Wiedergewonnene Orte – 25 Jahre nach dem Fall der Mauer

Luftbild der Gedenkstätte "Berliner Mauer" an der Bernauer Straße in Berlin

Die Gedenkstätte Berliner Mauer ist der zentrale Erinnerungsort an die deutsche Teilung

_von visitBerlin, Berlin Tourismus & Kongress GmbH_

Die Mauer teilte Berlin nicht nur, sondern schuf auch unzugängliche „Unorte“ mitten in der Stadt. 25 Jahre später haben sich die Berlinerinnen und Berliner diese Orte zurückgeholt.

Heute ist es kaum noch vorstellbar, wie brutal die Berliner Mauer die Stadt in zwei Hälften teilte. Sie lief durch Straßen, Plätze, Flüsse und Kanäle. Sie schnitt den Bewohnern die Wege ab – zu Verwandten und Freunden, zur Universität oder zur Arbeitsstelle, zum nahen Kino oder ins Grüne. Der Mauerstreifen, der für die DDR-Grenztruppen gut überschaubar sein musste und dem viele Gebäude zum Opfer fielen, war zwischen 30 und 500 Metern breit und schuf „Unorte“, die für die Bewohnerinnen und Bewohner der Stadt unerreichbar waren. 25 Jahre später sind diese Orte zurückgewonnen worden. Auf dem ehemaligen Mauerstreifen sind neue Wohnungen und Geschäfte entstanden, hier florieren Flohmärkte, Strandbars und Clubs; neu angelegte Parks machen die Stadt grüner. Mal waren es deutsche und internationale Investoren, mal war es die Stadt Berlin, und manchmal waren es kreative Betroffene, die das neue Antlitz der Stadt gestaltet haben.

Thierry Noir ist wohl der bekannteste Künster, der auf der East Side Gallery zu finden ist

Eine besonders bunte Mischung neuer Nutzungsformen lässt sich entlang der Spree zwischen Oberbaumbrücke und Ostbahnhof beobachten. Hier trennte der Fluss den damaligen Ost-Bezirk Friedrichshain vom westlichen Kreuzberg (heute bilden beide den gemeinsamen Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg). Der Friedrichshainer Uferbereich war Sperrgebiet. Kurz nach Öffnung der Mauer entstand hier die als Fotomotiv beliebte East Side Gallery, über hundert Künstlerinnen und Künstler aus aller Welt machten aus dem menschenfeindlichen Bau ein 1.300 Meter langes Kunstwerk.

Zwischen der East Side Gallery und der Spree wurde ein schmaler Uferpark angelegt. Die nahe gelegene O2 World, eine Veranstaltungshalle mit bis zu 17.000 Plätzen, entstand auf einer Brache im Vorfeld des Grenzstreifens. Hier treten Stars wie Robbie Williams, Lady Gaga und Kylie Minogue auf.

Auf beiden Seiten des früheren Grenzflusses Spree hat sich mittlerweile eine vielfältige Clubszene etabliert. Aktuell entsteht mit dem Projekt „Holzmarkt“ auf dem ehemaligen Todesstreifen ein neues Kreativdorf mit Ateliers, Club und Park. Urbane Utopie wird hier Wirklichkeit. Hier sollen Wirtschaft, Kultur und Natur zusammen gebracht werden. Dafür stehen das geplante Gründerzentrum „ Eckwerk“, ein „kreatives Dorf“ und der „Mörchenpark“. Das „Eckwerk“ soll ein Labor für nachhaltige, technologieaffine Unternehmen werden und Wohnraum für Forscherinnen und Forscher bieten. Für die Planung wurden die beiden interna tional renommierten Berliner Architekturbüros Kleihues und Graftlab gewonnen. Für das „kreative Dorf“ sind unter anderem ein Theater, ein Club, ein Restaurant und ein Hotel vorgesehen. Und im „Mörchenpark“ soll gegärtnert, Bienen gezüchtet und Gemüse geerntet werden. Der Anbau hat begonnen, ein neues Berliner Idyll wächst heran: Raum für kreative Projekte mit angeschlossenem Clubvergnügen, eingebettet in selbstgezüchtete Blumen und Zucchinis. Das klingt ziemlich utopisch – und typisch Berlin.

Am Potsdamer Platz informiert eine Stele darüber, dass hier die Mauer gestanden hat

Die Szenerie am Spreeufer wandelt sich ständig: Zwischen Treptow und Kreuzberg steht heute mitten in einem Hotspot der Alternativkultur ein verbliebener DDR- Wachturm. Die kürzlich hergezogene Kultbar White Trash ist zusammen mit anderen Clubs und dem Badeschiff Trendsetter eines „Neuen Berlin“. Sie ziehen heute internationale Gäste an diesen geschichtsträchtigen Ort.

Besonders raumgreifend war der Mauerstreifen am Potsdamer Platz, bis zu 500 Meter war er hier breit. An dem Platz, einst einer der belebtesten Europas, hatte der Zweite Weltkrieg fast nur Ruinen hinterlassen, die abgerissen wurden. Wer in den 80er Jahren auf westlicher Seite auf eine der Aussichtsplattformen stieg, um über die Mauer zu schauen, blickte auf eine riesige, triste Brache. Der Regisseur Wim Wenders hat die Melancholie dieses Ortes im Film „Der Himmel über Berlin“ (“Wings of Desire”) festgehalten.

Nach der Wende wurde hier die größte Baustelle Europas hoch gezogen, Stararchitekten wie Renzo Piano und Hans Kollhoff prägten den Wiederaufbau, der dem alten Stadtgrundriss folgte. Die Konzernzentrale der Deutschen Bahn, ein Einkaufszentrum, das Filmmuseum, mehrere Kinos, Theater, Hotels und Restaurants sowie das Sony-Center mit der charakteristischen Zeltdach-Konstruktion haben den Platz wieder zu einem quirligen Stück Berlin gemacht. Die hier jährlich stattfindende Berlinale mit ihren Filmstars verleiht dem Ort Metropolen-Glamour. Der Wiederaufbau des dem Potsdamer Platz gegenüberliegenden Leipziger Platzes ist noch nicht abgeschlossen. Ein riesiges Einkaufszentrum steht an der Stelle, an der früher das Kaufhaus „Wertheim“ stand, das seinerzeit größte Einkaufszentrum Europas.

Auch Berlins bekanntestes Wahrzeichen, das Brandenburger Tor, lag im Niemandsland. Der Pariser Platz vor dem Tor lag nach dem Krieg in Trümmern und wurde planiert. Von der anderen Seite des Tores aus forderte US-Präsident Ronald Reagan in seiner berühmten „Mr. Gorbachev, tear down this wall“-Rede ihren Abriss. Als dieser tatsächlich vollbracht war, entstanden nach und nach repräsentative Bauten. Vor allem Banken und Botschaften prägen heute den Platz, darunter die französische und die amerikanische Vertretung. Staatsgäste übernachten gern im wiederaufgebauten Luxushotel Adlon, und mit der Akademie der Künste hat auch eine bedeutende Kulturinstitution einen Platz an dieser edlen Adresse. Es sind Orte wie diese, an denen die Menschen heute hautnah erleben können, wie sich Berlin seit dem Fall der Mauer als lebensfrohe, weltoffene Metropole neu erfunden hat.

www.visitBerlin.de