Mein Umzug nach Evanston, einem Vorort Chicagos, vor etwa vier Jahren war eine große Umstellung für mich. Ich hatte plötzlich keinen Job, keine Freunde, kein Berlin – aber dafür furchtbar lange und kalte Winter zu bestehen.
Ich behielt zwar meine Position als „Director Germany“ für Elderhostel / Exploritas, aber ich vermisste die Interaktion mit meinen Senioren. Ich konnte meine Seminare auch weiterhin aus den USA planen und koordinieren, aber meine geliebten Vorträge machten nun andere Historiker in Berlin. Überdies waren die letzten beiden Jahre aufgrund der Wirtschaftskrise kein Zuckerschlecken vor allem für die amerikanische Reisebranche und auch ich hatte mit großen Umsatzeinbußen zu kämpfen.
Ferner kam hinzu, dass ich keinen rechten Zugang zur amerikanischen Gesellschaft fand: Ich hatte zwar während meines Studiums mit einem DAAD Stipendium ein Jahr an der EMORY University in Atlanta, Georgia, verbracht, der amerikanische Way of Life war mir also nicht fremd. Aber trotzdem hatte ich Schwierigkeiten, Freunde zu finden und tiefer gehende Kontakte zu knüpfen und mich zugehörig zu fühlen.
Es musste sich etwas ändern, soviel war mir klar.
Anfang 2009 dachte ich über das 20-jährige Jubiläum des Mauerfalls nach und erinnerte mich, wie gut mein Vortrag „The Rise and Fall of the Berlin Wall“, den ich im vergangenen Jahrzehnt viele dutzend Male in Berlin für meine Gruppen gehalten hatte, bei den Gästen ankam. Mir kam die Idee, diesen Vortrag Bibliotheken und Museen hier in Chicago und Umgebung anzubieten! Und mein Plan erwies sich als sehr erfolgreich: Im letzten Jahr hielt ich meinen Mauer Vortrag genau 18 Mal, einmal sogar vor 200 Gästen! Ich war wieder ganz in meinem Element und mein Erfolg inspirierte mich zu mehr: Ich nannte meine kleine Unternehmung fortan: „anette isaacs – let´s talk about germany!“.
2010 verspricht ein sehr volles und interessantes Jahr zu werden, denn ich unterrichte nun auch an vier verschiedenen Lifelong Learning Instituten in Chicago und Umgebung! Außerdem habe ich anlässlich des 20. Jubiläums der deutschen Wiedervereinigung zwei neue Vorträge konzipiert: The New Germany 20 Years after Unification und Berlin 20 years after the Fall of the Wall – Metropolis and Myth.
Überdies arbeite ich gerade an einem neuen Projekt, das sich mit jüdischem Leben in Berlin und der deutschen Vergangenheitsbewältigung befasst und hoffe, dass daraus künftig ein Buchprojekt erwachsen wird.
Und natürlich habe ich meine beruflichen Wurzeln nicht vergessen: In meinem Kopf befindet sich ein faszinierendes einwöchiges Kunstseminar in Berlin, das ich, sobald sich die Reisebranche wieder erholt, in die Tat umsetzen werde, denn Berlin ist ja bekanntlich immer eine Reise wert!