Am 9. November 2018 jährte sich zum 80. Mal die Pogromnacht von 1938, als Schlägertrupps der NSDAP und SA vor aller Augen reichsweit Synagogen in Brand setzten, jüdische Bürgerinnen und Bürger misshandelten und ihre Geschäfte und Wohnungen zertrümmerten. 27.000 jüdische Männer wurden nach den Ausschreitungen in ganz Deutschland verhaftet und in Konzentrationslager verschleppt, über 6.300 von ihnen in das KZ Sachsenhausen. Ihr Schicksal steht im Zentrum einer Sonderausstellung, die am 8. November 2018 im Berliner Abgeordnetenhaus eröffnet wurde und die ab dem 27. Januar 2019 in der Gedenkstätte Sachsenhausen in Oranienburg zu sehen ist. Parallel wird die Ausstellung bis zum 30. April 2019 im Holocaust Museum Houston (USA) gezeigt. Ziel der Massenverhaftungen vom November 1938 war es, den Auswanderungsdruck auf die deutschen Juden massiv zu erhöhen. Tatsächlich wurde die große Mehrheit nach einigen Wochen unter der Auflage wieder entlassen, sofort aus Deutschland zu
emigrieren. Viele von ihnen überlebten in der Folge das NS-Regime und den Krieg. Ihre Kinder und Enkel kommen heute aus aller Welt in die Gedenkstätte Sachsenhausen, um sich den Leidensort ihrer Verwandten anzusehen.
Zeitzeugen der zweiten und dritten Generation
Die Begegnung mit den Angehörigen der zweiten und dritten Generation stand am Anfang der Ausstellung. Wie wurde das Leben dieser Familien durch die erzwungene Emigration der (Groß-) Eltern beeinflusst, die zuvor ihr Eigentum meist weit unter Wert hatten verkaufen müssen? Welche Schwierigkeiten waren bei der Beschaffung der nötigen Auswanderungspapiere zu überwinden? Was erwartete die Emigranten in ihren Zufluchtsländern, deren Sprachen viele anfangs nicht verstanden? Gelang es den Vertriebenen, sich im Exil eine Existenz aufzubauen, die dem in Deutschland Erreichten halbwegs entsprach? Fanden sie eine neue Heimat?
Diesen Fragen geht die Ausstellung aus der Perspektive von Angehörigen der zweiten und dritten Generation nach, also von Kindern und Enkeln der in Sachsenhausen Inhaftierten. Sie kamen als Besucher in die Gedenkstätte und waren bereit, vor der Kamera zu berichten.