzt den Mund zuklappt, sich hinsetzt und im Innenleben versinkt.
Sehr gut funktionierte der Plotplan, an den sich alle hielten, sodass am Ende eine runde Geschichte entstand, in der die roten Fäden miteinander verknotet wurden. Es gab Kapitel, denen man die Detailverliebtheit und das kreative Sprühen anmerkte, und sie zu lesen war ein Vergnügen. Sicherlich könnte jeder Schreiber mit noch mehr Aufmerksamkeit auf die vielen guten und liebenswerten Einfälle am Rande eingehen, die die anderen ausgestreut haben, und sie zu größeren Gebilden aufziehen. Dafür ist weniger Handwerk gefragt als Leidenschaft. Wenn diese aber nicht bei allen gleichermaßen vorhanden ist, kann das demotivierend werden.
Zu meiner Schande habe ich auch das wichtige letzte Treffen versäumt, bei dem Sprache, Stil und Kontinuität diskutiert wurden. Wer für ein Publikum schreiben will, sollte sich um eine gute Sprache bemühen. Auch in einer Gruppe ist das die Angelegenheit eines jeden einzelnen, und ich denke, der letzte Schliff sollte nicht Sache von wenigen, sondern jedem eine Priorität sein.
Zuletzt möchte ich mich bei Renate Zimmermann für ihr unermüdliches Engagement und ihre Geduld und bei allen Schreiberlingen für die gemeinsame Erfahrung bedanken, die mich (zumindest gelegentlich) aus meiner Innenwelt geholt hat. Ich wünsche euch noch viel Glück bei eurem weiteren Werdegang!
p=. http://www.jennymainuyen.de/