Gedenken und Erinnern ist ein lebendiger Prozess in Berlin, der keinen Stillstand kennt. Wie könnte es auch anders sein in Anbetracht der wechselvollen Geschichte dieser Stadt. War 2012 das Jahr des 775 jährigen Stadtjubiläums, schließt sich 2013 als ganz anderes Gedenkjahr an. Diesmal geht es nicht wie beim Stadtgeburtstag um Berlins mittelalterliche Wurzeln und die Verdienste von Einwanderern für die Entwicklung der Stadt. 2013 ist vielmehr das Jahr, in dem wir an den Beginn der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft erinnern und damit an die brutalste Zäsur in der Geschichte Berlins.
Welch eine Tragik liegt über dem 30. Januar 1933. Denken wir an die Folgen des Nazi-Terrors zurück, an die Opfer des Rassenwahns, die vertriebenen und ermordeten jüdischen Berlinerinnen und Berliner, die Sinti und Roma oder die Opfer der Euthanasie, erinnern wir uns der verfolgten Regimegegner, der vielen Millionen Opfer des von den Nazis begonnenen Krieges oder der – als Folge der brutalen NS Kriegsführung – Zerstörung der Stadt, dann werden wir immer noch von Wut und Trauer ergriffen. Auch nach 70 Jahren lesen wir in den Büchern der Historiker fassungslos, wie die Demokratie von Weimar, wie Freiheit und Rechtsstaat gedankenlos verspielt wurden. Ein Fanal war die Ermordung des jüdischen Reichsaußenministers, Industriellen und Intellektuellen Walther Rathenau durch rechtsradikale Terroristen vor 90 Jahren, am 24. Juni 1922. Dieser feige Terrorakt nahm der jungen und fragilen Demokratie eine ihrer herausragenden Persönlichkeiten. Zu jener Geschlossenheit, mit der es diese Freveltat öffentlich betrauerte, fand das demokratische Deutschland in der Weimarer Zeit nie wieder. Aus Anlass des 90. Todestages Walther Rathenaus wurde die imposante Grablege der Familie Rathenau auf dem Waldfriedhof Oberschöneweide restauriert. Sie ist einen Besuch wert.
Auch diese Ausgabe von aktuell steht im Zeichen des Gedenkens. Der Beitrag „Zerstörte Vielfalt“ von Dorett Auerswald stellt Ihnen das Programm des Themenjahres über Berlin in der Zeit des Nationalsozialismus vor. Ich kann Ihnen versprechen: Es lohnt sich, aus diesem Anlass auch mal wieder nach Berlin zu reisen.
Im Rahmen dieses Themenjahres eröffnet auch das Dokumentationszentrum NS-Zwangsarbeit eine neue Dauerausstellung. Diese wie auch das Dokumentationszentrum selbst werden in dieser Ausgabe vorgestellt. Die Erforschung der Zwangsarbeit im NS-Staat ist ein vergleichsweise noch junges Feld. Deshalb suchen die Ausstellungsmacher noch Zeitzeugen und Exponate. Wer helfen kann, wende sich bitte an das Zentrum. Die Adresse steht am Ende des Beitrags. Allen, die dazu beitragen, dieses schreckliche Kapitel der Nazi-Herrschaft weiter aufzuklären, sei auch von dieser Stelle aus herzlich gedankt. Apropos Verdienste und Dank. Das Land Berlin zeichnet verdiente Bürgerinnen und Bürger auf vielfältige Weise aus. Der Beitrag von Florian Schmidt in diesem Heft erläutert Ihnen, welche Ehrungen es gibt und wofür sie verliehen werden. Aber das ist längst nicht alles, was diese Ausgabe von aktuell zu bieten hat. Sie ist so anregend und vielfältig wie die Stadt, über deren Leben sie berichtet. Aber lesen Sie selbst. Eine anregende Lektüre wünscht Ihnen
Ihr