Drucksache - 0799/XXI
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Die BVV fasste auf ihrer Sitzung am 17.04.2024 folgenden Beschluss: Die Bezirksverordnetenversammlung ersucht das Bezirksamt, ausgehend von den Erkenntnissen des Evaluationsberichts aus 2021 die Planung und Umsetzung weiterer Bürger*innenräte zu geeigneten Themen in den Ortsteilen des Bezirks zu starten und Möglichkeiten zur Finanzierung zu identifizieren. Die bisher an der Planung, Durchführung und Auswertung des Formats beteiligten Akteure sind erneut einzubeziehen. Der BVV ist bis zum Jahresende 2023 im Rahmen eines Zwischenberichts über ergriffene Initiativen und den Fortgang des Vorhabens zu berichten. Das Bezirksamt teilt hierzu mit der Bitte um Kenntnisnahme mit: In Bürger_innenräten tauschen sich zufällig geloste Menschen zu festgelegten aktuellen Themen aus, um politische Entscheidungsträger und Institutionen in bestimmten Themenbereichen zu beraten. Am Ende des Prozesses erstellt der Bürger_innenrat Empfehlungen oder Berichte, die den politischen Entscheidungsträger_innen vorgelegt werden. Im Idealfall fließen die Empfehlungen eines Bürger_innenrats in den politischen Entscheidungsprozess ein und werden in die Entscheidungsfindung der Entscheidungsträger_innen integriert (vgl. z.B. Bürger_innenrat Klima (Berlin: 2022) Bürger_innenrat Ernährung im Wandel (Bundesweit: 2024), (geplant) Dialogprozess Tempelhofer Feld (Berlin: 2024). Ausgehend von den Erkenntnissen des Evaluationsberichts aus 2021 wurde im Rahmen der durchgeführten Bürger_innenräte in Tempelhof-Schöneberg kritisch angemerkt, dass die Aufnahme der Ergebnisse und der anschließende politisch-administrative Folgeprozess nicht vollständig transparent waren. Die Auswertung hebt hervor, dass keine Klarheit darüber herrschte, ob die Ergebnisse tatsächlich in politische Beratungen des Bezirks einfließen würden. Dieser Kritikpunkt hebt die Wichtigkeit einer transparenten Weiterverarbeitung der Ergebnisse im politischen Kontext hervor und sollte zukünftig bei der Auswahl und Durchführung dieses Beteiligungsformats unbedingt beachtet werden. Zudem wurde der knappe Zeitrahmen für Ergebnisaufarbeitung kritisiert. Es wurde angemerkt, dass diese letzte Phase des Prozesses mehr zeitliche Ressourcen erforderte. Die Teilnehmenden empfanden die zur Verfügung stehende Zeit als begrenzt und betonten die Wichtigkeit einer gründlichen und angemessenen Ausarbeitung der Ergebnisse. Abschließend wurde die Homogenität der Teilnehmenden kritisch bewertet. Es wurde festgestellt, dass die teilnehmenden Gruppen trotz Zufallsauswahl tendenziell homogen waren, was zu einer gewissen Einseitigkeit in den Diskussionen führte. Um aus den Erfahrungen der in 2021 durchgeführten Bürger_innenräte in Tempelhof-Schöneberg zu lernen und das Potenzial und den Mehrwert dieses Beteiligungsformats gezielt und effizient einzusetzen, ist im Vorfeld analytisch zu prüfen: Welche aktuellen und möglichen Themen in den unterschiedlichen Ortsteilen kommen in Frage? Ob und wie ist das Beteiligungsformat der Bürger_innenräte für die identifizierten Themen geeignet? Wie kann die Anbindung an politische Prozesse gewährleistet werden? Für den Prozess sollte bei vorhandenen Ressourcen ein angemessener Zeitrahmen von mindestens einem Jahr eingeplant werden. Zudem ist bei der Auswahl der Teilnehmenden auf eine größere Vielfalt und Diversität (u.a. marginalisierte Gruppen) zu achten, um eine breitere Repräsentation sicherzustellen. Die Beachtung folgender Schritte können diesen Prozess maßgeblich unterstützen: Die Identifizierung eines geeigneten Themas für einen Bürger_innenrat, das eine breite und heterogene Unterstützung findet, erfordert eine Analyse der aktuellen sozialen, wirtschaftlichen, Umwelt- und politischen Themen im Bezirk Tempelhof-Schöneberg, die für die Bürger_innen von Interesse und Relevanz sind.
Neben den Meinungen diverser Bürger_innen ist es wichtig, die Perspektiven und Expertise von Fachleuten zu berücksichtigen, die wichtige Einblicke und Informationen zu spezifischen Themenbereichen liefern. Die Zusammenarbeit mit Experten_innen trägt maßgeblich dazu bei, die Machbarkeit und Relevanz potenzieller Themen zu bewerten. Die politische Agenda, Prioritäten und Ziele des Bezirks sollten ebenfalls bei der Auswahl eines geeigneten Themas berücksichtigt werden. Dies kann die Förderung von Themen umfassen, die mit aktuellen politischen Initiativen, Gesetzesvorhaben oder langfristigen Entwicklungszielen in Einklang stehen. Nach der Identifizierung potenzieller Themen ist es wichtig, ihre Machbarkeit und Relevanz für die Bürger_innen sowie für die Fachämter und Entscheidungsträger_innen zu bewerten. Hierfür sollte die Verfügbarkeit von Ressourcen, die rechtlichen Rahmenbedingungen, die politische Unterstützung und andere praktische Überlegungen berücksichtigt werden. Nach Abschluss der Themenfindung sollten die am Prozess Beteiligten gemeinsam entscheiden, ob das Beteiligungsformat des Bürger_innenrats für das jeweilige ausgewählte Thema geeignet ist. Fällt die Entscheidung auf die Durchführung eines Bürger_innenrats, sind die zusätzlich erforderlichen Ressourcen entsprechend einzuplanen und zu beschaffen. Der Prozess der Themenfindung und die Durchführung von Bürger_innenräten erfordert erhebliche Ressourcen - darunter finanzielle Mittel, personelle Kapazitäten, Zeit und Infrastruktur. Finanzielle Mittel Für die Organisation und Durchführung der Themenfindung sowie insbesondere des Beteiligungsformats Bürger_innenrat sind finanzielle Mittel erforderlich, um u.a. einen Dienstleister mit Expertise in losbasierten Beteiligungsformaten zu beauftragen, die Logistik und das Losverfahren zu finanzieren, Räumlichkeiten zu mieten, Verpflegung und Transport für die Teilnehmenden bereitzustellen, Honorare für Moderator_innen und Fachexpert_innen zu zahlen sowie für eine breite Öffentlichkeitsarbeit.
Personelle Kapazitäten Die Organisation eines Bürgerrats erfordert ein Team von Fachleuten, darunter Dienstleister mit Expertise in losbasierten Beteiligungsformaten, Moderator_innen, Fachexperten für die Themenbereiche, die diskutiert werden, sowie Mitarbeiter_innen für die Logistik und Verwaltung. Zeit Die Organisation eines zweistufigen Prozesses zur Themenfindung und zur Durchführung eines Bürgerrats erfordert eine umfassende zeitliche Planung und einen beträchtlichen Zeitaufwand sowohl von den Organisator_innen als auch von den Teilnehmenden. Von finanzieller Akquise, Beauftragung des Dienstleisters, Vorbereitung und Initiierung bis hin zur Auswertung der Ergebnisse sollte mindestens ein Jahr eingeplant werden. Dieser Zeitrahmen ermöglicht es, angemessene Vorlaufzeiten für die Auswahl der Themen, die Einbindung relevanter Fachpersonen, die Auswahl und Schulung der Teilnehmenden sowie die eigentliche Durchführung des Bürger_innenrats einzuplanen. Darüber hinaus sollte ausreichend Zeit für eine sorgfältige Auswertung der Ergebnisse und die Integration der Empfehlungen in den politischen Entscheidungsprozess eingeplant werden. Infrastruktur Dies umfasst die Bereitstellung geeigneter inklusiver Räumlichkeiten für die Treffen, technische Ausstattung für Präsentationen und Diskussionen sowie Unterstützungsdienste wie Übersetzung, Barrierefreiheit usw. Fazit Es ist unabdingbar, die vorgenannten Aspekte frühzeitig zu berücksichtigen und entsprechende Ressourcen bereitzustellen. Nur dadurch wird sichergestellt, dass ein Bürger_innenrat effektiv und erfolgreich durchgeführt werden kann. Aktuelle Situation Die Stelle der Beteiligungskoordination ist seit dem 1. Mai 2024 unbesetzt, eine Neubesetzung wird frühestens im Herbst 2024 erwartet. Diese Position ist jedoch von entscheidender Bedeutung für die Organisation und Koordination von Bürgerbeteiligungsprozessen wie einem Bürger_innenrat. Darüber hinaus gab es nach einer Neuausschreibung Ende Mai 2024 einen Trägerwechsel bezüglich des Betriebs des bezirklichen Raums für Beteiligung. Der Trägerwechsel erfordert zusätzliche Zeit und Ressourcen, um die entsprechenden organisatorischen Abläufe der laufenden und zweckgebundenen Aufgaben anzupassen und zu gewährleisten. Die Komplexität dieser organisatorischen Aufgaben, verbunden mit dem Mangel an personellen Ressourcen und der Notwendigkeit, den Trägerwechsel zu bewältigen, machen es derzeit nicht möglich, angemessene Maßnahmen zur Durchführung weiterer Bürger_innenräte zu geeigneten Themen in Ortsteilen des Bezirks innerhalb dieses Jahres zu ergreifen. Geplant ist, die Durchführung eines Bürger_innenrats als Beteiligungsformat für eine bestimmte Thematik auf einen späteren Zeitpunkt zu verschieben. Erst wenn die personellen und organisatorischen Voraussetzungen dafür geschaffen wurden, kann eine effektive Umsetzung gewährleistet werden.
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