Wir feiern 40 Jahre
von Thomas Köhler, Direktor der Berlinischen Galerie
Gegen vielerlei Widerstände hat es der Gründungsdirektor Eberhard Roters vor 40 Jahren vermocht, ein unkonventionelles Museumsprojekt zu realisieren. Die Berlinische Galerie sollte sich in Abgrenzung zur Neuen Nationalgalerie und deren internationalem Anspruch und zum Stadtmuseum Berlin mit seinem kulturhistorischen Schwerpunkt absetzen. In einer Zeit, in der es in Berlin nur wenige Galeristen und Sammler gab, sollte ein Forum für „in Berlin entstandene Kunst“ eingerichtet werden, das die Besonderheit Berlins reflektiert. In der ihm eigenen zart anarchischen Art hatte Roters mit „Hilfe vieler beamteter und nicht beamteter Zauberlehrlinge“ (Karl Ruhrberg, 1998) das Museumsprojekt in die Tat umgesetzt. Vor 40 Jahren zunächst als Verein gegründet, etablierte sich die Berlinische Galerie ab 1975 als fester Bestandteil der Berliner Kunstszene. Ab 1990 wurde sie schließlich zu einer Stiftung öffentlichen Rechts und damit offiziell zum Landesmuseum für Moderne Kunst, Fotografie und Architektur.
Räumlich operierte die Berlinische Galerie zunächst recht beengt in einem kleinen Büro in der Schlossstraße in Charlottenburg. Die Ausstellungen, die sie organisierte, mussten an anderen Institutionen stattfinden – vom 21. bis 23. November 1975 fand die Eröffnungsausstellung in der Akademie der Künste Berlin statt. Die Situation besserte sich, als die Berlinische Galerie in das direkt am Bahnhof Zoologischer Garten gelegene Gebäude in der Jebensstraße umziehen konnte, welches einmal die Galerie des 20. Jahrhunderts beherbergt hatte und heute Sitz des Museums für Fotografie sowie der Helmut Newton Stiftung ist. 1986 erfolgte ein weiterer Umzug – dieses Mal in das Obergeschoss des Martin-Gropius-Baus. Etwas mehr als zehn Jahre blieb dieses historische Gebäude der Standort des Museums, bis die Berlinische Galerie abermals ausziehen musste. Grundlegend sollte der Gropius-Bau renoviert werden, und ohne einen Alternativstandort zu haben, blieb die Berlinische Galerie für sieben Jahre obdachlos. 2003 entschied man sich, ein ehemaliges Glaslager in der Alten Jakobstraße in Kreuzberg als Museum umzubauen. Im Oktober 2004 konnte die Berlinische Galerie ihr erstes eigenes Museumsgebäude beziehen und in einer kleinen Auswahl von Sammlungsbeständen zeigen, was so lange in den Depots verschwunden war. Seither hat sich die Berlinische Galerie nicht nur der Präsentation ihrer eigenen Bestände verschrieben, sondern vor allem der Organisation von Wechselausstellungen der Klassischen Moderne sowie der Gegenwartskunst. Auf 4.100 Quadratmetern erhält man nicht nur einen Eindruck in die Kunstgeschichte Berlins von 1870 bis heute, sondern erfährt auch etwas über aktuelle Tendenzen in der schier unüberschaubaren Kunstszene der Stadt.
Die Fotografische Sammlung wurde Ende der siebziger Jahre zu einer eigenen Abteilung. Die Sammlung hat sich weltweit eine bedeutende Reputation erworben. Sie setzt mit Arbeiten der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts ein und hat wichtige Schwerpunkte in der Fotografiegeschichte des 20. Jahrhunderts ausgebildet. Manches Mal konnte die „Wiederentdeckung“ eines Fotografen, einer Fotografin gefeiert werden, zum Beispiel mit Ausstellungen von Erich Salomon, Friedrich Seidenstücker, Yva und Marta Astfalck-Vietz. Mit der Wiederentdeckung des öffentlichen Raumes hat die Architektursammlung, seit 1985 eigenständige Abteilung des Hauses, Aufgaben übernommen, die weit über das bloße Ausstellen von Modellen und Plänen hinausgeht. Die Exponate und auch die Präsentationen der Sammlung reflektieren nicht nur die gebaute Form, sondern auch das Urbane im Allgemeinen.
Die Berlinische Galerie möchte ein diskursives Museum sein, eine Kommunikationsplattform, die nicht nur Themen der Bildenden Kunst verhandelt, sondern sich auch anderen Disziplinen öffnet, den Austausch mit anderen Institutionen der Stadt sucht und sich im wissenschaftlichen Feld darzustellen vermag.
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Redaktion Zeitschrift aktuell
Susanne Zöchling