Zwangsarbeit

von Lore Mainzer

Hiermit möchte ich mich vielmals für die jeweiligen Ausgaben von aktuell bedanken. Wie immer sind die verschiedenen Artikel sehr interessant. Besonders erstaunte mich die Errichtung des Dokumentationszentrums für NS Zwangsarbeiter. Über dieses Thema wurde bisher weitgehend geschwiegen. Ich gehöre selbst zu den Betroffenen.

In Berlin geboren, verließ ich die Stadt am 28.1.1937, meinem 13. Geburtstag. Mit meinen Eltern lebte ich dann sechs Jahre in Amsterdam. Als im Mai 1940 die Deutschen nach Holland kamen, begann auch dort die Judenverfolgung. Im Dezember 1942 wurden meine Eltern in ein KZ in Holland eingeliefert. Von dort wurden sie im Mai 1943 nach Sobibor überführt und dort ermordet.

Ich selber kam im Januar 1943 in ein anderes, holländisches, KZ, wo ich fast eineinhalb Jahre blieb. Zu meinem Glück bekam ich eine Arbeit bei Philips. Der bekannte Konzern versuchte, uns Häftlingen zu helfen. Selbst als wir, die letzten Juden aus unserem Lager, im Juni 1944 nach Auschwitz verschickt wurden. Von dort brachte man uns nach Reichenbach bei Breslau, wo wir bei Telefunken arbeiteten. Scheinbar war unsere Arbeit kriegswichtig. Erst am 1. Mai 1945 wurden wir befreit.

Meine Geschichte endet allerdings nicht so einfach. Im Februar 1945 wurden wir, nachdem eine Bombe unsere Arbeit bei Telefunken beendet hatte, in ein Lager in Langenbielau gebracht. Von dort mussten wir vier Tage lang, durch tiefen Schnee, über das Eulengebirge nach Treutenau, in der Tschechoslowakei laufen. Von dort ging es in Viehwagons nach Hausberge, Westfalen. Dort sollten wir in den Hammerwerken* arbeiten. Als es kein Material mehr gab, brachte man uns nach einem Monat über ein Lager bei Helmstedt in die Lüneburger Heide. Zehn Tage lang saßen wir im Zug, um danach in Hamburg Tankfallen zu graben. Am 1. Mai wurden wir vom Roten Kreuz befreit und nach Schweden geschickt.

Hilde Isaak hat das Buch verfasst „An Philips: Wir leben!“. In diesem Buch befinden sich auch die Lieder, die im holländischen Lager entstanden sind und unser Leben dort beschreiben. Das Buch erschien im 2004 im Rimon Verlag unter der Nummer ISBN 3-937620-00-1.


Lore Mainzer
Chiffre 131201