Ein historisches Ereignis für Berlins alte Mitte und ein Tag der Freude für die Parochialkirche in der Klosterstraße: An diesem Sonntag ab 15 Uhr erklingen wieder Glocken hoch vom Turm. Erstmals seit 72 Jahren, als am 24. Mai 1944 das Glockenspiel samt Turm nach einem Bombentreffer in sich zusammenfiel.
Carilloneur Wilhelm Ritter aus Kassel „bespielt“ die 52 neu gegossenen Glocken mit einem besonderen Programm und Liedern aus der Zeit um 1700, als die Kirche gebaut wurde. Aber es gibt auch moderne Filmmusik aus „Lovestory“ und „Dr. Schiwago“, bevor die musikalische Bitte „Verleih uns Frieden“ das öffentliche Konzert in der Klosterstraße beendet. Wer ins alte Berlin kommt und zwischen den Resten der Stadtmauer, der Kneipe „Zur Letzten Instanz“, der Ruine der Klosterkirche und dem Podewilschen Palais Geschichte sucht, findet sie in reichem Maße, auch auf dem alten Friedhof an der Parochialkirche. Auf Fotos und Stichen sieht man noch den 1944 weggebombten, schlanken Turm, der der Klosterstraße eine beschwingte Feierlichkeit gab.
Ohne ihn fehlte etwas von der Alt-Berliner Romantik. Der turmlose Stumpf tat sein Übriges. Und wer die Kirche betritt, sieht sich in einem absichtsvoll unfertigen Rondell aus unverputzten Ziegeln – der Raum mit dem Schrott-Metall-Kreuz von Fritz Kühn ist eine unverstellte und überhaupt nicht verschönte Erinnerung und Mahnung an Krieg, Zerstörung und Tristesse. Das Glockenspiel in einem Gestänge hoch über den Köpfen des Besuchers könnte dem Raum ein wenig Leben zurückbringen oder einhauchen. Eine Kirche zeigt: Ich bin wieder da.