Drei Minuten. So lange hat man Zeit, um den deutschen Außenminister über die Lage der ukrainischen Zivilgesellschaft auf den neuesten Stand zu bringen. Das alles im Flugzeug, auf dem Weg nach Kiew. „So läuft das in der Politik“, sagt Helmut K. Anheier und lächelt. Er ist Dekan der Hertie School of Governance, einer privaten Hochschule in der Friedrichstraße, die ihren Studierenden „gutes Regieren im 21. Jahrhundert“ beibringen will. Beinah übersieht man die goldenen Lettern am Hochschulgebäude, wenn man in Richtung Galeries Lafayette schlendert. Und doch strömen von hier seit zehn Jahren Absolventen in die ganze Welt, besetzen Führungspositionen in Regierungen und NGOs und bestimmen den Kurs an den Schnittstellen von Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft.
Mit dem Außenminister-Beispiel verdeutlicht Anheier, was seine Hochschule auszeichnet: Hier werden Studierende fit gemacht für die Realitäten des Politikbetriebs. Dazu gehört, sich auf das Wesentliche zu fokussieren. Das lernt man hier unter anderem durch „Policy Memos“: Komplexe Gedankengänge müssen auf wenigen Seiten zusammengefasst werden. Das hilft, die Gedanken zu ordnen. „Und um komprimieren zu können, muss man erst mal selbst alles genau verstanden haben“, erklärt Anheier.
Um das Buffet zum Jubiläum scharen sich aktuelle und ehemalige Hertie- Studierende, ständig umarmen sich alte Bekannte. Aus allen Ecken der Welt sind sie angereist. Diese Hochschule vergisst man offensichtlich nicht einfach nach dem Abschluss, irgendwann scheint jeder hierher zurückzukehren – wenn auch erst nach sieben Jahren. So lange war Rizwan Bajwa, Absolvent des ersten Jahrgangs, nicht mehr in Deutschland. Gleich nach seinem Abschluss 2007 ging er mit dem Master of Public Policy in der Tasche zurück in seine Heimat Pakistan, wurde Programmdirektor des World Food Programmes und half 2010 bei der Bekämpfung der sozialen Folgen der Flut.