Auszug - Ein Loch ist im Eimer - Schüler-BAföG in Charlottenburg-Wilmersdorf  

 
 
31. Öffentliche Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung Charlottenburg-Wilmersdorf von Berlin
TOP: Ö 8.1
Gremium: Bezirksverordnetenversammlung Beschlussart: beantwortet
Datum: Do, 28.05.2009 Status: öffentlich
Zeit: 16:30 - 22:00 Anlass: ordentliche Sitzung
1322/3 Ein Loch ist im Eimer - Schüler-BAföG in Charlottenburg-Wilmersdorf
   
 
Status:öffentlich  
 Ursprungaktuell
Initiator:SPD-Fraktion 
Verfasser:Verrycken/Wuttig 
Drucksache-Art:Große AnfrageGroße Anfrage
 
Beschluss

Zur Beantwortung Herr BzStR Krüger:

Zur Beantwortung Herr BzStR Krüger:

 

Herr Vorsteher, meine Damen und Herren, die Große Anfrage der SPD-Fraktion beantworte ich wie folgt:

 

Zu 1.

Ja, es trifft zu, dass der Rechnungshof von Berlin vom Januar bis März 2008 Leistungen nach dem BAföG  (Bundesausbildungsförderungsgesetz) des Amtes für Ausbildungsförderung und Unterhaltssicherung einer stichprobenweisen Überprüfung unterzogen hat. Überprüft wurden Vorgänge aus einem Zeitraum von zehn Jahren mit etwa 120.000 Bescheiden. Nach dem positiven Inhalt des am 3. April 2008 geführten Auswertungsgesprächs mit den Mitarbeiter/innen des Rechnungshof, an dem ich selbst teilgenommen habe und das sehr positiv lief, war eigentlich nicht zu erwarten, dass es nennenswerte Beanstandungen seitens dieser Prüfer/innen geben würde. Erst mit der Mitteilung über die Prüfung der Leistung nach dem   
BAföG vom 14.07.2008 wurden aus Sicht des Rechnungshofs Mängel aufgezeigt, zu denen einzelfallbezogen, das ist so üblich, bereits Stellung genommen wurde von meinem Amt bzw. in einzelnen Fällen bis zum 12.06.2009 Stellung zu nehmen ist.

 

Die Bewertung der Prüfungsmitteilungen durch den Rechnungshof Berlin erfolgte in dem am 07.05.2009 veröffentlichten Jahresbericht, der bereits am 08.05.2009 Medienöffentlichkeit erlangte, jedoch der Bezirksverwaltung erst mit Schreiben der Abt. Finanzen und Kultur -Haushalt 1 vom 13.05.2009 bekannt gegeben wurde.

Nach meiner Einschätzung ist in den Presseartikeln durch die Vermengung von Sachverhalten ein öffentlicher Eindruck erweckt worden, der dem tatsächlichen Verwaltungshandeln nicht gerecht wird. Ein Schaden, der diesen Eindruck rechtfertigen könnte, ist nicht entstanden und ist auch für die Zukunft nicht zu erwarten.

 

Zu 2.

Einleitend lege ich besonderen Wert auf die Feststellung, dass eine Haushaltsüberschreitung nicht automatisch einen Schaden darstellt, sondern einzig und allein auf die Zahl der Anträge und die daraus resultierenden Leistungsbescheide zurückzuführen ist, weil mit Stand vom 31.12.2008 die Zahl der geförderten Schüler/innen im Verhältnis zu 2001 um 133 % zugenommen hat.

 

Die drei regionalen BAfög-Ämter, die wir hier in Berlin haben, sind vom Antragsvolumen überhaupt nicht miteinander vergleichbar, wenn ich Ihnen nur für 2008 die beiden auseinanderklaffenden Zahlen für den Bereich Pankow nenne, was ja auch noch für den Bereich Reinickendorf zuständig ist, bei 6.000 etwa Bescheiden, dagegen steht Charlottenburg-Wilmersdorf, für insgesamt sieben Bezirke zuständig, mit 27.600.

Über Schadensermittlungen in den anderen Ämtern können wir keine Aussagen treffen - mangels an Information, so dass ich mich alleine auf das beziehe, was für unseren Bezirk hier relevant ist.

 

Wie Sie wissen, leisten wir hier nach dem BAföG für Schüler und Studierende, nach dem AFBG im Rahmen der sogenannten Meisterförderung und Unterhaltssicherung für Wehr- und Zivildienstleistende nach dem USG.

Im Bereich des BAföG, und das ist ja hier vor allen dingen das vom Rechnungshof angesprochene, werden die Haushaltsmittel zu 65 % durch den Bund und zu 35 % vom Land getragen. Wir hatten im Haushalt 2008, damit Sie auch von den Summen her das etwas einschätzen können und ich runde immer entsprechend ab, einen Volumen unter dem Haushaltstitel 3981, Titel 681 25 von 26,8 Mio. Dieser Ansatz musste im Laufe des Jahres um knapp 1,4  Mio. verstärkt werden, so dass wir insgesamt 28,2 Mio. zur Auszahlung zur Verfügung hatten.

Und ich sage auch gleich an dieser Stelle: Das Haushaltsvolumen für 2010 ist auf 31,5 Mio. Euro gesteigert worden. Das für 2011 auf 31,8 Mio. Das trägt dem Rechnung, dass wir ja im Augenblick, und da habe ich ja an anderer Stelle intensive darüber berichtet, eine massive BAföG-Reform im Augenblick gerade zu bewältigen haben, die den Kreis der Bezieher erheblich erweitern wird.

 

Zu 3.

Prüfungsmitteilungen des Rechnungshofes von Berlin werden stets neben der jeweils zuständigen Fachabteilung immer auch der Leitung des Geschäftsbereichs Finanzen bekannt gegeben.

 

Bezirksamt und Bezirksverordnetenversammlung wurden mit Schreiben der Abt. Finanzen und Kultur - Haush1 - vom 13.05.2009 über den Jahresbericht 2009 des Rechnungshofes, um den wir hier ja diskutieren, informiert. Da ja schon zwei, drei Tage - ich hab es vorhin angesprochen - vorher Pressemitteilungen zum Thema gemacht wurden, hielt ich es für richtig, am 13.05.2009, also an diesem Tage selbst, im Ausschuss für Bürgerdienste um einen gesonderten Tagesordnungspunkt zu bitten, was mir dann auch zugestanden wurde, damit ich eine erste Stellungnahme abgeben konnte, insofern ist es für viele Mitglieder des Ausschusses, was ich hier heute vortrage, nichts wesentlich Neues, aber es dient sicherlich der Sache, wenn wir gemeinsam darüber Kenntnis haben.

 

Zu 4.

Im Rahmen der Bearbeitung der Beanstandung des Rechnungshofes von Berlin ist letztendlich ein konkreter Rückerstattungsausfall von 2.291 Euro entstanden, der im Verhältnis zum Etat 2008 von 28 Mio. sicherlich nicht ernsthaft ins Gewicht fällt, trotzdem soll kein Schaden vernachlässigt werden und ich werde gleich darauf noch einmal eingehen. Auswirkungen auf den Haushalt 2010/2011 hat das allerdings nicht.

 

Was ist beanstandet worden vom Rechnungshof? Es sind zwei wesentliche Inhalte geteilt. Zum einen die unzureichende Aufklärung  wird unterstellt, von falschen und fehlerhaften Angaben zum Vermögen im Rahmen des Datenabgleichs. Was verbirgt sich dahinter? Ein Schaden für das Land Berlin und dem Bund entsteht dadurch, dass Antragsteller Leistungen infolge unrichtiger Angaben bezogen haben, insofern, als dass sie ihre Einkommens- oder Vermögenssituation nicht richtig angegeben haben, schlimmstenfalls verbirgt sich dahinter natürlich der Tatbestand des Betruges, den wir entsprechend auch mit Bußgeld und mit Anzeige ahnden.

 

Problematisch und somit nicht nur aus der Sicht des Rechnungshofes risikobehaftet sind all die Fälle, in denen zum Zeitpunkt der Korrektur und Rückforderung das entsprechende Vermögen bei diesen jungen Menschen nicht mehr vorhanden ist und von daher es ihnen schwer fällt, dann unmittelbar und komplett diese zu erstatten. Man muss dazu allerdings sagen, dass derartige Überzahlungen nicht dem Amt für Ausbildungsförderung in irgend einer Weise angelastet werden können, ebenso nicht , wie der Abbruch der Ausbildung, wenn es dann nicht rechtzeitig dem Amt mitgeteilt, was eine Pflicht des Einzelnen ist, der diese Gelder in Anspruch nimmt, darüber ist er auch informiert, das hat er unterschrieben.

 

Wie kommt es nun dazu, dass wir in der letzten Zeit Kenntnis über solche Unstimmigkeiten in hohem Maße erhalten haben? Das liegt daran, dass seit 1999 das Bundesamt für Finanzen, das Bundeszentralamt für Steuern, wie es sich nennt, Abgleiche schickt an die Bezirke, aus denen wir entnehmen können, dass hier bei jungen Menschen, die BAföG bezogen haben und beziehen, Vermögen vorhanden sind, die sie uns unter Umständen ganz oder teilweise verschwiegen haben.

 

Seit Ende 2001 wird ein regelmäßiger automatischer Datenabgleich dieser Art durchgeführt. Seit 2002 haben wir eine Berichtspflicht gegenüber der Senatsverwaltung für Wissenschaft, Forschung und Kultur in diesem Bereich. Hier ist es auch so, dass unrichtige und fehlerhafte Angaben keineswegs kurzfristig verjähren. Hier gibt es eine zehnjährige Verjährungsfrist, die aber immer erst dann eintreten würde, wenn eine vollständige Aufklärung des Sachverhalts gegeben ist und die ist nicht allein schon dadurch begründet, dass wir diese Kontrollmitteilungen bekommen haben,  sondern erst dann, wenn die Anhörung des jungen Menschen erfolgt ist, eine vollständige Sachverhaltsaufklärung gegeben ist, ab diesem Zeitpunkt läuft die Angelegenheit. 

Ein Fall einer Rückforderung begründenden vollständigen Sachverhaltsaufklärung, der nicht innerhalb eines Jahres beschieden worden ist, auch das wäre wieder ein kritischer Zeitpunkt, ist bislang nicht eingetreten im Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf.

 

Vor diesem Hintergrund hat der Rechnungshof von Berlin beanstandet, dass in den Jahren 2000 bis 2006 in Charlottenburg-Wilmersdorf von 1.823 zu überprüfenden Datenabgleichen 507 nicht bearbeitet, bzw. noch nicht abschließend bearbeitet worden sind. Er hat jedoch dabei unerwähnt gelassen und das bedauern wir ganz besonders, dass noch kein einziger Fall einer nicht fristgemäßen Geltendmachung eingetreten ist, sondern allein auf die theoretische Möglichkeit eines Schadens durch Nichtbearbeitung hingewiesen wird.  Hier darf ich noch einmal in aller Form erklären, dass wir ein entsprechendes Vorlagesystem haben, so dass uns solche Sachen nicht verfristen können, auch dann, wenn wir sie im Augenblick aufgrund der Kapazität der Mitarbeiter, die wir natürlich nur begrenzt haben, nicht unmittelbar bearbeiten können.

 

Ich will auch bei dieser Gelegenheit gleich noch mal einwenden, falls hier der Eindruck entsteht, das Amt sei untätig. Wenn Sie sich den Titel Einnahmen, und das können ja insbesondere die Damen und Herren, die die Rechnungsprüfung hier machen, sehr deutlich nachvollziehen, diesen Titel 11 946 ansehen, dann werden Sie feststellen, dass in den letzten fünf Jahren alleine 1,7 Mio. Euro hier wieder realisiert worden sind, in den Haushalt zurückgeführt worden sind und damit natürlich dem Land und dem Bund wieder zurückgezahlt wurden, als die Ergebnisse von nicht zurecht erworbenen Geldern durch einzelne Studierende.

 

Was die Einzelfallfeststellung angeht, so ist tatsächlich dem Land Berlin, wie bereits angeführt, ein Rückerstattungsausfall erfolgt. Ich sage, hierzu wurden 245 Förderfälle von 120.000 vom Rechnungshof überprüft, von denen 91 zur Beanstandung bzw. zu Arbeitshinweisen ergingen. Zu 66 Förderfällen hatte das Amt Stellung zu nehmen, andere Dinge, da ging es nur darum, dass in der Aktenführung das eine oder andere verbessert werden sollte, ohne das es finanzielle Folgen hatte.

 

Das Amt hat, und jetzt kommen die entscheidenden Aussagen, hat 62 Fälle der 66 Fälle bereits abschließend geprüft. Im Ergebnis sind sieben Überzahlungen erfolgt, die in der Mehrzahl bereits rückgefordert sind, wieder eingespielt worden sind sozusagen. In zwei Punkten: Einmal mit 5,-- Euro Überzahlung und einmal mit 2.286,-- Euro. Es ist nicht möglich, hier die Summe zurückzukriegen, weil bei diesem etwas höheren Betrag eine Privatinsolvenz vorliegt und wir damit nicht mehr an diesen Betrag herankommen.

 

In 13 Fällen haben die Überprüfungen ergeben, dass den Antragsberechtigten zu geringe Leistungen bewilligt worden sind, in der Regel sind es Beträge um die 5,-- Euro pro Monat nachgezahlt mehr, in einem Fall waren es sogar bis zu 47,-- Euro. Hier müssen wir eingestehen, dass eine Fehlinterpretation von Freibeträgen für Stiefkinder, für Stiefgeschwister und Stiefeltern vorlag.

 

Zu 5.

Der Rechnungshof hat sich sehr viel Zeit genommen für diese Überprüfung, das ist sein gutes Recht. Das ist hilfreich, wir nehmen diese Hinweise ernst, sie fließen in die Arbeitsgänge ein und ich denke, wir sind auch da völlig offen.

Ich möchte allerdings abschließend einen letzten Satz sagen:

Ich wäre allerdings dem Rechnungshof außerordentlich dankbar, wenn er in seinen Berichten sorgfältiger mit Verlustvermutungen und Schuldzuweisungen umgehen und damit der nach wie vor qualifizierten Arbeitsleistung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mehr Respekt zollen würde.

 

 

 

 

 
 

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