Drucksache - 0704/VI  

 
 
Betreff: Informieren über John Rabe auch in Mitte
Status:öffentlich  
 Ursprungaktuell
Initiator:Weiterbildung und KulturBezirksamt Mitte von Berlin
   
Drucksache-Art:AntragVorlage zur Kenntnisnahme
Beratungsfolge:
BVV Mitte von Berlin Entscheidung
15.12.2022 
14. Öffentliche Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung Mitte von Berlin      
BVV Mitte von Berlin Entscheidung
25.05.2023 
18. Öffentliche Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung Mitte von Berlin zur Kenntnis genommen (Beratungsfolge beendet)   

Sachverhalt
Anlagen:
1. Antrag WeiKu vom 07.12.2022
2. Beschluss vom 15.12.2022
3. VzK SB vom 16.05.2023

Wir bitten zur Kenntnis zu nehmen:

 

(Text siehe Rückseite)


Bezirksamt Mitte von Berlin                                                                                24.03.2023

Ordnung, Umwelt, Natur, Straßen und Grünflächen  22600

 

 

 

Bezirksverordnetenversammlung Drucksache Nr.: 0704/VI

Mitte von Berlin


Vorlage -zur Kenntnisnahme-

Informieren über John Rabe auch in Mitte

Wir bitten zur Kenntnis zu nehmen:

Die Bezirksverordnetenversammlung hat in ihrer Sitzung am 15.12.2022 folgende Anregung an das Bezirksamt beschlossen (Drucksache Nr. 0704/VI)

 

Das Bezirksamt wird ersucht,

 

dazu beizutragen, dass das universell humanistische Handeln mit dem John Rabe (1882 Hamburg 1950 Berlin) während des 2. Weltkriegs im damals besetzten Nanking mehr als 200 000 Menschen die Flucht vor Massakern und anderen Kriegsverbrechen in eine Internationale Sicherheitszone ermöglichte mehr als heute, Bestandteil der gesellschaftlichen Erinnerungskultur wird.

Ein Element niedrigschwelliger Gedenk-Informationsarbeit - über das bestehende Ehrengrab des Landes Berlin auf den Berliner Friedhof Berlin, Charlottenburg, hinaus - könnte in Mitte z.B. die Benennung der Grünfläche vor dem Gebäude Holzmarktstraße 75 (in belebter Gegend also, und fast noch in Sichtweite zur Chinesischen Botschaft) nach John Rabe plus Erläuterungstext, sein.

Zuordenbarkeit von Begriffen wie „Chinas Oskar Schindler“ oder „der gute Deutsche von Nanjing“ wie sie über John Rabe im internationalen Dialog vorkommen, sollte auch hierzulande alltagsverfügbares Wissen werden.

 

Das Bezirksamt hat am 04.04.2023 beschlossen, der Bezirksverordnetenversammlung dazu Nachfolgendes als Schlussbericht zur Kenntnis zu bringen:

Die Grünanlage umfasst eine ca. 15 x 25m befestigte Platzfläche, die vom Pfauenbrunnen geziert wird und erstreckt sich in einem schmalen, begrünten Bogen von ca. 60m Länge entlang der Alexanderstraße. Der Grünstreifen trägt den Charakter wohnungsnahen Begleitgrüns bzw. Abstandsgrüns zu stark frequentierten Straßen und ist mit Bäumen und Gehölzen belegt.

Die Örtlichkeit scheint in ihrem jetzigen Zustand für eine selbständige Benennung als nicht geeignet, da sie den Ort nicht als eigenständige Anlage prägt.

 

Im Vorfeld einer Benennung wird ein wissenschaftliches Gutachten als erforderlich angesehen, um noch offene Fragen um John Rabe (Mitglied der NSDAP; Beteiligung an der kolonialistischen Politik) zu klären. Weiterhin wird darauf verwiesen, dass es keinen direkten und regionalen Bezug zum Schaffen oder Leben von John Rabe im Bezirk gibt.

Das Gutachten müsste in Auftrag gegeben werden, da das Sachgebiet Erinnerungskultur und Geschichte des Amtes für Weiterbildung und Kultur dies mit den aktuellen Ressourcen   nicht leisten kann. Die Leistung von John Rabe in Nanking war bemerkenswert und wird bereits im Land Berlin mehrfach gewürdigt.

Zusätzlich wäre sorgsam abzuwägen, ob eine Verortung im unmittelbaren Umfeld der chinesischen Botschaft außenpolitischen Interessen zu Wider läuft.

 

Gleichlautenden Benennungen existieren in Berlin derzeit nicht. Es bestehen jedoch ähnlich klingende Benennungen (Raabestraße in den Bezirken Pankow und Tempelhof-Schöneberg, Ingrid-Rabe-Straße in Tempelhof-Schöneberg). Die angestrebte Benennung wäre auch vor diesem Hintergrund kritisch zu hinterfragen, um Verwechslungen zu vermeiden.

 

Aus Sicht des Amtes Weiterbildung und Kultur, bestehen folgende Bedenken zur Ehrung John Rabes im öffentlichen Raum des Bezirks Mitte von Berlin:

-          Es gibt keinen direkten und regionalen Bezug zum Schaffen oder Leben von John Rabe im Bezirk. Laut Auskunft des Siemens-Archivs hat er nie im (heutigen oder historischen) Bezirk Mitte gearbeitet oder gewohnt, sondern in Siemensstadt, wo er bereits durch eine Gedenktafel geehrt wird.

-          Obwohl der Einsatz Rabes zum Schutz der Bevölkerung während des Nanking-Massakers zweifellos zu würdigen ist, war er sowohl vor diesem Ereignis als auch danach Mitglied der NSDAP. Sein Verhältnis zum Nazi-Regime, zum Beispiel auch zum weiteren Verlauf des Krieges, müsste vor einer Würdigung im Stadtraum noch geklärt werden, vor allem wenn, wie bereits erwähnt, kein direkter Anlass dazu besteht.

-          Darüber hinaus ist unklar, inwiefern sich Rabe an der kolonialistischen Politik Deutschlands sowohl in Afrika (wo er von 1903 bis 1906 arbeitete) als auch in China als Mitarbeiter der Siemens-AG beteiligte.

 

Es wird aus diesen Gründen vorgeschlagen, von einer Benennung der Grünfläche nach John Rabe abzusehen und das Ansinnen einer geeigneten Ehrung ggf. im für Erinnerungskultur zuständigen Ausschuss für Weiterbildung und Kultur zu erörtern.

 

A)    Rechtsgrundlage:

§ 13 i.V.m. § 36 BezVG

B)    Auswirkungen auf den Haushaltsplan und die Finanzplanung

  1. Auswirkungen auf Einnahmen und Ausgaben:

Keine

  1. Personalwirtschaftliche Auswirkungen:

Keine

C)    Auswirkungen auf den Klimaschutz

 

Keine

 Berlin, den 24.03.2023

Bezirksbürgermeisterin Remlinger Bezirksstadträtin Dr. Neumann

 

 
 

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