Auszug - Barrierefrei in den Fehrbelliner Höfen BE: Frau Knuth  

 
 
50. öffentliche/nichtöffentliche Sitzung des Ausschusses für Sanierung, Quartiersentwicklung und Bauen
TOP: Ö 4.2
Gremium: SanQuaBau Beschlussart: im Ausschuss abgelehnt
Datum: Mi, 21.06.2006 Status: öffentlich/nichtöffentlich
Zeit: 17:30 - 20:30 Anlass: ordentlichen Sitzung
2301/II Barrierefrei in den Fehrbelliner Höfen
   
 
Status:öffentlich  
 Ursprungaktuell
Initiator:Fraktion DIE LINKESanierung, Quartiersentwicklung und Bauen
Verfasser:Diedrich für die Fraktion 
Drucksache-Art:DringlichkeitsantragBeschlussempfehlung
 
Wortprotokoll
Beschluss

Frau Jahn merkt an, dass die Fraktion Die Linkspartei

Frau Jahn merkt an, dass die Fraktion Die Linkspartei.PDS darum gebeten hatte, für diesen Tagesordnungspunkt die bezirkliche Behindertenbeauftragte einzuladen.

 

Herr Diedrich führt aus, dass der Investor darauf verwiesen hatte, dass es Leitlinien gibt und selbstverständlich ist, dass bei einem Bauvorhaben auch immer die Frage der Barrierefreiheit mitberücksichtigt wird. Die PDS-Fraktion hält es deshalb für eine Selbstverständlichkeit, weil hier die öffentliche Hand an diesem Bauvorhaben beteiligt ist, wir nämlich, als Teil der öffentlichen Hand, die Änderung der Sanierungsziele befürworten. Möglicherweise kommen auch öffentliche Mittel zum Einsatz. In der letzten Sitzung hatte der Bauherrenvertreter dargestellt, dass dies geprüft wird. Das hält Herr Diedrich auch für sehr lobenswert, aber möchte es trotzdem verbindlich geregelt haben.

 

Frau Knuth führt aus, dass sie es ebenfalls als Selbstverständlichkeit angesehen hatte, nachdem sie sich den Antrag durchgelesen hatte. Das, was in dem Antrag gefordert wird, ist gesetzliche Grundlage. Die Leitlinien sind zwar Empfehlungen, aber der § 51 der Bauordnung umfasst das barrierefreie Bauen. Nachdem sie sich die Unterlagen zu diesem Projekt angesehen hatte war ich sehr schnell klar, worauf dieser Antrag abzielt. Leider ist auf dem Grundstück noch nicht zu erkennen, wie der Innenhof letztendlich aussehen wird. Aber wenn eine mehr als acht Meter hohe Fläche überwunden werden muss innerhalb dieses Hofes, dann könnte man sicherlich sagen, dass es eine tolle Herausforderung für die Planer und Gestalter ist. Man muss aber auch wissen, dass eine Rampe, die ca. acht Meter überbrücken muss, nach den rechtlichen Bestimmungen ca. 25 m lang sein würde. Somit ist es dann auch wieder nicht ganz so einfach. Frau Knuth ist der Auffassung, dass es wirklich eines guten Kompromisses und eine Herausforderung an die Planung bedarf, die begleitet werden muss und die man nicht sich selbst überlassen darf. Wenn es um Kompromisslösungen geht, dann muss man ganz genau abwägen, was ist praktikabel und was nicht. Insofern geht Frau Knuth davon aus, dass der Antrag nicht selbstverständlich ist, sondern hier ist ein Kompromiss notwendig, der aber viele Beteiligte und auch die Betroffenenvertretungen fordert um zu sagen, was sich hier realisieren lässt. Frau Knuth kann zurzeit keine Einschätzung abgeben und auch keine Lösung vorlegen. Es muss die bestmögliche Lösung gefunden werden.

 

Herr Koch fragt nach, ob die Bauordnung es hergibt, dass bei der Bestandssanierung die Erschließung von behindertengerechten Maßnahmen gefordert werden kann. Er merkt weiterhin an, dass die Brunnenstraße 25 schon weitestgehend saniert ist.

 

Herr Diedrich merkt an, dass hier die zukünftige Durchwegung von der Fehrbelliner Straße zur Brunnenstraße als Vorzug geplant ist. Diese Durchwegung soll aber von allen Menschen genutzt werden. Beeinträchtigte Menschen sollen keinen Bogen drum herum machen müssen. Es wird nicht gefordert, dass alle Wohnungen behindertengerecht ausgestattet werden müssen.

 

Herr Bertermann bittet darum, dass sich das Bezirksamt dazu äußerst, wie es die Durchführbarkeit des Vorhabens einschätzt und der Investor etwas dazu sagt, an welchen Stellen der behindertengerechte Zugang zu Gebäudeteilen gewährleistet wird.

 

Frau Dubrau führt aus, dass die Bauordnung die Behindertengerechtigkeit bei Neubauten fordert. Die wird bei diesem Projekt, nach den ersten Gesprächen, auch eingehalten. Dazu ist auch notwendig, dass man auch als Rollstuhlfahrer von der Straße aus in diesen Bereich gelangt, entsprechend zum Aufzug gelangt und damit in die entsprechende Wohnung. Für den Altbaubereich wird es nicht gefordert. Auf der anderen Seite gibt es nicht das Interesse des Bezirksamtes, dieses Grundstück als eine öffentliche Durchwegung durch den Block zu sehen. Es ist eindeutig ein privates Grundstück. Und eindeutig hat der Eigentümer, evtl. auch Mieter oder Mieteigentümer, hier das Recht seine Tür zuzumachen und muss nicht allen Menschen die Durchwegung offen halten. Es ist auch davon auszugehen, dass hier eine gewisse Wohnruhe reingebracht werden soll. Es ist etwas anderes, wenn man tatsächlich eine öffentliche Durchwegung durch einen Block hat. Öffentliche Durchwegung bedeutet, dass man evtl. über eine Baulast das öffentliche Recht gesichert hat. Dann hat man auch die Verpflichtung, dort Möglichkeiten zu schaffen, eine Behindertengerechtigkeit zu erzeugen.

Frau Dubrau bezieht sich auf die Brücke/Treppe am Potsdamer Platz (von Mitte nach Kreuzberg), die eine Höhe von ca. vier Metern überbrückt, und merkt an, dass es dort eine fast komplette Versiegelung gibt. In dem hier genannten Projekt gibt es einen realen Unterschied von ca. neun Metern. Somit müsste eine ca. 150 m lange Rampe durchgeführt werden. Das würde rein technisch bedeuten, dass man im Prinzip den gesamten Hof mit einer solchen Rampenanlage durchsetzen würde. Das entspricht nicht ganz den Intentionen des Bezirksamtes. Das Bezirksamt möchte gerade in den Sanierungsgebieten Entsiegelungen, Entstehungen von Gartenbereichen, Entstehung von angenehmen Aufenthaltsbereichen für die Bewohner und insbesondere, wenn es sich um einen so dicht besiedelten Wohnbereich handelt, durchsetzen. An dieser Stelle gibt es weder aufgrund der Bauordnung noch anderer Vorschriften die Möglichkeit, eine solche behindertengerechte Durchwegung zu fordern. Es gibt natürlich Möglichkeiten, etwas zu machen. Es wurde z.B. diskutiert, ob man innerhalb der Tiefgarage mit dem Aufzug von der unteren auf die obere Ebene fahren kann. Frau Dubrau kann sich vorstellen, dass man im weiteren Verfahren gemeinsam zu einer Lösung kommt, die auf der einen Seite das Machbare darstellt und auf der anderen Seite den Kompromiss.

 

Frau Keil teilt mit, dass sich die Steuerungsrunde der Betroffenenvertretung ebenfalls mit der Behindertengerechtigkeit auseinander gesetzt hat. Der Investor verzichtet auf Wohnfläche, um Fahrstuhlschächte unterzubringen. Das ist eine sehr gute Lösung. Was man jedoch nicht befürworten kann ist, dass die Barnimkante durch diese Rampe abgeschnitten und versiegelt wird. Das ganze Grundstück ist nach Auffassung der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen viel zu viel versiegelt und es muss auch vieles zurückgenommen werden. Weiterhin bezieht sich Frau Keil auf die Aussage von Herrn Diedrich, dass in dieses Projekt öffentliche Mittel fließen, und hätte dies gerne erläutert.

 

Herr Diedrich führt aus, dass er heute nicht versichern kann, ob dort tatsächlich öffentliche Mittel einfließen. Aber zumindest besteht die Möglichkeit, dass für das städtebaulichen Sanierungsziel evtl. Ordnungsmaßnahmemittel zum Tragen kommen.

Herr Diedrich merkt an, wenn es sich schon nicht um eine öffentliche Durchwegung handelt, dann darf man zumindest ein öffentliches Interesse anmelden und auch formulieren. Es besteht durchaus das öffentliche Interesse, dass die Durchwegung, wenn sie geschaffen wird, auch eine barrierefreie Durchwegung sein muss. Und wenn er dann hier die Worte Rampe und Versiegelung hört, dann sind das Totschlagargumente. Er hält dies für eine fantasielose Argumentation. Es sollte der Fantasie der Architekten und Planer überlassen werden, inwiefern tatsächlich eine verträgliche Lösung gefunden werden kann, die das Ziel erreicht, die Durchwegung von der Fehrbelliner Straße zur Brunnenstraße als eine barrierefreie zu gestalten.

 

Herr Becker teilt mit, dass man sich als Architekten mit dem Thema der Barnimkante intensiv auseinandergesetzt hat. Es gibt sehr unterschiedliche Vorstellungen, wie die Kante ....?... werden kann und sollte. Man ist dabei, den unterschiedlichsten Interessen gerecht zu werden und trotzdem eine Lösung herbeizuführen. Es ist jedoch nicht vorgesehen, hier eine öffentliche Durchwegung vorzusehen, weil man gerade eine ruhige Wohngegend schaffen möchte. Für die barrierefreie Durchwegung wurde tatsächlich noch keine Lösung gefunden. Zumindest ist jedes Treppenhaus mit einem Aufzug vorgesehen.

 

Frau Thierfelder hält die Aussage, dass eine Rampe ein Totschlagargument ist, für völlig daneben. Es gibt keine andere Möglichkeit außer einer Rampe oder eines Aufzuges. Ihr ist nicht klar, wie sonst diese Höhe überwunden werden soll. Frau Dubrau hat die Möglichkeit gesehen, evtl. durch die Tiefgarage zu gehen. Diese Lösung hält Frau Thierfelder für einen Kompromiss.

 

Frau Jahn fragt beim Bezirksamt bezüglich der Barnimkante nach, wie damit umgegangen wird. Ist die Landschaftsplanung mit der Veränderung einverstanden oder muss man die Kante als Naturdenkmal aus der Einzeit sehen.

 

Frau Dubrau führt aus, dass die Kante als Naturdenkmal nicht mehr erhalten ist. Sie ist überall überformt. Es war die Intention des Bezirksamtes, auf jeden Fall den Höhenunterschied zu erhalten. Ursprünglich war von den Architekten vorgesehen, diesen Höhenunterschied auf ca. vier Meter zusammen zu schmelzen, in dem die Hofebene des unteren Gebäudes überbaut werden sollte, was die weitere Gestaltung einfacher gemacht hätte. Damit wäre aber dieser wahnsinnige Höhenunterschied, der in Berlin einmalig ist, so extrem verkleinert, dass man die Dimension kaum noch erkennen könnte.

 

Herr Scholz hat erkannt, dass weder das Bezirksamt noch die Architekten/Bauherrn kein Interesse daran haben, dass es sich um ein Gebiet handelt, wo eine öffentliche Durchwegung gefordert wird. Das wäre auch nicht sinnvoll für diese Anlage. Deswegen hat Herr Scholz auch seine Schwierigkeiten mit der barrierefreien Durchwegung in diesem Antrag. Für ihn ist der Zweck der Durchwegung an dieser Stelle nicht der Sinn, nun wirklich von einer Straße schneller zur anderen zu kommen. Das muss ausgeschlossen werden. Herr Scholz möchte nicht mehr darüber diskutieren. Es muss geklärt sein, dass eine Durchwegung nicht geplant ist, sondern eine Innenraumgestaltung.

 

Frau Knuth merkt auf die Aussagen von Frau Dubrau an, dass sowohl der Denkmalschutz als auch der Landschaftsschutz mit den Interessen behinderter Menschen in Einklang zu bringen ist. Insofern würde sie das Eine nicht höher als das Andere setzen. Sie selbst würde die Durchwegung nicht in den Mittelpunkt stellen. Aber es geht hier um die Mieter. Es gibt nicht nur Mieter die Rollstuhl fahren, sondern auch ältere Mieter, junge Mieter, die vielleicht Kinder haben. Insofern sollte man sich bei der Gestaltung darauf verständigen, dass die Mieter/Eigentümer auch langfristig dort wohnen und den Hof auch nutzen können.

 

Frau Dr. Reuter möchte auf den Antragstext zurückkommen und merkt an, dass dort weder steht, dass eine Rampe gebaut werden soll noch dass eine öffentliche Durchwegung hergestellt werden soll. Es steht lediglich drin, dass die barrierefreie Erreichbarkeit der Gebäudeteile und die barrierefrei Durchwegung gewährleistet werden soll. Es wird in diesem Antrag nichts vorgegeben. Es soll einfach nur ins Bewusstsein gerufen werden, dass man hier diese Problematik bitte berücksichtigt wissen will.

 

Herr Bertermann führt aus, dass in diesem Antrag lediglich drinsteht, wie man mit dem Rollstuhl von A nach B kommen muss. Und bis zum jetzigen Zeitpunkt hat man ihm noch nicht erklären können, wie man diese acht Meter vernünftig umsetzen könnte. Dann muss man halt in den sauren Apfel beißen und sagen, unter diesen Umständen geht es nicht.

 

Herr Diedrich fühlt sich irritiert und auch frustriert. Er hätte es nicht für möglich gehalten, dass dieses Thema so heiß diskutiert wird. Er war auch irritiert darüber, dass die BVV diesen Antrag in den Ausschuss überwiesen hat, da er es für eine Selbstverständlichkeit hielt, dass diese Dinge hier berücksichtigt werden. Er ist sich sicher, dass es viele technische Möglichkeiten gibt, dies umzusetzen. Aber das obliegt nicht ihm. Die Fraktion der PDS will, dass auf diesem Grundstück eine Nutzung möglich ist, die keine Bevölkerungsgruppen ausschließt.

 

Abschließend hält Frau Jahn fest, dass der Ausschuss den Antrag mehrheitlich (3 Ja-Stimmen, 9 Nein-Stimmen, 0 Enthaltungen) ablehnt.


 

 
 

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