Auszug - Vergabepolitik des Bezirks sozial vertretbar?
![]() |
![]() |
|||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Zur
Beantwortung Herr BzStR Gröhler: Frau
Vorsteherin, meine sehr geehrten Damen und Herren, das Bezirksamt darf diese
Große Anfrage wie folgt beantworten: Zu 1. Da fragen
Sie ja, nach welchen Regeln und Standards vergibt das Bezirksamt Aufträge in
diesem Bereich? Uns erschloss sich bei der Fragestellung oder bei der
Beantwortung nicht ganz, was mit in “diesem Bereich” gemeint ist,
deshalb lassen Sie mich das umfänglich beantworten. Welche Regeln und Standards
gibt es? Da gibt es
erst einmal das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen, insbesondere die §§ 97
ff., dann gibt es die Verordnung über die Vergabe öffentlicher Aufträge. Dann
gibt es selbstverständlich EU-Vergaberecht, es gibt die Landeshaushaltsordnung,
es gibt die Verdingungsordnung für Leistungen, dann gibt es die Vertragsordnung
für Bauleistung und die VOF bzw. HOAI, sofern es sich es um freiberufliche
Leistungen handelt von Ingenieuren oder von Architekten. Dann gibt es die
allgemeine Anweisung für die Vorbereitung und Durchführung von Bauaufgaben
Berlin, kurz ABau genannt. Dann gibt es natürlich auch Rahmenverträge, die
einzelne Verwaltungsstellen der Hauptverwaltung aushandeln und wo sich die
Bezirke dann mit einbringen können. Zu 2. Da fragen
Sie, ob uns bekannt ist, welche Gehälter und Löhne gezahlt werden. Da muss ich
immer für die unterschiedlichen Abteilungen antworten, weil es ja natürlich
auch unterschiedliche Auftragssituationen gibt.
Ich fang mal mit der Abteilung Bauwesen an, nicht weil der Esel
vorangeht, sondern weil wir wahrscheinlich die meisten Aufträge tatsächlich
vergeben. Nach dem Berliner Vergabegesetz sind die Auftragnehmer von
Bauleistungen sowie die Auftragnehmer bei Dienstleistungen bei Gebäuden und
Immobilien verpflichtet, an ihre Beschäftigten jeweils gültigen Entgelttarife
des Landes Berlin zu zahlen. Es hatte allerdings Klagen gegeben, wo
Vertragnehmer gegen diese Vorschrift vorgegangen sind, weil sie eine
Wettbewerbsverzerrung gesehen haben und auf der Grundlage dieser Entscheidung
darf die Regelung bis auf weiteres nur für Hochbauleistungen und für Dienstleistungen
an Gebäuden und Immobilien zur Anwendung kommen. Das heißt, alle Aufträge, die
wir bei Hochbauleistungen oder z. B. bei der Reinigung vergeben, dort wird eine
Tariftreueerklärung erwartet. Bei den Aufgaben im Bereich Hochbau wird das
überprüft durch die sogenannte Eingreiftruppe der Senatsverwaltung für
Stadtentwicklung, stichprobenartig oder im Verdachtsfalle. Und bei den
Aufträgen, die wir im Bereich z. B. Schulreinigung vergeben, machen wir selbst
stichprobenartig eine Kontrolle, d. h. das Unternehmen muss einerseits
zusichern, dass es Tarife zahlt und zum anderen fordern wir uns von jedem
Unternehmen stichprobenartig für ein von uns benanntes Gebäude die
entsprechenden Lohnunterlagen für die Mitarbeiter, die in diesem Gebäude
eingesetzt werden, an. Also das Unternehmen kann nicht bestimmen, wessen
Lohnunterlagen es uns vorlegt, sondern wir verlangen ganz konkret z. B. von den
Mitarbeiter y aus der Marie-Curie-Oberschule. Die
Abteilung Wirtschaft und die Abteilung Jugend haben mitgeteilt, dass sie keine
Kenntnisse über Höhe der gezahlten Löhne und Gehälter haben von Mitarbeitern,
die Auftragnehmer sind. Die
Abteilung Soziales hat mitgeteilt, dass sie in erster Linie Aufträge vergibt,
die im Bereich Gutachten liegen, wo weniger mit Stundenlöhnen gearbeitet wird,
die irgendwo im Bereich der unteren Maße liegen, sondern es handelt sich ja
eher um freiberufliche Tätigkeiten oder akademische Leistungen, die sich dann
etwas höher bezahlt. Und die Abteilung Finanzen hat mitgeteilt, dass es Aufsichten
im Kulturbereich bei Ausstellungen gibt, wo Honorare von durchschnittlich
sieben Euro pro Stunde gezahlt werden. Zu 3. Wenn wir
Ausschreibungen durchführen auf der Grundlage der rechtlichen Regeln, die ich
vorhin genannt habe, dann finden Plausibilitätsprüfungen über die Angebote
statt. Liegen Zweifel der Auskömmlichkeit des Angebotes vor, also liegen
Zweifel daran vor, dass derjenige tatsächlich mit dem geforderten Preis auch
klarkommen kann, dann fordern wir das Unternehmen auf, seine Kalkulation vorzulegen.
Tut es das nicht oder haben wir bei der Überprüfung der Kalkulation den
begründeten Verdacht, dass hier manipuliert wird, erfolgt ein Ausschluss,
insbesondere dann, wenn wir erkennen können, dass kein Tarif oder kein
bestehender, geltender Mindestlohn bezahlt wird. Ein Vergleich mit den
Regelsätzen des SGB II darf aber nach jetzigen vergaberechtlichen Bestimmung
nicht herangezogen werden. Das gilt für alle Abteilungen, was ich jetzt gesagt
habe. Zu 4. Das
Bezirksamt hat keine Möglichkeit auf die Tarifverträge, deren Entwicklung und
Aushandlungen der Tarifpartner Einfluss zu nehmen. Wir wissen, dass es im
Bereich Reiniger einen Tariflohn gibt, der etwa bei 7,50 Euro liegt. Wir wissen
aber auch, dass es im Bereich des Bewachungsgewerbes den Tariflohn gibt, der
bei unter 5,50 Euro liegt. Das ist allerdings Tariflohn. Wir sind dann auch
verpflichtet, zu diesem Tariflohn abzuschließen, also wir können nicht sagen,
das ist aber ein Lohn, der unterhalb des Existenzminimums besteht. So sieht im
Moment das Vergaberecht nicht aus und deshalb kann es durchaus sein, dass
jemand, der im öffentlichen Gebäude eine Überwachung vornimmt und angestellt
ist, Tariflohn bekommt aber ergänzende Leistungen bekommt, weil sein Tariflohn
nicht ausreicht und tatsächlich seinen Lebensunterhalt abzudecken, weil das
entspricht z. Z. noch dem Vergaberecht. Zu 5. Das
Bezirksamt kann nicht bei zukünftigen Vergaben tatsächlich daran koppeln, ob
derjenige über dem Niveau des SGB II bezahlt wird, weil das Niveau des SGB II
ist immer vom Familienstand ja auch abhängig und das würde ja auch bedeuten,
dass es unterschiedliche Verträge gibt, ob die Leute verheiratete,
unverheiratete oder Leute mit mehr Kindern oder weniger beschäftigen. Was wir
aber selbstverständlich zusichern, das ist ganz klar, aber ich sage es noch
mal, dass es da keinen Zweifel gibt, das Bezirksamt wird sich immer an das
geltende Vergaberecht hatten und wenn das Land Berlin ein neues Vergabegesetz
macht, wo z. B. bestimmte, höhere Löhne vorgesehen werden, die über dem
Tariflohn liegen, ich sage mal Stichwort “staatlich geforderter
Mindestlohn”, dann werden wir selbstverständlich, wenn das Vergabegesetz
in Kraft ist, dementsprechend auch unsere Ausschreibungen machen und unsere
Verträge auf dieser Grundlage zum Abschluss bringen. Etwas anderes wäre auch
nicht rechtlich und gar nicht zulässig. |
||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
![]() |
![]() |
Legende
Ausschuss | Tagesordnung | Drucksache | |||
BVV | Aktenmappe | Drucksachenlebenslauf | |||
Fraktion | Niederschrift | Beschlüsse | |||
Kommunalpolitiker/in | Auszug | Realisierung | |||
Anwesenheit | Schriftliche Anfragen |