Happy Birthday, Berlin! In diesem Jahr begeht unsere Stadt ihr 775-jähriges Jubiläum. Anlass genug für einen Veranstaltungsreigen, der viele Facetten der Berliner Historie ausleuchtet. In neuem Licht erscheint vor allem die frühe Geschichte. Jüngere archäologische Grabungen am Petriplatz beförderten spektakuläre Funde zutage, die von regem mittelalterlichen Leben zeugen, das bereits weit vor der ersten urkundlichen Erwähnung von Cölln, Berlins Schwesterstadt, am 28. Oktober 1237, eingesetzt haben muss. Die Forschung geht inzwischen davon aus, dass Berlin und Cölln nicht von Slawen, sondern von deutschen Kaufleuten aus dem Westen gegründet wurde.
Berlin, die Einwanderungsstadt: Das ist ein roter Faden der Stadtgeschichte – von jenen frühen Siedlern über die europäischen Glaubensflüchtlinge seit dem 17. Jahrhundert, jüdische Migranten aus Osteuropa und die in den 1960er Jahren angeworbenen Türken bis hin zu den hippen Kreativen des 21. Jahrhunderts. Zum dritten Mal begeht die Stadt feierlich ihren Geburtstag. Aber zum ersten Mal vereint und in Freiheit. Wir wollen würdigen, was Berlin ausmacht: Die Vielfalt der Menschen, das lebendige Miteinander, Offenheit und Toleranz – nicht immer in diesen 775 Jahren, aber stets in den guten Zeiten, in denen die Stadt wuchs und prosperierte.
Erinnern wollen wir im Rahmen der 775-Jahr-Feiern auch an den enormen Reichtum jüdischen Lebens in Berlin, das durch die Nationalsozialisten brutal vernichtet wurde – etwa in den Ausstellungen „Berlin Transit. Jüdische Migranten aus Osteuropa in den 1920er Jahren“ im Jüdischen Museum Berlin oder „BERLINmacher. 775 Porträts – ein Netzwerk“ der Stiftung Stadtmuseum Berlin im Ephraim Palais. Längst verbindet sich Berlins jüdische Vergangenheit mit seiner lebendigen Gegenwart. In neuem Glanz erstrahlt die einstige Jüdische Mädchenschule Berlin in der Auguststraße. Am 30. Juni 1942 war die Schule von den Nazis geschlossen, der Großteil der Schülerinnen sowie der Lehrerinnen und Lehrer war deportiert und ermordet worden. Später beherbergte sie eine Oberschule. Erst im Jahr 2009 erfolgte die Rückübertragung an die Jüdische Gemeinde Berlin, die das Gebäude mit der Auflage einer denkmalgerechten Sanierung vermietet hat. Am 9. Februar 2012 ist die Jüdische Mädchenschule mit neuer Nutzung wiedereröffnet worden. Was dort jetzt geschieht, lesen Sie in diesem Heft.Auch die Villa Oppenheim, die in ihrer mehr als hundertjährigen Geschichte schon so manches erlebt und erlitten hatte, erfuhr eine neue Nutzung. Sie beherbergt seit Anfang dieses Jahres das Museum Charlottenburg-Wilmersdorf. Was auch insofern eine glückliche Fügung ist, als das Bauwerk, aber vor allem die Geschichte des Areals eng verbunden ist mit dem auch kulturell wohlklingenden Namen Mendelssohn, jener Familie, die in diesem Jahr mit einem Veranstaltungsreigen auf ihr 250-jähriges Bestehen zurückschaut.
Es sind eben nicht nur Bauwerke, sondern auch konkrete Menschen, die ans jüdische Berlin erinnern. So wie der viel zu früh verstorbene Berliner Entertainer Hans Rosenthal, dessen Namen nun das frisch sanierte Stadtbad Schöneberg trägt. Oder Inge Deutschkron, die große Autorin („Ich trug den gelben Stern“) und Zeugin des Jahrhunderts. Sie wird in diesem Jahr 90 Jahre alt. Dazu auch von dieser Stelle die herzlichsten Glückwünsche und unser Dank für all das, was sie an Aufklärung über den Holocaust und für die deutschjüdische Versöhnung geleistet hat. Und nicht zu vergessen der bedeutende Künstler Eugen Spiro, dessen Teilnachlass nun der Akademie der Künste zufiel. Großzügiger Spender war sein Sohn Peter Spiro, der im Übrigen auch ein begeisterter Leser von aktuell ist.
Ihm, aber auch Ihnen allen wünsche ich viel Freude mit der neuesten Ausgabe.
Ihr