„Wieso brauchen 80-jährige Holocaustüberlebende psychologische Hilfe? Sie waren doch Kinder. Und Kinder vergessen doch.“ Es sind Sätze wie diese, die immer wieder deutlich machen, warum unsere Arbeit wichtig ist: um zu informieren, um aufzuklären. Ich antworte dann gerne mit der Geschichte von Elly*, die 1943 im Alter von vier Jahren alleine in einem Klosterkeller in Belgien versteckt wurde, ihre Familie längst deportiert und ermordet. Oder mit der Geschichte von Ben*, dessen Vater an der Rampe nach links in den Tod gehen musste, während er nach rechts ins Lager getrieben wurde, als er 15 Jahre alt war. Oder mit der Geschichte von Myra*, die von den Eltern getrennt wurde, Zwangsarbeit verrichten musste, zwei Konzentrationslager und einen Todesmarsch überlebte und die gerade einmal 12 Jahre alt war, als sie von den Briten 1946 in Palästina interniert wurde. „Was“, frage ich dann „glauben Sie, haben diese Kinder im Laufe ihres Lebens davon vergessen?“
Schätzungsweise 500.000 Überlebende der Shoah leben weltweit, ca. 193.000 davon in Israel. Viele von ihnen leiden unter den traumatischen Ereignissen ihrer Vergangenheit, Experten gehen von 20 bis 25 Prozent aus. In Israel finden sie spezielle Hilfe bei AMCHA, einem Verein, der 1987 von Überlebenden für Überlebende gegründet wurde und mit heute 14 Zentren in Israel eine der größten Einrichtungen für psychosoziale Hilfe für Überlebende des Holocausts und ihrer Nachfahren der Welt ist. Der Name AMCHA war während und nach der Zeit des Nationalsozialismus ein Codewort unter jüdischen Verfolgten, um einander zu erkennen.