Drucksache - 1223/III  

 
 
Betreff: Nazis als Staatsbeamte verhindern
Status:öffentlich  
 Ursprungaktuell
Initiator:Fraktion DIE LINKEBezirksamt Mitte von Berlin
Verfasser:Urchs für die Fraktion 
Drucksache-Art:DringlichkeitsantragVorlage zur Kenntnisnahme
Beratungsfolge:
BVV Mitte von Berlin Entscheidung
19.03.2009 
24. öffentliche Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung Mitte von Berlin ohne Änderungen in der BVV beschlossen   
BVV Mitte von Berlin Entscheidung
17.06.2010 
37. öffentliche Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung Mitte von Berlin mit Abschlussbericht zur Kenntnis genommen   

Sachverhalt
Anlagen:
1. Dringlichkeitsantrag vom 18.03.2009
2. Austauschblatt vom 19.03.2009
3. Beschluss vom 20.03.2009
4. Vorlage zur Kenntnisnahme vom 08.06.2010

Die Bezirksverordnetenversammlung möge beschließen:

Wir bitten zur Kenntnis zu nehmen:

 

 

 

(Text siehe Rückseite)


Bezirksamt Mitte von Berlin                                                                         

Abt. Personal, Finanzen, Weiterbildung und Kultur                                                      

 

 

Bezirksverordnetenversammlung                                                  Drucksache Nr.

Mitte von Berlin                                                                              1223 / III

                                               

 

Vorlage - zur Kenntnisnahme -

 

über Nazis als Staatsbeamte verhindern

 

 

Wir bitten, zur Kenntnis zu nehmen:

 

Die Bezirksverordnetenversammlung hat in ihrer Sitzung am 19.03.2009 folgendes Ersuchen an das Bezirksamt beschlossen (Drucksache Nr. 1223/III):

 

„Das Bezirksamt wird ersucht, unverzüglich alle rechtlichen Schritte zu unternehmen, damit Dienstverhältnisse mit Beamten, die strafrechtlich wegen Volksverhetzung und der Verwendung von verfassungswidrigen Kennzeichen verurteilt wurden, schnellstmöglich beendet werden.“

 

Das Bezirksamt hat am 08.06.2010 beschlossen, der Bezirksverordnetenversammlung dazu Nachfolgendes als Schlussbericht zur Kenntnis zu bringen:

 

Nach § 24 Abs. 1 Beamtenstatusgesetz (BeamtStG) endet das Beamtenverhältnis mit der Rechtskraft des Urteils, wenn eine Beamtin oder ein Beamter im ordentlichen Strafverfahren durch das Urteil eines deutschen Gerichts wegen einer vorsätzlichen Tat zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr (bei einzelnen Straftaten zu einer Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten, z. B. Hoch- oder Landesverrat) verurteilt wird. Der Straftatbestand ist für den Eintritt dieses Automatismus dabei unerheblich, maßgeblich sind die Ausprägung des schuldhaften Handelns und das Strafmaß.

 

Darüber hinaus kann nach § 21 BeamtStG ein Beamtenverhältnis auch durch Entfernung aus dem Beamtenverhältnis nach den Disziplinargesetzen beendet werden, also z. B. auch bei einer rechtskräftigen Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von weniger als einem Jahr. Das behördliche Disziplinarverfahren ist einzuleiten, wenn zureichende tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen, die den Verdacht eines Dienstvergehens rechtfertigen (§ 17 Abs. 1 Disziplinargesetz –DiszG).

 

§ 47 BeamtStG definiert den Begriff „Dienstvergehen“ als eine schuldhafte Verletzung der einer Beamtin oder einem Beamten obliegenden Pflichten. Dabei gilt ein Verhalten außerhalb des Dienstes nur dann als ein Dienstvergehen, wenn es nach den Umständen des Einzelfalls in besonderem Maße geeignet ist, das Vertrauen in einer für das

Amt bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen.

 

 

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Zu den Grundpflichten von Beamtinnen und Beamten gehört, dass sie sich durch ihr gesamtes Verhalten zu der freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes bekennen und für deren Erhaltung eintreten (33 Abs. 1 BeamtStG).

Das Bundesverfassungsgericht präzisiert die freiheitlich demokratische Grundordnung als „(...) eine Ordnung, die unter Ausschluss jeglicher Gewalt und Willkürherrschaft eine rechtsstaatliche Herrschaftsordnung auf der Grundlage der Selbstbestimmung des Volkes nach dem Willen der jeweiligen Mehrheit und der Freiheit und Gleichheit darstellt. Zu den grundlegenden Prinzipien dieser Ordnung sind mindestens zu rechnen: die Achtung vor den im Grundgesetz konkretisierten Menschenrechten, vor allem vor dem Recht der Persönlichkeit auf Leben und freie Entfaltung, die Volkssouveränität, die Gewaltenteilung, die Verantwortlichkeit der Regierung, die Gesetzmäßigkeit der Verwaltung, die Unabhängigkeit der Gerichte, das Mehrparteienprinzip und die Chancengleichheit für alle politischen Parteien mit dem Recht auf verfassungsmäßige Bildung und Ausübung einer Opposition.“(BVerfGE 2, 1, 12)

Bei rechtskräftiger Verurteilung einer Beamtin oder eines Beamten wegen des Begehens einer als Volksverhetzung oder der Verwendung von verfassungswidrigen Kennzeichen strafbesetzten Handlung nach §§ 86a, 130 Strafgesetzbuch (StGB) ist die Durchführung eines behördlichen Disziplinarverfahrens bzw. die Weiterführung eines wegen des laufenden Strafprozesses ausgesetzten Verfahrens regelmäßig geboten, denn derartige Handlungen lassen auf ein mangelndes Bekenntnis zur freiheitlich demokratischen Grundordnung schließen. Zudem ist ein entsprechendes Verhalten geeignet, das Vertrauen in einer für das Amt und dessen Ausübung bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen. Bei der Durchführung des Verfahrens ist die Behörde an die tatsächlichen Feststellungen eines rechtskräftigen Urteils im Strafverfahren gebunden (§ 23 Abs. 1 DiszG).

 

Soll im Ergebnis der selbstverständlich auf den jeweiligen Einzelfall abzustellenden innerbehördlichen Ermittlungen auf Entfernung aus dem Beamtenverhältnis erkannt werden, ist gegen sie oder ihn die so genannte Disziplinarklage gemäß § 34 Abs. 1 DiszG beim Verwaltungsgericht zu erheben. Die abschließende Entscheidung wird demzufolge im (verwaltungs-)gerichtlichen Disziplinarverfahren getroffen, das die üblichen Rechtsschutzmöglichkeiten vorsieht (Berufung, Revision).   

Rechtsgrundlage:

§ 13 i. V. m. § 36 BezVG; BeamtStG; DiszG

 

Auswirkungen auf den Haushaltplan und die Finanzplanung:

 

a)        Auswirkungen auf Einnahmen und Ausgaben:

       Keine.

 

b)        Personalwirtschaftliche Auswirkungen:

       Keine

 

Berlin, den  08.06.2010

 

 

Bezirksbürgermeister i.V.                                                               Bezirksstadträtin

 
 

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