Oft waren es pures Glück und ihre jugendliche Unbekümmertheit, die sie vor dem gefürchteten Zugriff der Gestapo bewahrten. Nur wenige Vertraute wussten von ihrer wahren Identität: 1.700 Jüdinnen und Juden überlebten Verfolgung und Krieg in Berlin – untergetaucht und für die Behörden unsichtbar. Vier von ihnen portraitiert Claus Räfle in einem berührenden Doku-Drama, das im Oktober 2017 in den deutschen Kinos anlief.
"Die Unsichtbaren - Wir wollen leben"
Bild: TOBIS Film GmbH
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Die realen Vorbilder
Cioma Schönhaus, geboren 1922, lebte mit seinen Eltern in der Sophienstraße in Berlin-Mitte. Ende der Dreißigerjahre begann er eine Ausbildung als Grafiker, die er abbrechen musste. Als Zwangsarbeiter blieb er als einziges Mitglied seiner Familie von der Deportation verschont. Mit 20 Jahren begann er, als Passfälscher zu arbeiten. Hunderten Berliner Jüdinnen und Juden verschaffte er so das Fundament einer neuen Identität. Als ihm die Gestapo auf die Spur kam, gelang es Cioma, sich mit einem gefälschten Wehrpass bis zur Schweizer Grenze durchzuschlagen und ins neutrale Nachbarland zu entkommen. Dort lebte er bis zu seinem Tod im September 2015.
Ruth Gumpel (geb. Arndt), Jahrgang 1922, tauchte im Winter 1942/43 mit ihrer Familie unter. In unterschiedlichen Verstecken und mithilfe von Bekannten gelang es der gesamten Familie, in Berlin zu überleben. Eine nicht jüdische Freundin vermittelte Ruth eine Anstellung als Hausmädchen bei einem Wehrmachtsoffizier, der von seiner Wohnung in Wilmersdorf aus einen weit verzweigten Schmugglerring für Delikatessen und Alkohol unterhielt. Hier verdiente Ruth nicht nur etwas Geld, sondern erhielt auch Lebensmittel für ihre Familie. Nach dem Krieg wanderte die Familie in die USA aus. Ruth Gumpel lebte bis zu ihrem Tod im Jahr 2012 in der Nähe von San Francisco.
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Eugen Herman-Friede, 1926 geboren, ist der Sohn einer jüdischen Mutter, deren christlicher Ehemann Eugens Stiefvater war. Aufgrund der Verordnungen zur sogenannten Mischehe war sie vor dem Zugriff der Gestapo geschützt, nicht aber ihr 16-jähriger Sohn. Kurz vor der sogenannten „Fabrikaktion” im Februar 1943 tauchte Eugen unter und schloss sich später dem Kreis um den jüdischen Widerständler Werner Scharff an, dem er in den beiden letzten Kriegsjahren half, Flugblätter in Berlin zu verteilen, welche die Bevölkerung über die NS-Verbrechen aufklären sollten. Außerdem versuchte der Kreis, jüdische Spitzel zu enttarnen, die auf andere jüdische Untergetauchte angesetzt worden waren. Im Winter 1944/45 wurde Eugen Friede von der Gestapo verhaftet und in das letzte jüdische Sammellager in der Iranischen Straße gebracht. Die Befreiung Berlins rettete ihm das Leben. Eugen Friede lebt heute bei Frankfurt am Main.
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Hanni Lévy (geb. Weissenberg), aktuell-Leserin, wurde 1924 in Berlin-Tempelhof geboren. Ab 1931 lebte sie mit ihren Eltern in Kreuzberg. 1940 starb ihr Vater an den Folgen der Zwangsarbeit, zwei Jahre später auch ihre Mutter. Der 17-jährigen Hanni gelang es kurz darauf, ihrer Verhaftung zu entgehen. Mit Hilfe von nicht-jüdischen Bekannten tauchte sie in Berlin unter. Sie kam bei einer Kartenverkäuferin des Kinos am Nollendorfplatz unter, die sie bis zur Befreiung Berlins auch in ihrer Wohnung aufnahm. Seit 1946 lebt Hanni Lévy in Paris.
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Redaktion Zeitschrift aktuell
Susanne Zöchling