Dass gerade die private und als solche ihren Besitzern allerheiligste Datsche nach DDR riecht, ist eine schöne Volte in dieser kleinen, aber sehr feinen Ausstellung. Denn der Naseneindruck bestätigt eine These, für die hier ohne erhobenen Zeigefinger zahlreiche Belege präsentiert werden: Dass es in der DDR keine Refugien des Alltags gab, die vor staatlichem Zugriff sicher waren. Die kleinen Freiheiten und größeren Glücksmomente, die mitunter bis heute schwärmerisch als Beleg für die Existenz repressionsfreier Zonen der Normalität herangezogen werden, zeugen weniger von der Abwesenheit des allmächtigen Staatsapparats als von seiner Unsichtbarkeit.
So verfliegt der Eindruck bildungsbürgerlicher Beschaulichkeit, den das mit heimeliger Couch, gefüllten Bücherregalen und anderen Utensilien privater Distinktion nachgebildete Wohnzimmer ausströmt, durch die Dokumentation einer umfassenden Stasi-Bespitzelung, die sich hier zugetragen hat. Sie galt dem dissidierenden Ost-Berliner Ehepaar Elfriede und Ekkehard Maaß. Ihr Wohnzimmer war ein bekannter Salon, der Andersdenkende zusammenführte. Zu den Vorzügen der Ausstellung gehört, dass sie ein Leitmotiv klassischer DDR-Aufarbeitung frisch und geradezu elegant inszeniert. Wer die allgegenwärtigen Widersprüche zwischen Realität und Propaganda ansprach, wer sich kritisch äußerte über real existierende Härten und Unzulänglichkeiten, den hatte die Staatsmacht auf dem Schirm. Eindrucksvoll lesen sich die Briefe eines NVA-Wehrpflichtigen, der sich über den Stumpfsinn seiner Ausbildung auslässt und darüber seinen sicher geglaubten Studienplatz verliert. Berührend ist das
Beispiel eines 19-Jährigen, der wegen Westkontakten und des Besitzes von Orwells Roman „1984“ ins Zuchthaus einfährt.
Und nicht jedem Besucher dürfte bekannt sein, dass es auch nach dem Volksaufstand vom 17. Juni 1953 in der DDR immer wieder brodelte. So 1976 anlässlich der 1.000-Jahr Feier von Altenburg, als unzufriedene Jugendliche mit dem Ruf „Wir wollen frei sein, machen, was wir wollen“ in aller Öffentlichkeit mit Polizei und Stasi aneinandergerieten.
Im Großen wie im Kleinen dokumentiert die Ausstellung zahlreiche Beispiele von Eigensinn und Unangepasstheit. Filmausschnitte zeigen DDR-Bürger bei der geschickten Selbstermächtigung, wenn sie Alltagsmängel offen aussprachen, ohne die Verantwortlichen beim Namen zu nennen. Kaum etwas fürchteten SED-Funktionäre mehr.