Das Fenster zum Westen

50 Jahre Europa-Center

von Patricia Kurowski

Das Europa-Center am Breitscheidplatz

Willy Brandt bei der Grundsteinlegung des Europa-Centers, im Hintergrund die Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche

„Meine Damen und Herren, vom Dach dieses Gebäudes geht der Blick in den anderen Teil der Stadt!“ verkündete der damalige Regierende Bürgermeister Willy Brandt vom Dach des Europa-Centers anlässlich der Eröffnung im Jahr 1965. Damals war Berlin, gerade eingemauert, der vielleicht schwierigste Standort für ein Shopping-Center. In langen Schlangen reihten sich die LKW, die von Dreilinden bis zur Avus darauf warteten, die von der freien Welt abgeschnittene Stadthälfte verlassen zu können. Gerade in dieser von Resignation und aufkeimender Hoffnung gleichermaßen gezeichneten Zeit der großen, politischen Veränderungen entschied sich ein Bauherr, seine ambitionierten Pläne umzusetzen. Karl Heinz Pepper hieß der Mann hinter der Vision, der das Rockefeller-Center in einer kleineren Version nach Berlin holen wollte. Für die hoffnungslosen Berliner, deren Glaube an den Neubeginn durch das Chruschtschow-Ultimatum und den Mauerbau schwer erschüttert worden war, bedeutete das Bauprojekt vor allem eins: Motivation und Identität. Nur wenige Meter entfernt bildete das KaDeWe bereits ein kleines Fenster zum Westen. Das Kaufhaus wurde schnell zum Ort wohlduftender Träume von Extravaganz und Freiheit. Nun sollte dieses Fenster noch weiter geöffnet werden – und zwar so, dass die Berliner im Osten der Stadt den Kampfgeist ihrer West-Berliner Brüder und Schwestern auch mitbekämen. Zwei Jahre hatte der Bau gedauert, der durch einen Schichtbetrieb rund um die Uhr ohne Verzögerung fertig gestellt wurde.

Nicht nur mit seinem innovativen Konzept, das erstmals in Deutschland Erlebnis und Einkaufen miteinander verband, war der Erbauer Karl Heinz Pepper seiner Zeit weit voraus. Was heute Sinnbild einer Erfolgsgeschichte ist, war zur Bauzeit schon aufgrund des Standortes West-Berlin etwas Besonderes. Mit einem damaligen Höhenrekord von 103 Metern ging der Blick vom Dach des Gebäudes in den anderen Teil der Stadt und gab Ausblick auf den Nachbarn, dem man sich nun annähern wollte.

Auch bei der Einweihungsfeier war Willy Brandt dabei

Bis heute ist sich das Europa-Center – trotz der laufenden umfangreichen Modernisierungen – immer treu geblieben. Seit fünfzig Jahren ist das Center am Berliner Breitscheidplatz mehr als nur eines der ältesten Einkaufszentren der Stadt – es ist ein Wahrzeichen, das auf kaum einem Motiv der Postkarten und in fast keinem Film West-Berlins fehlen durfte. Besonders innovativ war – damals wie auch heute noch – nicht nur das Äußere, sondern auch der Innenbau. Dieser besteht überwiegend aus Säulen und Decken, so dass die Räume komplett nach dem Gusto der Mieter hergestellt werden können und die Konstruktion durchweg flexibel ist. Das ist bis heute ein wichtiger Wettbewerbsfaktor, der zu der Attraktivität des Centers und zu seiner Vollvermietung beiträgt. Aus Fitness First wurde Hard Candy, Nike Town bezog im letzten Jahr seinen Berliner Flagshipstore im Erdgeschoss des Centers und großzügige Verkaufsflächen im ersten Obergeschoss. Und Mieter wie Vapiano, Saturn oder auch Hunkemöller schätzen die charismatische Individualität der Berliner „Grande Dame“ des Shoppings. Bis heute zeigen sich die Vorteile der frühen Bauweise, denn die später bei anderen Gebäuden oft auftretenden Probleme mit Asbest gingen am Europa- Center spurlos vorbei.

Bei Nacht strahlt das Europa-Center

Dennoch hat Berlins erstes Einkaufscenter viel gesehen. Zu den unglaublichsten Geschichten zählen wohl die Zirkus-Elefanten, die am Tage des 30. Jubiläums zufällig am Center vorbeikamen und angesichts der ersten Regentropfen Schutz in der überdachten Passage suchten. Und sowohl Romy Schneider als auch Claudia Schiffer lernten hier ihre Ehemänner kennen. So hat dieses Gebäude den Charakter, die Menschen und die Geschichte der Stadt nachhaltig geprägt. „Wir geben nicht auf! wir bauen weiter!“, rief der enthusiastische Willy Brandt dem jubelnden Publikum zu. Jetzt, fünfzig Jahre später, schließt sein Nachfolger Michael Müller ähnlich optimistisch an und betont: „Das so oft totgesagte West-Berlin verändert sich – und entwickelt sich weiter in eine große Zukunft!“

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