Von Uwe Westphal, Kunsthistoriker, Autor und Journalist
Vor einigen Jahren bekam ich eine E-Mail aus England. Die Dame, die mir schrieb, hatte ich zuvor schon mehrmals in Brighton getroffen. Sie war bis 1938 als Modezeichnerin bei der Berliner Modefirma Firma Lewinsky & Mayer am Hausvogteiplatz 13 angestellt, dann gelang ihr die Flucht vor den Nazis.
Sie erzählte mir von den Modenschauen und wie gerne sie in Berlin gearbeitet habe. Nun wollte sie, dass ich ihre Tochter und ihren Enkel treffe, die zu Besuch in Berlin waren.
Kurze Zeit später stand ich mit den dreien vor dem Denkzeichen Modezentrum Hausvogteiplatz von Rainer Görß auf eben jenem Platz. Es war eine nachdenkliche und bewegende Begegnung, denn bisher wussten die Enkel nur wenig aus den Erzählungen der Großmutter und was sie in Berlin erleben musste. Und jetzt standen sie gerade einmal 20 Meter entfernt von dem Firmengebäude, in dem ihre Oma ein und aus ging – bis zur Flucht.
Aber was war eigentlich der Hausvogteiplatz in den 1920er und 1930er Jahren? Was machte die Berliner Mode weltweit so attraktiv und begehrenswert? Wer waren die Menschen, die sie herstellten? Dazu ist ein Blick in die Berliner Modegeschichte notwendig.