Ein Tag im Planetarium am Insulaner

von Dr. Monika Staesche, Wissenschaftliche Leiterin im Planetarium der Wilhelm-Foerster-Sternwarte Berlin

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So erleben die Besucherinnen und Besucher die neue „Fulldome-Technik“

Freitag, 09:45: Tim wünscht sich beim Anblick einer Sternschnuppe, zum Mond zu fliegen. Sein großer Bruder lacht noch über ihn – da beginnt sich der Himmel auf einmal schwindelerregend schnell zu drehen, leuchtet es hoch über ihnen grellweiß auf. Das Leuchten kommt näher, hüllt den ganzen Himmel ein – und plötzlich erscheint die Erde mit ihren Wolkenschleiern und Kontinenten über den Köpfen.

„Das Kleine 1×1 der Sterne“, das die Kinder hier gerade lernen, ist ein sehr vergnügliches, ähnelt weniger einer Schulstunde, sondern eher dem, was Erich Kästner einst in seinem „Fliegenden Klassenzimmer“ beschrieben hat: „Der Unterricht wird zum Lokaltermin“. Stürmischer Beifall am Ende der Show, als die Kinder aus der Kuppel strömen, hinaus ins echte Sonnenlicht und weiter zur Sternwarte auf dem Hügel.

Die nächsten Klassen warten schon, um 11:00 geht es weiter. Ältere Kinder sind es, 5. und 6. Klassen, die etwas über das „Raumschiff Erde“ erfahren wollen, z. B. warum es Tag und Nacht gibt und wie die Jahreszeiten entstehen. Es ist ein Live-Vortrag, die Vortragende benutzt zuerst das klassische Planetariumsgerät in der Mitte des Raumes, um den Blick von der Erde aus zu zeigen und zu erklären, dann schaltet sie mit einem kurzen Mausklick die Perspektive von außen ein. Plötzlich hängt eine gigantische, sich langsam und majestätisch drehende Erde über den Kindern an der Kuppel. „Wow!“ kommt es aus den Reihen. „Das sieht ja richtig echt aus!“ Und das stimmt: Man könnte schwören, dass es keine Kuppelwand gibt, sondern dass es dahinter „weitergeht“: die Erde schwebt im Raum. Die Tag- und Nachtgrenze ist klar zu erkennen – und als die Vortragende die Erdachse hinzublendet, wird deutlich wie „schief“ die Erde steht und dass die Menschen nahe dem Südpol keinerlei Sonnenlicht bekommen, da es dort den ganzen Tag lang „Nacht“ ist.

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Das Planetarium am Insulaner

Aber das ist noch nicht alles. Mit ein paar weiteren Mausklicks beginnt sich die Szenerie zu verändern. Die Sterne drehen sich für einen Moment rasend schnell, die Erde verschwindet nach hinten – und schon taucht ein roter Punkt auf, der schnell größer wird und sich als Planet Mars entpuppt. Einzelheiten werden erkennbar, zwei winzige Punkte, die den Planeten umkreisen – die zwei Monde des Mars. Schließlich sind die Schüler dem Mars so nahe, dass er die gesamte Kuppel ausfüllt. So schön er aussieht, sie lernen, dass es auf dem Mars für menschliche Verhältnisse nicht angenehm ist. Auch die übrigen Planeten des Sonnensystems wären keine „zweite Heimat“ zum Auswandern, sollte die Erde unbewohnbar werden… Die Menschen leben auf der Erde in einem Paradies. Und sie sollten zusehen, es zu erhalten.

Am Ende der Präsentation gibt es noch einen kleinen „Bonbon“ – einen Flug aus dem Sonnensystem durch die Sterne hinaus aus unserer Heimatgalaxis. Die vorher stillstehenden Sterne bewegen sich in einem dichten Schwarm, immer schneller, bis die Milchstraße in ihrer wunderschönen Spiralform erkennbar wird. Unzählig viele Punkte rings am Himmel bilden die Nachbargalaxien. Die Kinder wagen einen kurzen Blick in die Unendlichkeit, wenn auch nur virtuell. Die Daten allerdings sind echt. Das Programm „Uniview“ ermöglicht es, den zwei Dimensionen des „flachen“ Planetariums eine dritte hinzuzufügen, dem Raum Tiefe und Perspektive zu geben, Zusammenhänge auf diese Weise besser zu erklären. Schließlich, zum großen Bedauern der Schüler, geht es zurück zur Erde. An diese Schulstunde werden viele noch lange denken.

18:00, die erste Abendveranstaltung. Auf dem Programm steht „Voices in the Dark“. Keine Astronomie diesmal, sondern eine Reise in das Reich der Phantasie, durch eine paradiesische Landschaft auf eine geheimnisvolle Villa zu, dann in sie hinein. Die Zuschauer tauchen in Schachbretter und landen in einer schwarzweißen, kubistischen Landschaft, aus einem herunterstürzenden Schacht taucht plötzlich der Sternhimmel auf. Szenenwechsel: unter Wasser
taucht eine versunkene Kathedrale auf. In der Tat, die Besucher „tauchen ab“ mit dieser Technik. Der Begriff „immersives Medium“, was ja nichts anderes bedeutet, lässt sich hier hervorragend nachvollziehen. Die Kuppelprojektion ermöglicht ein dreidimensionales Erlebnis ohne eine störende Brille.

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Planetariumsgerät in Aktion

Wieder eine Live-Präsentation, und gerade wird erklärt, dass die bekannten Sternbilder nichts mit den Sternen zu tun haben, sondern willkürliche Muster sind. Zur Verdeutlichung fliegen die Zuschauer plötzlich auf den durch Sternverbindungslinien gekennzeichneten Großen Wagen zu – und um ihn herum. Die Figur verzerrt sich, wird unkenntlich. Die Sterne des großen Wagens befinden sich in Wahrheit in unterschiedlicher Entfernung. Die nahen und fernen Sterne wirbeln um den Zuschauer herum, als säße er in einem Raumschiff. Auch dieses Gefühl genießen viele Menschen. Emotionen werden erzeugt, die Zuschauer zum Staunen und Träumen gebracht – Kinder wie Erwachsene. Und das ist letztendlich mindestens genauso wichtig, wie die reine Wissensvermittlung. Man kann im täglichen Leben auch ohne astronomische Kenntnisse bestehen. Was Planetarien letztendlich leisten können und sollten, ist es, den Menschen eine Perspektive in Bezug auf ihre Welt zu geben, ihren Horizont zu erweitern, innerlich und äußerlich.

Planetarium der Wilhelm-Foerster-Sternwarte
Munsterdamm 90
12169 Berlin
Tel.: 40 30 7900930
E-Mail: wilhelm.foerster@inter.net
www.planetarium-berlin.de

Das Planetarium und die Sternwarte am Insulaner
Die Sternwarte auf dem Trümmerberg Insulaner in Tempelhof-Schöneberg wurde im Januar 1963 eröffnet. Zwei Jahre später wurde am Fuße des Insulaners das Planetarium eröffnet.

In der großen Kuppel des Planetariums erlebt der Besucher einen prachtvollen, künstlichen Sternenhimmel, egal, ob es draußen regnet, stürmt oder schneit. Es gibt astronomische Vorträge, Hörspiele, Lesungen, Lasershows, Multimedia, Live-Musik und spezielle Kinderprogramme – ein weit gefächertes Programm für alle Altersstufen und jeden Geschmack. Auf der Sternwarte kann man bei klarem Wetter mit eigenen Augen den Himmel entdecken: Durch die großen Fernrohre werden die Planeten mit ihren Monden, die Krater und Gebirge unseres Erdmondes, die Sonne und ihre Flecken und eine große Zahl von Sternen, Nebeln und Galaxien gezeigt.