Auszug - Einwohner*innenantrag: Fahrradfreundlicher Bezirk Neukölln  

 
 
11. öffentliche Sitzung des Ausschusses für Straßen, Grünflächen und Ordnung
TOP: Ö 3
Gremium: Ausschuss für Verkehr, Tiefbau und Ordnung Beschlussart: vertagt
Datum: Mi, 08.11.2017 Status: öffentlich
Zeit: 17:00 - 19:30 Anlass: ordentliche Sitzung
Raum: Rathaus Neukölln, Puschkin-Zimmer, 1. Etage, Raum A105
Ort: Karl-Marx-Straße 83, 12040 Berlin
0327/XX Einwohner*innenantrag: Fahrradfreundlicher Bezirk Neukölln
   
 
Status:öffentlich  
 Ursprungaktuell
Initiator:Vorsteher/inBzBm/Fin
Verfasser:Oeverdieck, LarsHikel, Martin
Drucksache-Art:Vorlage zur BeschlussfassungVorlage zur Kenntnisnahme - SB
 
Beschluss


Herr Wikert (Initiative Fahrradfreundliches Neukölln) erklärt den Antrag. Der Antrag ist aus einer großen Frustration heraus entstanden. Obwohl das Bezirksamt Anstrengungen unternommen hat, den Radverkehr zu fördern,  ist die Initiative nach wie vor gewillt den Antrag durchzusetzen, da die dort formulierten Forderungen ihrer Meinung nach berechtigt sind. Es sollen sich alle Verkehrsteilnehmer ihrer sicher fühlen.

Der Ausschussvorsitzende  schlägt vor den Antrag abschnittsweise durch zu gehen und diese einzeln abzustimmen.

 

Frau Dr. Giffey kommentiert die Forderungen des 1. Abschnitts über Wege und Infrastruktur. Gerade bei den Hauptverkehrsstraßen ist nur ein schrittweises Vorangehen möglich. Als erste der wichtigen Hauptverkehrsachsen wird die Karl-Marx-Straße umgebaut und für den Radfahrer mittels Schutzstreifen sicherer gemacht. Für den letzten Bauabschnitt zwischen Hermannplatz und Weichselstraße sollen vorrübergehend Radverkehrsanlagen als Protected Bike Lane oder Radfahrstreifen installiert werden. Für die Hermannstraße und die Sonnenallee müssen Vorplanungen/Studien beauftragt werden, die eine Machbarkeit der Möglichkeiten aufzeigen. Die Beauftragung erfordert eine Bereitstellung von Mitteln durch den Senat.  Die pauschale Forderung bis 2020 die im ersten Abschnitt formulierten Ziele in Gänze umzusetzen, ist aus fachlicher, personeller und baulicher Sicht unrealistisch. Von Herrn StS Kirchner (Senat) besteht immerhin eine mündliche Zusage über eine finanzielle Unterstützung für das Gutachten zur Hermannstraße. Der Umbau der Sonnenallee kann aber erst erfolgen, wenn es Planungen Seitens des Senats zur Führung der Straßenbahnlinie gibt.

 

Herr Szczepanski (Grüne) möchte wissen, wann der Antrag genau eingegangen ist, um die Prüfungsgrundlage des Antrages beurteilen zu können. Frau Dr. Giffey teilt mit, dass der Antrag am 06.09.2017 eingegangen ist.

 

Infolge der ersten Einschätzung der Verwaltung zum Einwohnerantrag setzt eine umfassende Diskussion ein über folgende Punkte ein:

 

Hr. Ihl bringt seine Enttäuschung bezüglich der Verschiebung der Errichtung einer Fahrradstraße entlang des Weigandufers zum Ausdruck. Die Bürger sprechen ihn im Namen des Netzwerkes bezüglich der Verschiebung an. Ihm fehlt eine Information des Bezirksamtes warum es zu Verzögerungen gekommen ist und wann mit einer Umsetzung gerechnet werden kann.

 

Frau Dr. Giffey betont, dass die Fahrradstraße am Weigandufer weiter verfolgt und im nächsten Jahr umgesetzt wird. Vor dem Hintergrund der Erfahrungen bei der Anordnung in der Weserstraße und den vielen kritischen Rückmeldungen waren umfangreiche Nachbesserungen notwendig, die die personellen Ressourcen gebunden haben. Diese Erfahrungen sollen bei der Anordnung der Fahrradstraße im Weigandufer berücksichtigt werden.

 

Herr Voskamp geht auf die genannten Zahlen im Antrag ein. Es stellt sich beispielsweise die Frage worauf sich die Zahl von 30 % an sicheren Nebenstraßen bezieht. Es ist unklar, welche Datengrundlage zu Grunde liegt. Auch die damit verbundenen finanziellen Aufwendungen sind schwer abschätzbar. Beispielsweise muss man bei einer Asphaltierung einer Kopfsteinpflasterstraße mit Kosten von rund 500 bis 600 € je laufendem Meter rechnen.

 

Die Initiative Fahrradfreundliches Neukölln stellt klar, dass damit nicht nur Kopfsteinpflasterstraßen gemeint sind, sondern es auch um solche Nebenstraßen geht, die bereits asphaltiert sind, aber derzeit nicht sicher für den Radverkehr sind (z.B. Flughafenstraße und Thomasstraße).

 

Zwecks Kostenreduzierung wird vorgeschlagen jeweils nur zwei Streifen zu asphaltieren und in der Mitte der Fahrbahn das Kopfsteinpflaster zu belassen. Herr Voskamp empfiehlt diese Bauweise (sog. Hosenträger) nicht, da sich in diesen Straßen überwiegend ein alter Baugrund befindet. Dessen Tragfähigkeit ist stark reduziert. Auf Dauer ergeben sich dadurch unregelmäßige Absackungen auf Grund des unterschiedlichen Setzungsverhaltens zwischen den neu gebauten Asphaltstreifen und der dazwischen liegenden Bestandsfahrbahn. Diese Bauweise wäre auch nicht unbedingt preisgünstiger.

 

Die Schaffung von sicheren Abstellanlagen fällt künftig in die Zuständigkeit der Infra-Velo GmbH, welche auf Senatsebene agieren wird. Darüber hinaus ist auch diese Zahl schwer festzumachen, es gibt derzeit noch keine sicheren Abstellanlagen z.B. in Form von Boxen oder Parkhäusern.

 

Auf die Nachfrage eines Fahrradbeauftragten erläutert Frau Dr. Giffey die Haltung des Bezirksamtes. Sie sieht Herrn Göttsche und Frau Schröter als „beauftragt“ an und erkennt daher keine Notwendigkeit, einen zusätzlichen Radverkehrsbeauftragten zu benennen. Hinzu kommt eine halbe Stelle, die sich ebenfalls mit dem Thema Radverkehr beschäftigt.

 

Frau Draeger (SPD) stimmt dem Bezirksamt zu, dass Sicherheit nicht anhand von Zahlen ausgemacht werden kann. Sie bestätigt auch, dass bis 2020 alle Hauptverkehrsstraßen im Bezirk mit einer Radinfrastruktur zu versehen, nicht plausibel ist und damit ein hoher Kosten- und Zeitaufwand verbunden ist. Bezüglich der sicheren Abstellanlagen stimmt sie ebenfalls dem Bezirksamt zu, dass sich Neukölln keine Insellösung leisten kann, sondern diese Planung für ganz Berlin erfolgen muss. Ebenfalls sieht sie eine Problematik darin, einen Wert von 30 % sicheren Nebenstraßen zu verwirklichen. Es stellt sich die Frage, woran dies seriös genmessen werden soll, darüber hinaus müssen alle Verkehrsteilnehmer berücksichtigt werden. Sie empfiehlt, die Prozent- und Zeitvorgaben durch andere Begriffe, wie z.B. „schnellstmöglich“ oder „so weit wie möglich“, zu ersetzen, um dem Antrag zustimmen zu können.

 

Herr Wewer (Grüne) findet den Antrag grundsätzlich gut und würde ihn auch unterstützen, allerdings bestehen ebenfalls Zweifel über die Seriosität von Prozentsätzen als Zielvorgabe.

 

Frau Dr. Giffey legt Bedenken zum zweiten Abschnitt bezüglich der verstärkten Kontrolle des ruhenden Verkehrs und der Umsetzung der Parkraumbewirtschaftung ein. Bei insgesamt 350 km öffentlichem Straßenland und den vielfältigen gesetzlichen Aufgaben des Allgemeinen Ordnungsdienstes im gesamten Bezirk ist eine Ausweitung bzw. Verstärkung der Überwachung des ruhenden Verkehrs bei der derzeitigen personellen Ausstattung von insgesamt 42 Mitarbeiter*innen des Allgemeinen Ordnungsdienstes nicht umsetzbar. Trotz der begrenzten Ressourcen sind die Mitarbeiter*innen des AODs jedoch bereits jetzt nicht untätig. Neben den konzentrieren Schwerpunkteinsätzen gemeinsam mit der Polizei im Zusammenhang mit dem Freihalten von Schutzstreifen für Radfahrer, Radwegen und verkehrswidrigem Parken in 2. Reihe sowie auf Bussonderstreifen (3x im Jahr für je eine Woche), hat der AOD in 2017 bis Ende September bereits über 55.000 Verkehrsordnungswidrigkeiten zur Anzeige gebracht und über 1.500 Fahrzeuge umgesetzt, womit wir im Bezirksvergleich an erster bzw. zweiter Stelle (hinter Charlottenburg-Wilmersdorf) liegen.

 

Zur Verstärkung des Allgemeinen Außendienstes sind die Einstellung und Qualifizierung weiterer Mitarbeiter*innen für das nächste Jahr vorgesehen, von denen drei Mitarbeiter*innen ausschließlich im Verkehrsüberwachungsdienst (VÜD) für eine erhöhte Überwachung des ruhenden Verkehrs eingesetzt werden.

 

Auch die Einführung einer Parkraumbewirtschaftung hängt maßgeblich von zusätzlichen Personal- und Sachmitteln für das Ordnungsamt ab, um die Kosten für das notwendige externe Gutachten zur Erstellung eines Parkraumwirtschaftskonzeptes, die Beschaffung von Parkscheinautomaten, die Einstellung von Parkraumbewirtschaftungskräften (ca. 100 MA), sowie die damit verbundene Ausstattung (z.B. Räume, Dienstkleidung, Datenerfassungsgeräte), Qualifizierung (VAK), Einrichtung einer Vignettenstelle und zusätzliche Overhead-Kosten zu finanzieren.

 

Im ersten Schritt wäre zunächst ein externes Gutachten zur Erstellung eines Parkraumbewirtschaftungskonzeptes zu beauftragen (ca. 150.000 €), um überhaupt die verkehrliche Notwendigkeit (Parkraumnachfrage muss das verfügbare Parkraumangebot überschreiten) und die Konkurrenz zwischen einzelnen Nutzergruppen (Anwohner, Gewerbetreibende, Kunden, Besucher) als Grundvoraussetzungen für die Einführung einer Parkraumbewirtschaftungszone festzustellen. Zur Finanzierung des Gutachtens wurde zunächst Herr Staatssekretär Kirchner (SenUVK) mit der Bitte um eine finanzielle Unterstützung des Bezirks bei der Einführung einer Parkraumbewirtschaftung angeschrieben.

 

Die politischen Parteien bzw. Fraktionen der BVV haben sich bisher noch auf kein einheitliches Meinungsbild zur Einführung der Parkraumbewirtschaftung in Neukölln verständigt.

 

Der Ausschussvorsitzende schlägt vor den Antrag zu überarbeiten und Passagen zu streichen bzw. durch geeignete Wortwahl zu ersetzen. Der Kottbusser Damm sollte gestrichen werden, da dieser Straßenzug im Zuständigkeitsbereich des Bezirks Friedrichshain-Kreuzberg liegt. Die Zahl 2020 könnte durch den Wortlaut schnellstmöglich ersetzt werden. „75 % sichere Abstellanlagen bis 2020“ ersetzen durch, dass BA wird gebeten sichere Abstellanlagen zu schaffen. Die Passage mit 30 % sicherer Nebenstraßen bis 2025 könnte durch, „dass BA wird gebeten möglichst viele Nebenstraßen fahrradfreundlich und sicher umzusetzen“, ersetzt werden.

 

Frau Kruse schlägt vor, dass sich die Initiatoren des Antrages mit dem BA zusammensetzen und geeignete Formulierungen für die Änderungen entwickeln, damit der Einwohnerantrag beschlossen werden kann.

 

Der Ausschussvorsitzende unterstützt den Vorschlag zu einem Treffen und bittet die Vertreterinnen und Vertreter der Initiative Fahrradfreundliches Neukölln den überarbeiteten Antrag mindestens zwei Wochen vor dem nächsten Treffen einzureichen. Der Antrag wird auf die nächste Sitzung vertagt.


 
 

Legende

Ausschuss Tagesordnung Drucksache
BVV Aktenmappe Drucksachenlebenslauf
Fraktion Niederschrift Beschlüsse
Sitzungsteilnehmer Auszug Realisierung
   Anwesenheit Kleine Anfragen

BVV-Büro Neukölln

Zimmer: A 201

Verkehrsanbindungen

Sprechzeiten

Montag bis Donnerstag
nach Vereinbarung

an Sitzungstagen des Ältestenrats
geschlossen

an Tagen der BVV-Sitzungen
geschlossen