Und dann? Wie lief Denk Mal Am Ort in Berlin an?
Über meine Arbeit hatte ich viele Kontakte zu anderen Menschen, die sich für das Thema interessierten. Meine Mutter hatte als Künstlerin und Historikerin selbst viel zu Enteignung und Zwangsarbeit gearbeitet und auch ein großes Netzwerk. Wir haben dann einfach zu einem Treffen eingeladen, aber auch Flyer gedruckt und dort aufgehängt, wo Stolpersteine liegen. Zum ersten Treffen kamen zu unserem Erstaunen gleich 30 Menschen. Darunter die Zeitzeuginnen Rahel Mann und Petra und Franz Michalski, die von da an aktiv bei DMAO mitgewirkt haben. Am 7. und 8. Mai 2016 fand DMAO dann das erste Mal mit gleich sechzehn Veranstaltungen in Berlin statt. In unserer Wohnung haben wir mit einer Installation aus den in den Archiven gefundenen Dokumenten an die früheren Bewohnerinnen und Bewohner erinnert.
Zu DMAO reisen auch Zeitzeugen und Angehörige der Erinnerten aus aller Welt an. Wie haben Sie die ausfindig gemacht?
Einige haben wir durch Recherchen gefunden, andere wie Claudia Samter aus Argentinien haben sich an uns gewandt. Sie hat in der Zeitung El País von DMAO erfahren und uns gebeten, sie bei den Recherchen zu ihrer Berliner Familie zu unterstützen. Dabei stellte sich heraus: Ihre Großtante, Tante und Cousine wurden aus unserer Wohnung deportiert. Von der Familie Katzenellenbogen wiederum wussten wir, dass sie bis zu ihrer Flucht nach Argentinien im Jahr 1939 in unserem Haus gelebt hat. Also haben wir das Paar, das jetzt in ihrer einstigen Wohnung lebt, gefragt, ob es an die Familie erinnern will. Meine Mutter konnte dann durch eine Facebook-Namenssuche Ludwig Katzenellenbogen in Israel ausfindig machen. Als er 2018 mit 92 Jahren das erste Mal nach so langer Zeit wieder in seiner einstigen Wohnung stand, war das sehr bewegend. Er konnte sich genau erinnern, wie es dort damals ausgesehen hatte, und hatte auch Fotos dabei. Davor gab es nur Unterlagen aus Archiven.