Auszug - Safe Places in Neukölln  

 
 
16. öffentliche Sitzung des Sozialausschusses
TOP: Ö 4
Gremium: Sozialausschuss Beschlussart: vertagt
Datum: Mi, 01.11.2023 Status: öffentlich
Zeit: 17:00 - 19:20 Anlass: ordentliche Sitzung
Raum: Die Teupe
Ort: Teupitzer Straße 35, 12059 Berlin
0933/XXI Safe Places in Neukölln
   
 
Status:öffentlich  
 Ursprungaktuell
Initiator:CDUSozial
Verfasser:Kringel, InoOuattara, Maimouna
Drucksache-Art:AntragVorlage zur Kenntnisnahme - SB
 
Beschluss


Die Ausschussvorsitzende übergibt anlässlich dieses Tagesordnungspunktes das Wort an Herrn Kringel, der den Antrag zur Drs. 0933/XXI „Safe Places in Neukölln“ als Ursprungsinitiator gestellt hat.

Herr Kringel stellt fest, dass das Thema Safe Places allen bekannt ist und in den Haushaltsverhandlungen sogar extra Gelder dafür vereinbart worden sind.

Er bittet Herrn BzStR Rehfeldt die Kernpunkte noch einmal allen zu erläutern.

Herr BzStR Rehfeldt berichtet, dass das Hauptproblem die Standortfrage ist. Es gestaltet sich schwierig geeignete Flächen für die Wohnboxen zu finden und daher begrüß er den Antrag, um so neue Möglichkeiten zu eröffnen. Es ist nicht angedacht in allen Grünanlagen Wohnboxen aufzustellen, sondern ausschließlich an ausgewählten Standorten, insbesondere sind dies jene Plätze, an denen aktuell bereits obdachlose Menschen leben. Hier können die Wohnboxen diesen Menschen Wetterschutz bieten und dazu führen, die negativen Begleiterscheinungen der Obdachlosigkeit zu minimieren. Zudem ist die intensive Unterstützung durch Straßensozialarbeit gezielter einsetzbar. Hier investiert Neukölln bereits mehr Zeit und personelle Kapazitäten, als andere Bezirke. Weiter führt er aus, dass es sich um eine Zwischenlösung für die Menschen handelt, die sich mit den angebotenen weiterführenden Hilfen emotional und psychosozial stabilisieren können.

Nun geht es darum die zusätzlich bewilligten Mittel auch faktisch einzusetzen. Dafür werden Stellflächen benötigt.

 

Herr Erwert erläutert, dass der Ausschuss für Grünflächen, Umweltschutz, Naturschutz und Klimaanpassung den Antrag abgelehnt hat, da folgende Fragen im Ausschuss offengeblieben sind. Geht die Aussicht auf Nutzung der Ausgleichsflächen für den Autobahnbau gegen null? Darf der Bezirk Tiny-Houses auf Grünflächen stellen? Welche konkreten anderen Flächen im Bezirk sind vorgesehen?

 

Herr Hecht möchte viel unternehmen, was zu weniger Obdachlosigkeit führt. Er möchte eine genaue Definition, da es einen Unterschied zwischen Grünflächen und gesetzlich geschützten Grünanlagen gibt. Dieser rechtliche Unterschied soll berücksichtigt werden, denn er möchte zum Beispiel keine Wohnboxen im Körnerpark.

 

Herr Frankl möchte die Frage nach der Meinung zu den Safe Places den anwesenden Expertinnen und Experten in den Raum stellen.

 

Herr Pohl zeigt sich aufgeschlossen bei der Nutzung von Grünflächen für soziale Zwecke. Er bezeichnet die Safe Places als „krasser Substandart“, da diese keine Beseitigung von Obdachlosigkeit bedeuten. Er wünscht sich eine Schilderung zur Ausstattung der Wohnboxen zum Thema Heizung, Sanitär und Standorte.

 

Herr BzStR Rehfeldt bittet in diesem Zusammenhang um Begriffsschärfung. Es handelt sich hier um Safe Places in Form von Wohnboxen. Die verschiedenen Begriffe, wie Tiny House, Little Homes und andere führen zu falschen Schlüssen und zu Unklarheiten in der Kommunikation. Beispielsweise bezeichnet der Begriff „Tiny House“ ein tatsächliches (kleines) Wohnhaus. Die Wohnboxen der Safe Places sind etwas gänzlich anderes.

Herr BzStR Rehfeldt erläutert den Anwesenden die Historie der Safe Places - begonnen beim bundesweiten Anbieter der „Little Homes“, über die bereits einmal am Mittelbuschweg drei aufgestellten Wohnboxen. Damals fehlte die Begleitung durch das Sozialamt und die intensive Betreuung durch Straßensozialarbeit. Da hier die Perspektive fehlt, ist diese vergangene Form von ihm ausdrücklich nicht gewünscht. Bereits sein Vorgänger Herr BzStR Liecke fand die Idee gut, wenn sie anders angegangen wird und hat eine Kooperationsvereinbarung mit Herrn BzStR Nöll vom Bezirksamt Kreuzberg unterzeichnet. Hier ist gegenseitige Unterstützung im gemeinsamen Anliegen zur Umsetzung der Berliner Strategie gegen Obdachlosigkeit vereinbart.

Herr Rehfeldt stellt klar, dass mit den Safe Places Obdachlosigkeit nicht beseitigt wird und sie auch kein Ersatz für eine ASOG Unterbringung oder eigenen Wohnraum sind.

Vielmehr sind Safe Places eine Idee, die Lücke zu schließen, wenn Menschen aus verschiedenen Gründen keine ASOG Unterbringung annehmen wollen oder können und verfolgen das Ziel die Menschen durch die angebotenen weiteren Hilfen dabei zu unterstützen in eine ASOG-Einrichtung, Betreuung nach §67 oder sogar in eigenen Wohnraum zu kommen.

Safe Places sind kein Ersatz für ASOG-Unterkünfte!

Die Wohnboxen sind nicht beheizt und haben keine Anschlüsse an Ver- und Entsorgung. Sie bieten grundlegenden Schutz vor der Witterung, eine Schlafmöglichkeit und Privatsphäre, da sie abschließbar sind. Das ist nach Meinung von BzStR Rehfeldt besser, als die Straße.

Zur Nutzung von Grünflächen und Grünanlagen berichtet BzStR Rehfeldt, dass die Möglichkeit einer Nutzung im Einzelfall nach § 6 Absatz 5 Grünanlagengesetz besteht.

Zu den von Autobahn GmbH verwalteten Ausgleichsflächen beschreibt Herr BzStR Rehfeldt die aktuelle Lage vor Ort und führt aus, dass der Niederlassungsleiter die Idee grundsätzlich gut findet, da durch die Unterstützungsangebote und soziale Kontrolle eine Verbesserung der Situation vor Ort insbesondere bei den Müllräumungskosten eintreten könnte. Das Problem sei der Planfeststellungsbeschluss, der aus Sicht der Autobahn GmbH keine Überlassung der Ausgleichsflächen zulässt.

BzStR Rehfeldt ist aktuell mit dem Fernstraßenbundesamt, welches die Aufsichtsbehörde über die Autobahn GmbH ist, im Kontakt und lässt dort unter dem Hinweis der tatsächlich bereits vorliegenden Nutzung durch obdachlose Menschen prüfen, ob eine „offizielle“ geringfügige Nutzung erlaubt werden kann. Eine abschließende Beurteilung kann er nicht abgeben, da das Ergebnis noch offen ist.

Eine Konkrete Auswahl der Grünflächen wird in enger Absprache mit dem Straßen- und Grünflächenamt (SGA) sowie dem beauftragten Träger der Wohnungslosenhilfe stattfinden. Vorzugsweise an Stellen, die bereits durch obdachlose Menschen genutzt werden. Beispielsweise wird die Hasenheide genannt.

Einige Standorte kommen nicht in die engere Wahl, da sie nicht geeignet scheinen. So zum Beispiel der Mittelbuschweg, da der Platz hier direkt an der Straße liegt und unter Berücksichtigung eventueller Suchterkrankungen der Nutzerinnen und Nutzer, die Gefahr zu groß wäre.

 

Herr Pohl stellt fest, dass die Safe Places die Situation von obdachlosen Menschen verbessert, diese jedoch unter dem Standard von ASOG Einrichtungen liegen. Er sieht die Priorität bei der Ausstattung der ASOG-Einrichtungen. Diese sollten auf die Bedürfnisse der Zielgruppe eingehen, um die Ablehnungsgründe zu Beispiel wegen Drogenkonsum, Haustieren oder Angst vor Gewalterfahrungen bei Frauen entgegen zu wirken. Er fragt, ob das Angebot auch für Frauen geeignet ist.

 

Herr Kringel gibt zur Auswahl der Plätze zu bedenken, dass es nicht sinnvoll ist nur bestimmte Plätze aufzusuchen. Die verschiedenen Akteure, wie Bahn, Bezirksamt, Sozialamt müssen sich abstimmen. Es ist auch eine Frage der Akzeptanz der Nutzer. Gehen diese dorthin, wo sie mit den Safe Places hin „sollen“ hängt auch vom Standort ab. Das Angebot ist ein Lückenfüller, der nicht perfekt ist, jedoch ist es ein Dach über dem Kopf mit dem Angebot der Betreuung.

 

Herr BzStR Rehfeldt bestätigt, dass das Angebot natürlich besonders für Frauen geeignet ist, da diese besonders schutzbedürftig sind.

Die Aussage, dass die ASOG-Einrichtungen in Berlin nicht ausreichend ausgestattet sind, teilt er und begrüßt, dass der neue Senat das Thema in Angriff nehmen möchte, nachdem in den vergangenen Jahren viel zu wenig in dieser Frage passiert ist. Insbesondere wird das Thema nun übergreifend adressiert, wie an den Ergebnissen des Sicherheitsgipfels erkennbar ist.

Im Bezirk gibt es keine Räume und Flächen, daher kann Neukölln das nicht alleine lösen, aber sehr gerne unterstützen. Für das Lenkungsgremium des Sicherheitsgipfels hat Herr Rehfeldt eine Zulieferung erarbeitet, die die wesentlichen Punkte berücksichtigt.

BzStR Rehfeldt hält es für wichtig, dass beide Wege verfolgt werden, da die Gründe der Nichtinanspruchnahme (Diebstahl, Gewalt, Schlafen in Gemeinschaftsräumen, …) der ASOG-Einrichtungen auch bei deutlicher Steigerung der Platzzahlen nicht allen Menschen helfen wird. Hier sind die Safe Places ein zusätzliches Angebot mit intensiver Betreuung, um die Menschen in die Regelsysteme zu bekommen, also deutlich mehr als ein Substitut für Unterbringung.

 

Herr Ewert dankt BzStR Rehfeldt für die ausführlichen Erläuterungen. Nun sei vieles klarer, als im Ausschuss für Grünflächen, Umweltschutz, Naturschutz und Klimaanpassung. Er fragt, wie viele Stellen zur Verfügung stehen.

 

Herr Hecht überzeugt die Überlegung die Safe Places nebenher einzuführen, auch wenn sie keine gute Unterbringung sind. Da eine besondere Einrichtung nur landesweit zu schaffen sei, ist es aus seiner Sicht den Versuch wert.

 

Herr Frankl möchte gerne die Meinung der Betroffenen und der im System Mitarbeitenden hören und tut sich an einem Punkt schwer. Er sieht das zentrale Problem beim Mangel an bezahlbarem Wohnraum. Das Kernproblem sei nach seiner Auffassung, dass bei jahrelanger ASOG-Unterbringung sozialarbeiterische Arbeit nicht hilft. Da die Enteignungen vom Senat „sabotiert und boykottiert“ werden, wird er sich enthalten.

 

Frau Günter Sozialarbeiterin im Sozialdienst der Teupe fragt nach der Bedeutung des Begriffes „Soziale Kontrolle“. Ihre Einschätzung ist, dass Menschen, die nicht in eine ASOG Einrichtung wollen als Alternative aus unterschiedlichen Gründen auch nicht die Safe Places wählen und die Menschen, die die Safe Places wählen eigentlich eine ASOG-Unterbringung benötigen würden. Sie sieht hier nur die Verlagerung des Problems. Plätze werden „belagert“ von Personen, die keine andere Wahl haben. Zusätzlich kommen für sie Fragen zu folgenden Themen auf: Wer verwaltet die Schlüssel? Was passiert bei Gewalt in den Boxen? Wer entscheidet über die Besetzung der Boxen?

 

Herr Veltmann Geschäftsführer GEBEWO informiert zum Fachtag der Qualitätsgemeinschaft Soziale Dienste in Berlin zur Wohnungsnotfallhilfe. Er entnimmt der Diskussion, dass dieses Thema strittig ist und macht die Eignung daran fest, dass die Betroffenen es selbst wollen und dulden. Er äußert jedoch große Sorge, dass hier ein staatlich initiiertes Subsystem geschaffen wird, was nicht nachhaltig sein kann.

 

Herr BzStR Rehfeldt beschreibt den Begriff „soziale Kontrolle“ mit der erhofften positiven Wirkung auf die Umgebung durch Eindämmung von Verschmutzung und Verwahrlosung. Ein Nebeneffekt wäre ein möglicher Rückgang von Beschwerden.

Die Einschätzung, dass die Wohnboxen nicht genutzt werden, teilt er nicht. Beleg dafür ist, dass die Häuser von LittleHomes e.V. in Berlin genutzt werden und der Verein sogar ohne fachliche Unterstützung etwas bewegen kann.

Herr BzStR Rehfeldt gibt keine Gelingensgarantie. Ein Versuch ist es jedoch wert.

Es handelt sich um eine Vollzeitstelle (Sozialarbeiterin/Sozialarbeiter) beim Träger, die wahrscheinlich wegen der notwendigen Vertretung aufgeteilt wird. Verschiedene soziale Förderungen werden als mögliche Ergänzungsförderung geprüft, denn wenn es funktioniert, soll es nicht bei drei bis fünf Wohnboxen bleiben.

 

Frau Tessin (Mitarbeiterin Teupe) nennt die Safe Places ähnlich kritisch, wie ihre Kollegin, sieht jedoch eine neue Chance für obdachlose Menschen und hält es deshalb für eine interessante Idee, die jedoch kein Ersatz für ASOG-Unterkünfte sein kann.

 

Herr BzStR Rehfeldt stellt nochmals deutlich klar, dass die Safe Places kein Ersatz für ASOG, Hostels, Pensionen oder andere Unterbringungsformen sind. Bestenfalls brauchen einige Menschen diese anderen Einrichtungen dadurch nicht, haben aber jederzeit einen Rechtsanspruch auf Unterbringung, der durch die Nutzung der Safe Places nicht gehemmt wird.

 

Herr Schirmer von Vita domus Soziale Dienste unterstützt das Vorhaben. So wurde für ein Modellprojekt bereits eine Fläche auf dem Gelände geschaffen, um Wohnboxen anzubieten. Hier ist für Sicherheit gesorgt. Es wurde ein beleuchteter Weg angelegt und die Möglichkeit der Müllentsorgung, Toiletten, weitere sanitäre Anlagen, sowie die Möglichkeit zum Wäschewaschen geschaffen.

 

Herr Frankl fragt, wenn es nicht bei sechs Boxen bleiben soll, welche Größenordnung geplant sei und wie vermieden werden soll, dass die Safe Places eine „Warteeinrichtung“ für ASOG-Unterbringung werden.

 

Herr BzStR Rehfeldt antwortet, dass es sich in den Safe Places besser auf einen ASOG-Platz warten lässt, als auf der Straße und betont noch einmal die Freiwilligkeit. Niemand muss in einer Wohnbox leben. Es besteht immer die freie Wahl aus einer Wohnbox den Anspruch auf eine ASOG-Unterbringung zu beantragen oder umgekehrt, denn der Rechtsanspruch nach ASOG wird durch die Safe Places nicht erfüllt und ist, wie bereits mehrfach gesagt auch nicht Ziel dieses Vorhabens.

Die Größenordnung wird bedarfsgerecht angepasst. Es gibt also keine minimale oder maximale Anzahl. Zum Start ist ein Standort mit fünf Wohnboxen angedacht, da dies auch ein Kostenpunkt ist.

 

Herr Frankl sieht die Sinnhaftigkeit des Vorhabens. Da ASOG-Unterkünfte auch nicht als Dauerlösung gedacht sind, sieht er die Gefahr, dass Menschen länger untergebracht werden, was den eigentlichen Zweck entfremden würde.

 

Herr Ewert stellt den Antrag den Antrag zu vertagen, um ein anderes Modell zu formulieren.

 

Herr Kringel fragt, wie das andere Modell aussehen soll, da es von SPD und Grünen bereits im Rahmen der Haushaltsdebatte eine Zustimmung zum vorliegenden Antrag gab. Dass diese Zustimmung nun wieder infrage gestellt wird, ist aus seiner Sicht ein Problem für die vertrauensvolle Zusammenarbeit und stellt die Verlässlichkeit der Zählgemeinschaft infrage.

 

Herr Hecht hält einen anderen Antrag für nicht erstrebenswert, da viele Menschen obdachlos sind und bringt die Idee ein, einen leicht veränderten Antrag – ausdrücklich keinen neuen Antrag- anders formuliert zu stellen.

 

Herr Kringel bittet den Änderungsantrag dann vor der nächsten Sitzung sehen zu können.

 

Herr Ewert verbessert seine Aussage. Es soll kein anderes Modell werden.

 

Die Ausschussvorsitzende Frau Ouattara stellt die Frage, ob der Antrag vertagt werden soll, um einen Änderungsantrag zu formulieren, der vor dem nächsten Ausschuss vorgelegt werden muss.

 

Die Abstimmung endet mit folgendem Ergebnis:

Ja-Stimmen: SPD, Grüne, AfD

Nein-Stimmen: keine

Enthaltungen: CDU, DIE LINKE


 
 

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