Jeder Ort erzählt eine Geschichte. Eine Geschichte von Ereignissen, Wandlungen, Prägungen. Vor allem aber von Menschen. Menschen prägen Orte. Berlin war in den 1920erund frühen 1930er-Jahren für seine Vielfalt berühmt. Diese Vielfalt zerstörten die Nationalsozialisten nach ihrem Machtantritt am 30. Januar 1933. Eine Zielscheibe war die Vielfalt der Stadt schon vorher gewesen, doch erst jetzt, mit der staatlichen Macht ausgestattet, auf Gesetze und Verordnungen gestützt und mit einem wachsenden Heer von Opportunisten und Überzeugten im Rücken, konnte alles zerstört werden, was nicht den rassistischen, antisemitischen und/oder politisch-ideologischen Vorstellungen der Nationalsozialisten entsprach.
Das Berliner Themenjahr 2013 „ZERSTÖRTE VIELFALT – Berlin 1933-1938-1945“ lud dazu ein, die historischen Ort Berlins (neu) zu entdecken. Es sind Orte der Vielfalt, Orte des blühenden kulturellen, geistigen und urbanen Lebens im Berlin der 1920er- und frühen 1930er-Jahre – und Orte der Zerstörung der Vielfalt. Mehr als 170 Projektpartner engagierten sich gemeinsam für das Themenjahr. Dazu gehörten unter anderem Museen, Vereine, Verbände, Stiftungen, Unternehmen, Galerien, Künstler, Theater, Archive, Bezirksämter, Institute, Kircheneinrichtungen, Gedenk-, Dokumentations- und Erinnerungsstätten, Initiativen und auch die zentrale Portalausstellung des Themenjahres im Deutschen Historischen Museum.
Die Auswirkungen der nationalsozialistischen Diktatur auf das gesellschaftliche Leben waren Inhalt der zahlreichen Veranstaltungen, die unter dem Dach des Themenjahres 2013 stattfanden. Der biografische Zugang zog sich als roter Faden durch die zahlreichen Aktivitäten. Allein in der Open-Air-Porträtausstellung am Lustgarten wurden auf rund 40 Säulen über 200 Berliner Persönlichkeiten vorgestellt.
An elf herausgehobenen Orten in Berlin waren bis November die Stadtmarkierungen zu sehen – kleine Open-Air-Ausstellungen, die Schlaglichter auf die NS-Geschichte Berlins warfen. Vom konkreten historischen Ort ausgehend, konfrontierten sie das heutige, vielfältige Berlin mit seiner Geschichte.
Vielfalt ist Freiheit – Tausende beim Höhepunkt und Ausklang des Themenjahres
Auf dem Pariser Platz, vor dem Brandenburger Tor, versammelten sich tausende Menschen und erlebten hier ein emotionales Programm. Am Abend des 10. November 2013 erinnerte Berlin im Rahmen des Themenjahres „ZERSTÖRTE VIELFALT – Berlin in der Zeit des Nationalsozialismus“ an den 75. Jahrestag der Novemberpogrome 1938.
Emotionen – Bilder – Botschaften: Unter dem Titel „Vielfalt ist Freiheit“ startete die multimediale Installation am Brandenburger Tor zunächst mit einer akustisch unterlegten Bildercollage und beispielhaften Porträts von Berlinerinnen und Berlinern, die vor 1933 das kulturelle und urbane Leben der Stadt prägten. Jugendliche stellten ihre Statements und Filme vor und setzten gemeinsam mit den anwesenden Zeitzeugen Margot Friedländer, Inge Deutschkron sowie Coco Schumann ein würdiges und eindrucksvolles Zeichen gegen das Vergessen.
Die Verantwortung für die unverzichtbare deutsche Erinnerungskultur gaben die Zeitzeugen an diesem Abend symbolisch in die Hände der jungen Generation. Der britische Stargeiger Daniel Hope sorgte gemeinsam mit Jacques Ammon (Klavier) und dem Streichquintett des Deutschen Kammerorchesters Berlin für musikalische Höhepunkte – unvergessene Musik von Künstlerinnen und Künstlern, die nach 1933 geächtet, vertrieben und verfolgt wurden.
Gemeinsam wurde so ein Zeichen gesetzt und eine Botschaft formuliert, die von diesem Platz aus in die Welt ging: Vielfalt ist Freiheit, die es gemeinsam zu schützen und zu bewahren gilt.
Am Brandenburger Tor waren noch bis in die späten Abendstunden die originellen Statements von tausenden Jugendlichen zu sehen, die sie im Rahmen des Themenjahres erarbeiteten. Die Veranstaltung machte das vielfältige Engagement gegen Rassismus, Intoleranz, Antisemitismus, Gewalt und Ausgrenzung in besonderer Weise sichtbar und bewegte zutiefst die zahlreichen Teilnehmer sowie das Publikum.