Der Ausschuss für Bürgerdienste, Wirtschafts- und Ordnungsangelegenheiten
empfiehlt dem Ausschuss für Stadtentwicklung,
die BVV möge beschließen:
Die Drucksache wird abgelehnt.
Ursprungstext:
Das Bezirksamt wird aufgefordert, sich für den Erhalt und die Unterstützung sowie die Abkehr von der typisierten Betrachtungsweise von Bordellen und bordellartigen Betrieben einzusetzen. Zu diesem Zweck soll es bei den zuständigen Stellen auf folgende Maßnahmen hinwirken:
Es wird geprüft, welche rechtlichen Voraussetzungen zu schaffen sind, dass Betreiber*innen eines Prostitutionsgewerbes ausschließlich auf Grundlage des Prostituiertenschutzgesetzes (ProstSchG) eine Prostitutionsgewerbeerlaubnis erhalten, solange sie die gesetzlichen Anforderungen des ProstSchG erfüllen.
- Novellierung von bau- und gewerberechtlichen Vorgaben auf Bundesebene:
Unter Abkehr der typisierenden Betrachtungsweise von Prostitutionsstätten wird die Vielfalt von Arbeitsorten für Sexarbeiter*innen gefördert. Bordelle und bordellartige Betriebe sind in der Baunutzungsverordnung (BauNVO) künftig nicht länger als „Vergnügungsstätten“, sondern als „Gewerbebetriebe“, „sonstige Gewerbebetriebe“ oder „nicht störende Gewerbebetriebe“ zu typisieren.
- Verzicht auf Baunutzungsgenehmigung:
Die bezirkliche Genehmigungsbehörde prüft die Erfüllung der Voraussetzungen des ProstSchG und verzichtet auf die Vorlage oder Aufforderung zur Einholung anderer Erlaubnisse resp. Genehmigungen gemäß §§ 17 Abs. 7 und § 21 Abs. 6 ProstSchG (vgl. Hamburg) und wirkt auf den Erlass einer entsprechenden Ausführungs-/ Verwaltungsvorschrift durch den Senat von Berlin hin.
Bestandsbetrieben ist eine Übergangsregelung von 5 Jahren einzuräumen, sofern auch weiterhin die Vorlage einer Baunutzungsgenehmigung für die Erteilung einer Gewerbeerlaubnis verlangt wird.
Der BVV ist bis zum 28. Februar 2021 zu berichten.
Begründung:
Ziel des Prostitutionsschutzgesetzes ist die Schutzwirkung für Sexarbeiter*innen sowie Sexarbeit im Hellfeld zu halten. Seit Inkrafttreten des Gesetzes im Jahr 2017 droht jedoch eine zunehmende Abwanderung von Prostituierten in ein unkontrolliertes Dunkelfeld. Grund dafür ist die Verbindung des Gesetzes zur Regulierung des Prostitutionsgewerbes sowie zum Schutz von in der Prostitution tätigen Personen (ProstSchG) mit dem Baurecht Berlins. Demnach sei die Vorlage einer Baunutzungsgenehmigung erforderlich für die Erteilung einer Prostitutionsgewerbeerlaubnis. Das Verlangen einer baunutzungsrechtlichen Genehmigung war in der Vergangenheit nicht notwendig und erlaubte den bezirklichen Behörden die Duldung zahlreicher, vor allem kleiner und selbstverwalteter Bordelle im gesamten Stadtgebiet. Der Anteil der Wohnungsbordelle in Berlin liegt bei schätzungsweise 60 bis 90 %, die nun im Bestand gefährdet sind. Denn das ProstSchG und seine Auslegung führen durch die Versagung einer Erlaubnis von Bordellen und bordellartigen Betrieben in Wohn- und Mischgebieten zu einer zunehmenden Verdrängung der Sexarbeiter*innen in unsichere, unwürdige und rechtslose Arbeitsbedingungen. Prostituierte haben wegen der Schließung ihrer Betriebsstätten eine geringere Auswahl von Arbeitsmöglichkeiten, ziehen sich unter Umständen in die private oder gar illegale Arbeit zurück und setzen sich größeren Gefahren aus, wenn sie den Schutz ihrer Bordelle und Kolleg*innen verlieren. Die Kontaktmöglichkeiten der Gesundheitsämter zu den Sexarbeiter*innen sinken und damit die Möglichkeiten zur Verbesserung ihrer Arbeits- und Lebensbedingungen. Großbordelle in Gewerbe- und Industriegebieten hingegen könnten ihre Macht- und Monopolposition weiter ausbauen. Dieser Entwicklung gilt es vorzubeugen im Sinne jener Prostitutionsstätten, die sich über Jahrzehnte unauffällig in das Berliner Stadtbild integriert haben und zum Schutz der beschäftigten Sexarbeiter*innen. Sie und ihre vielfältigen sowie diskreten Angebote gilt es zu erhalten und Existenzen von Betreiber*innen und Sexarbeiter*innen zu sichern!