Als alter, und passionierter, Berliner, der immer Weihnachten, und manchmal auch Sommerwochen, in Berlin verbringt, entdeckte ich im Berlin Geschäft, Unter den Linden das Langenscheidt „LILLIPUT BERLINERISCH“. Ich war ganz verwundert, fasziniert, das Berlinern ne legitime ‚Sprache‘ ist! Und ich konnte die Ausdrücke, die Aussprache, in den Stimmen meiner Eltern hören, waren mir aus der Kindheit bekannt… (Ich kaufte am Ende so 20 von den Lilliput Büchlein, um meinen Freunden in Berlin Berlinerisch beizubringen!) Aus Nostalgie und aus Sprachinteresse – das kriegt man, wenn man in zwei bis drei Sprachen lebt! – ging ich zu Dussmann, hoffte ein größeres, allumfassendes, ein ‚Goliath‘ Langenscheidt Berlinerisches Wörterbuch zu finden, aber das gab es nicht. Ich fand aber fünf weitere berlinerische Wörterbücher, und unter denen war „DER BERLINER JARGON“ von Jan Eik. Und da stellte sich etwas für mich persönlich ganz Wesentliches heraus. Ich entdeckte, dass ich nicht Hochdeutsch spreche, sondern Berlinerisch! Mit 87 ½ wurde mir bewiesen, dass ich wirklich (!) ein Berliner bin! Ich hatte schon länger eine Frage, warum mein bester Freund in Berlin, Akademiker, Käse mit ‚ä‘ ausspricht, was für mich pedantisch klingt, wie Theatersprache, und ich ‚Kese‘ sage. Und heute habe ich die Antwort! Mein Freund hat mich auch zurechtgewiesen, weil ich Savignyplatz falsch ausspreche – meine Pension ist die Bleibtreustraße runter – dass bei Herrn Savigny die erste Silbe betont wird. Und da steht in Jan Eiks Buch, dass die Berliner Savignyplatz sagen. Wie ich. Und dann ertappte ich mich auch mit ‚siemte‘, ‚Kürche‘, ‚orntlich‘, ‚ebm‘ – ich gehe nicht so weit, dass ich ‚ebent‘ sage! – Und ich sage ‚Balkong‘. Und ich sage Sonnabend, nein, eigentlich ‚Sonnammt‘. Und es stört mich jedes Mal, wenn ich es sehe, dass man nach Stadt Mitte fährt, anstatt in die Stadt. Das WAR doch die Stadt Berlin, wie die City of London, und ich wohne in Westminster, westlich von der City, wie Charlottenburg. Als mein Großvater an den Kurfürstendamm zog, um 1900, hatte er auf der Visitenkarte einen Stadtplan, denn das war damals jwd… Durch mein ‚Studium‘ kommen mir Wörter in den Sinn, Ausdrücke, und ich weiß gar nicht, ob sie existieren. Zwei derer: ‚Vermaledeit‘. ‚Dreikäsehoch‘…
Das Leben ist voller Ironie, denn als ehemaliger Schauspieler, Regisseur und Lehrer an Theaterschulen in meiner zweiten Heimat, spreche ich bestes Theater Englisch, und kein Cockney!