Anne Franks Tagebuch wird 70 Jahre alt

Erinnern unter freiem Himmel

von Leonora Vanessa Ahrens

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Anne Frank hatte den Wunsch Schriftstellerin zu werden

Eines der meistgelesenen Bücher nach der Bibel, Pflichtlektüre in der Schule, von der UNESCO in das Weltdokumentenerbe aufgenommen, berühmtestes Tagebuch und wichtiges Zeitdokument der NS-Diktatur: Das Tagebuch der Anne Frank.

Das Buch hat wie kein anderes Schriftwerk viele Bedeutungen, doch für Anne selbst war es zu Lebzeiten einfach nur ihre „Kitty“. Das rot-grün-weiß karierte Tagebuch mit einem kleinen Schloss war ein Geschenk zu ihrem 13. Geburtstag und wurde ein treuer Begleiter in einer unwirklichen Zeit. Bald nach dem Tod der jungen Autorin im Jahre 1945 im Konzentrationslager Bergen-Belsen sollte Kitty um die Welt gehen – und Weltliteratur werden.

In über 60 Sprachen übersetzt, über 40 Millionen Mal verkauft, kennt fast jeder die Geschichte von Anne und bekommt so einen schmerzlichen und erdrückenden Einblick in ein Einzelschicksal, welches unbegreifbar erscheinendes Leid ein Stück greifbarer macht.

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Die Zeitzeugin Margot Friedlander eröffnet die Lesung

Nur Wochen bevor die Alliierten das Konzentrationslager befreien können, stirbt die junge Anne Frank an einer Typhus-Infektion. Das Tagebuch wurde währenddessen von einer der Helferinnen der Familie Frank, Frau Miep Gries, verwahrt und nach dem Kriegsende an Annes Vater übergeben. Ihm, dem einzigen Überlebenden der Familie, Otto Frank, ist es zu verdanken, dass wir heute die Aufzeichnungen seiner Tochter lesen dürfen und ein wichtiges Dokument für Generationen von Menschen erhalten geblieben ist.

Am 12. Juni 2012 wäre Anne Frank 83 Jahre alt geworden, ihr Tagebuch Kitty feiert seinen 70. Geburtstag. Ein besonderer Anlass, den die Jugendbegegnungsstätte Anne Frank in Frankfurt am Main und das Anne Frank Zentrum in Berlin mit einer Reihe von Workshops, Ausstellungen und einer besonderen Lesung des Tagebuchs gefeiert haben.

In Berlin-Mitte, umgeben von den Hackeschen Höfen, verweilten an diesem 12. Juni bis zu 500 Menschen, um der Lesung unter freiem Himmel zu lauschen, bei der jeder Vorleser und jede Vorleserin einen Teil des Buches vortragen durfte. Den Anfang machte die Zeitzeugin Margot Friedlander, die 1944 im Konzentrationslager Theresienstadt interniert wurde, dieses überlebte und nach dem Ende des Krieges nach New York flüchtete. Heute lebt sie wieder in Berlin, erzählt jede Woche als Vorleserin Schulklassen von ihren Erlebnissen und veröffentlichte 2008 ihre Memoiren.

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Ein Schüler des Literaturclubs der Liebig-Schule aus Berlin-Neukölln liest

Es folgte der Schauspieler Ulrich Matthes, der in dem Drama „Der Untergang“ von Bernd Eichinger den Hitler-Vertrauten Joseph Goebbels spielte. Dann las die Schauspielerin Maja Maneiro, bekannt
aus der Telenovela „Anna und die Liebe“, und anschließend Jugendliche des Literaturclubs der Liebig-Schule aus Berlin-Neukölln. Hinzu kamen weitere Schulen und Firmen, die vorlasen. Am Ende lasen über 100 Personen Kapitel für Kapitel aus dem Tagebuch der Anne Frank vor, bis das komplette Buch gelesen war. Nicht nur auf Deutsch, sondern auch auf Englisch, Hebräisch, Französisch und Niederländisch – in den Sprachen, in denen Anne Frank ihre Gedanken verfasste und niederschrieb. Der Niederländische Originaltitel lautet „Het Achterhuis“ – „Das Hinterhaus“.

Viele Besucher empfanden die Veranstaltung als schönen Rahmen für diesen Geburtstag und zahlreiche dankbare Einträge in das Gästebuch bezeugen dies. Über ein halbes Jahrhundert nach ihrem Tod ist sie immer noch mahnend präsent und zeigt uns, wie wir Rassismus, Unterdrückung und Gewalt mit Worten entgegentreten können und müssen – ein kleines Mädchen namens Anneliese Marie Frank hat das geschafft.


Die Autorin studiert Kommunikationsmanagement mit dem Schwerpunkt Politikkommunikation an der Business School Berlin Potsdam – Hochschule für Management und absolvierte ein Praktikum in der Redaktion von _aktuell_ .