Auszug - Mehr Flächengerechtigkeit: „Kiezblocks“ für Neukölln planen und umsetzen  

 
 
47. öffentliche Sitzung des Ausschusses für Stadtentwicklung und Wohnen
TOP: Ö 6
Gremium: Ausschuss für Stadtentwicklung und Wohnen Beschlussart: mit Änderungen im Ausschuss beschlossen
Datum: Di, 16.03.2021 Status: öffentlich
Zeit: 17:00 - 19:35 Anlass: ordentliche Sitzung
Raum: Videositzung
Ort:
1912/XX Mehr Flächengerechtigkeit: „Kiezblocks“ für Neukölln planen und umsetzen
   
 
Status:öffentlich  
 Ursprungaktuell
Initiator:GrüneVerkehr, Tiefbau und Ordnung
Verfasser:Szczepanski, BerndPreuß, Marko
Drucksache-Art:AntragVorlage zur Kenntnisnahme - SB
 
Beschluss


Die Vorsitzende leitet den Tagesordnungspunkt kurz ein und übergibt das Wort an Herrn Szczepanski. Mit dem Antrag wird – wie er erklärt - ein Konzept aufgegriffen, welches ursprünglich aus Barcelona stammt und in Berlin bisher wenig diskutiert wurde. Mit dem Konzept werden demnach die Wohnquartiere, der öffentliche Raum für die dort Wohnenden als lebenswertes Umfeld umgestaltet (u.a. sichere Wegverbindungen, sichere Kreuzungsbereiche, Grünbereiche). Die Einfahrt mit dem Pkw soll nur noch den im Kiez Wohnenden vorbehalten sein und der Durchgangsverkehr gänzlich unterbunden werden. Vorreiter in Berlin ist der Bezirk Pankow, der bereits an einigen Stellen Umgestaltungen vorgenommen hat. Für weitere Informationen zu Aktivitäten in Berlin verweist er auf die Webseite https://changing-cities.org. Für den Antrag wurden sich zwei Kieze ausgesucht, bei denen die Voraussetzungen erfüllt wären (Schillerkiez, Bendastraße bzw. Glasower Straße) und Initiativen vor Ort bereits aktiv sind. Letztgenanntes Gebiet soll nun jedoch nicht mit einbezogen werden, nachdem die ebenfalls sehr aktive Anwohnerschaft aus dem Richardkiez kürzlich ein Kiezblockkonzept vorgelegt haben, welches als sehr gut eingeschätzt wird und weiterverfolgt werden sollte. Er bringt daher nach eigener Aussage einen Änderungsantrag ein. Der letzte Satz im ersten Absatz wird gestrichen. Statt des im Antrag unter 2. genannten Kranoldkiezes soll nun der Rixdorfer Kiez (mit den Begrenzungen Karl-Marx-Straße/Sonnenallee, Saalestraße, Erkstraße) untersucht werden. Er wirbt abschließend um Zustimmung für den Antrag, um neue Wege in der Quartiersentwicklung gehen zu können.

Die Vorsitzende bittet um Redebeiträge. Herr Wittke kann die Intention des Antrags zur Erhöhung der Wohnqualität nachvollziehen. Er gibt aber zu bedenken, dass bei einer flächendeckenden Umsetzung zwar die Anwohnerschaft für ihren eigenen Kiez dies jeweils sicher begrüßen würde, zugleich beim Verbot des Durchgangsverkehrs in anderen Kiezen diesen Einschränkungen in Zeiten von gesellschaftlichem Egoismus wohl eher ablehnend gegenüberstehen könnte. Die Überschrift des Antrags findet er zudem etwas unpassend. Zugleich wurde eine Umsetzung des Antrags faktisch den Verlust von Parkplätzen bedeuten, was auch im Hinblick auf die E-Mobilität (Stichwort Ladesäulen) zu bedenken wäre. Der Antrag sollte daher in sich schlüssiger formuliert werden.

Herr Morsbach ist, bevor er sich inhaltlich äußert, zunächst daran interessiert, welchen Beitrag das Stadtentwicklungsamt hier leisten könnte. Dies hat sich Herr Groth ebenfalls gefragt, da öffentliches Straßenland und die damit i.Z. stehenden Fragen und Themen in die Zuständigkeiten des Straßen- und Grünflächenamtes (SGA) fallen. Das Stadtentwicklungsamt hat hier keine großen Einflussmöglichkeiten. Flankierende Maßnahmen sind unterstützend sicherlich über die Förderkulissen möglich, man selbst ist jedoch nicht der Hauptakteur.

Für Herrn Lüdecke müsste man nicht nach Barcelona schauen, da es vernünftige Lösungen mit den sog. Hohenschönhausener Kleeblatt bereits gab, an denen die Vor- und Nachteile einer solchen Umsetzung erkennbar werden. Nach der Wende ist dies leider gezielt verändert worden. Er regt daher an, von dort ebenfalls Informationen einzuholen.

Herr Szczepanski ist sich einer Umsetzung eher im SGA durchaus bewusst, aber das Konzept wird auch als ein stadtplanerisches verstanden, weil es sich zusammenfassend um eine Wiederinbesitznahme öffentlichen Raums durch die Anwohnerschaft handelt. Er spricht dazu die Ergebnisse einer Studie zu den Abstellzeiten von Fahrzeugen im Schillerkiez an, wonach diese die meiste Zeit nur stehen und die Flächen damit unverhältnismäßig in Anspruch nehmen. Daher rührt auch die Überschrift der Flächengerechtigkeit in Antrag, welche erreicht werden soll. Es wurden insoweit auch Gebiete ausgesucht, welche als QM-Gebiete ausgewiesen sind, da das Quartiersmanagement eine wesentliche Vermittlungsfunktion innehat.

Herr BzStR Biedermann hat sich über die Frage von Herrn Morsbach gefreut, was die Stadtplanung hier beitragen könne. Für ihn ist, ergänzend zu den Ausführungen von Herrn Groth, eine Zusammenarbeit mit dem SGA denkbar (wie z.B. für das Verkehrskonzept zur Umgestaltung des Richardplatzes), bei dem das Stadtentwicklungsamt sein Know-How und Ressourcen bei einer stadtplanerischen Sichtweise wie auch hinsichtlich der Beteiligung beisteuern könne. In Kombination sind für ihn hier dann gute Ergebnisse möglich.

Für Herrn Morsbach hat der Antrag sicher eine stadtplanerische Komponente, gleichwohl ist der wichtige Hinweis auf die Fördermittel in QM-Gebieten für ihn nicht zielführend, da die BVV vom Grundsatz her keinen Einfluss auf die Entscheidung zur Mittelverwendung nehmen kann und soll. Grundsätzlich möchte auch die SPD die Wohngebiete von Autoverkehr entlasten, konkret zu diesem Antrag sind jedoch dieser Teil und die Reihenfolge der angeführten Festlegungen problematisch. Man habe daher in den letzten Tagen intensiv mit den Grünen diskutiert, ist aber zu keiner gemeinsamen Lösung gelangt. Einer der strittigen Punkte bleibt der motorisierte Individualverkehr, wie er ausführt. Zusammenfassend kann dem Antrag in der vorliegenden Form nicht zugestimmt werden. Er kündigt für den federführenden VTO-Ausschuss einen alternativen Textvorschlag an, heute wird sich die SPD-Fraktion daher enthalten.

Herr Schulze kritisiert den Antrag, weil er Autofahrer*innen und Anwohner*innen rhetorisch auseinanderdividiert. Es müsse hier vielmehr ein Dialog gestaltet werden. Er begründet, weshalb die CDU den Antrag, auch in der veränderten Fassung, ablehnt. Frau Fuhrmann findet es richtig, dass der Antrag auch hier im Ausschuss diskutiert wird. Zur Schaffung von verkehrsberuhigten Wohnquartieren wird der Antrag von ihr begrüßt und aus ihrer Sicht viel Unterstützung aus der Anwohnerschaft erfahren. Die anwesenden Anwohner*inneninitiativen loben und unterstützen den Antrag durch mehrere Redebeiträge. Für Herrn Wittke ist durch die Diskussion klargeworden, dass es um zwei voneinander zu trennende Themen geht - einerseits um den ruhenden, andererseits um den fließenden Verkehr. Er regt daher eine Überarbeitung des Antrags an. Für Herrn Kontschieder geht es hier nicht um das Ausspielen verschiedener Interessengruppen, gleichwohl kann er dem gewählten Ansatz nicht folgen. So ist bisher nicht klar, wem die abgestellten Fahrzeuge tatsächlich gehören. Für ihn wäre u.a. die Einführung der Parkraumbewirtschaftung insoweit ein folgerichtiger Schritt. Er plädiert zusammenfassend zunächst für einen Diskurs mit den autofahrenden Anwohner*innen. Auch die Herbeiführung von validen Zahlen anhand von z.B. Zulassungen oder Befragungen hält er dabei für wichtig.

Die Vorsitzende übergibt das Wort an Herrn Schreiber aus dem Richardkiez, der als betroffener, langjähriger Anwohner den Fokus mehr auf den fließenden statt den ruhenden Verkehr gerichtet wissen möchte. Insbesondere zu den Stoßzeiten hat der Verkehr in den letzten beiden Jahren stark zu- und die Einhaltung der Verkehrsregeln abgenommen. Er, selbst Auto- wie auch Fahrradfahrer, beschreibt dazu seine Perspektive auf die tägliche Situation.

Die Vorsitzende fragt, wie weiter verfahren werden soll. Zunächst bittet Herr Schenk noch um das Wort und geht auf den Redebeitrag von Herrn Szczepanski ein. Es geht, das ist für ihn klargeworden, eindeutig gegen den Autoverkehr. Die Aussagen der Grünen sind für ihn daher sehr zweideutig, einerseits mehr für Klima- und Umweltschutz zu tun und andererseits gibt es keine Skrupel für Wohnungsbau auf den Friedhöfen Bäume fällen zu lassen. Die Aussagen von Herrn Kontschieder bezeichnet er als sehr guten Beitrag für die Diskussion. Herr Szczepanski schlägt vor, den Antrag in der vorliegenden Form mit der durch ihn vorgetragenen Änderung abzustimmen und mit der entsprechenden Empfehlung an den federführenden VTO-Ausschuss weiterzuleiten. Alle Beteiligten haben insoweit nochmals die Möglichkeit, sich die Drucksache anzuschauen. Er begrüßt die heute hier erfolgte breite Diskussion, welche in die Erörterung im VTO-Ausschuss mit einfließen kann.

Frau Fuhrmann weist auf den Termin zur Vorstellung des Konzepts in Rixdorf am 20.03.2021 um 11.00 Uhr hin. Die Einladung zu der Videokonferenz läuft über die Mailadresse info@kiezblock-rixdorf.de wie sie noch ergänzt und bittet die Fraktionen nun um ihr Votum.

Für den Antrag in der geänderten Fassung stimmen die Fraktionen der Grünen und der Linken. Die CDU lehnt den Antrag ab, die Fraktionen der SPD und AfD-Neukölln enthalten sich. Nach Überprüfung der Fraktionsvoten (3 x Grüne und 1 x Linke mit ja, 3 x CDU mit nein, Rest Enthaltung) ist der Antrag hier im Ausschuss knapp angenommen. Im Ergebnis empfiehlt der hier mitberatende Ausschuss dem federführenden VTO-Ausschuss damit mehrheitlich die Annahme des Antrags.


 
 

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