„Postcards from Berlin“ – Geschichten aus Amerika

_von Linda Dommes, Rechercheassistentin bei „Postcards from Berlin“_

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Übersicht über die zahlreichen Berlins in den USA

Wenn Amerikaner den Namen „Berlin, Hauptstadt von Deutschland“ hören, entstehen meistens imaginäre „Postkarten“ vor ihrem Auge. Dazu gehören beispielsweise die mehrsprachigen Zeilen am Checkpoint Charlie „YOU ARE LEAVING THE AMERICAN SECTOR“, das futuristische Profil des Fernsehturms am Alexanderplatz oder der ehemalige amerikanische Präsident John F. Kennedy während seiner berühmten „Ich bin ein Berliner-Rede“. Die amerikanische Sichtweise auf Berlin ist vor allem von historischen und politischen Ereignissen geprägt. Die Deutschen jedoch haben bisweilen wenig bis gar keine Vorstellung von den Namensvettern ihrer Hauptstadt in Amerika. So sind Berlin, Oklahoma; New Berlin, Winsconsin; East Berlin, Pennsylvania vermutlich zunächst nicht mehr als semantische Besonderheiten.

Auch Patrizia Kommerell und Gabriel Shalom haben dieses „Postkarten- Phänomen“ während eines USA-Urlaubs erlebt: Auf dem Rückweg von einem Ausflug zum Strand im US-Bundesstaat Maryland fuhren sie auf dem Highway plötzlich an einem Schild mit der Aufschrift „Berlin“ vorbei. Neugierig geworden, nahmen sie die nächste Ausfahrt und besuchten dieses Berlin. Verglichen mit den Vorstellungen und Gedanken, die der Name „Berlin“ in Deutschland hervorruft, erschien der gleichnamige Ort in Maryland eher wie ein verschlafenes Nest. Doch gerade diese Erfahrung faszinierte den Amerikaner und seine Freundin.

Nach ihrer Rückkehr in Deutschland beginnen der Videokünstler und die Designerin zu recherchieren, und sie finden heraus, dass es über 40 amerikanische Namensvetter der deutschen Hauptstadt gibt. So entsteht die Idee, durch ein interaktives Erzählprojekt den kulturellen Austausch zwischen den zwar gleichnamigen, aber dennoch so unterschiedlichen Orten zu fördern.

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Der Water-Tower steht in Berlin, Maryland. Ein wenig ähnelt er dem Berliner Fernsehturm

Einen Kernpunkt dafür bildet die neue Internetplattform www.postcardsfromberlin.com . Die Besucher haben dort die Möglichkeit, ihre Berlin-Geschichte mit Fotos, Videos und Texten zu erzählen. Alle Leser dürfen die Beiträge kommentieren, sodass eine Erzählung interaktiv weiterentwickelt werden kann.

Außerdem hat jedes amerikanische Berlin auf der Internetseite eine eigene Rubrik mit allgemeinen Informationen, wie beispielsweise der Einwohnerzahl oder auch dem aktuellen Wetterbericht.

Im Frühjahr 2010 begann das „Postcards from Berlin“-Team, bestehend aus sechs Freiwilligen, selbst im Internet nach Fotos aus den verschiedenen Orten zu suchen. Die Recherchen waren rasch erfolgreich und oft ergab sich die Gelegenheit, per E-Mail direkten Kontakt zu Bewohnern und Besuchern der „Berlins“ aufzunehmen. Viele zeigten sich von der Idee eines Austauschs begeistert.

So berichtete der lokale Postbote, dass schon des öfteren nach Berlin (Germany) adressierte Post in seinem Zustellbezirk gelandet ist. Auch der Bürgermeister, Gee Williams, zeigte sich sehr interessiert an dem internationalen Austauschprojekt. „Der Name unseres Berlins geht zurück auf ein Lokal namens „Berlin Inn“. Im Laufe der Zeit wurde daraus der Rufname „Berlin“. Es gibt also keine direkte Verbindung zum deutschen Namensvetter“, erläuterte er bei einem Gespräch mit den beiden Besuchern.

Natürlich gehört zu einem kulturellen Austausch auch, dass sich die Amerikaner ihrerseits über die deutsche Hauptstadt informieren können. Deshalb werden ab Ende des Jahres 2010 verschiedene Kurzfilme des „Achtung Berlin“ – Filmfestivals auf der Internetseite des Postcards-Projekts zu sehen sein. Dieses Filmfestival präsentiert seit sieben Jahren aktuelle Spiel- und Dokumentarfilme, die ganz oder teilweise von in Berlin und Brandenburg ansässigen Filmproduktionen realisiert wurden. Die Filme sollen den amerikanischen Berlinern Einblicke in das Leben ihrer deutschen Namensvetterin geben.

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Der Berliner Fernsehturm, in der Nähe des Alexanderplatzes

Wenn nach einiger Zeit genug spannende Geschichten zusammengetragen wurden, ist geplant, diese Erzählungen in einem Drehbuch aufzuschreiben und direkt vor Ort zu filmen. Die somit entstehenden Filme sollen schließlich von Berlin nach Berlin mitgenommen, präsentiert und fortgesetzt werden. Aber bis es soweit ist, wird noch viel Wasser die Spree hinunter fließen und auch den St. Martin River in Berlin, Maryland.

Mittlerweile sind schon zahlreiche virtuelle Postkarten eingetroffen: Besonders viele Fotos haben die Berliner aus Maryland beigesteuert – kein Wunder, hat das Projekt doch dort seinen Ursprung. Die 3.491 Einwohner haben in diesem Jahr nochmals Besuch aus Deutschland bekommen. Kommerell und Shalom nutzen ein verlängertes Wochenende, um mit den Bewohnern vor Ort ins Gespräch zu kommen.


KS 12 Creative Studio
Project „Postcards from Berlin“
Sonntagstraße 8
D-10245 Berlin
E-Mail: contact@ks12.net
www.postcardsfromberlin.com

Nicht nur in den USA gibt es Berlins, sondern zum Beispiel auch in Afrika und sogar in Papua-Neuguinea. Wenn Sie noch mehr über Berlins in aller Welt erfahren möchten, empfehlen wir Ihnen unsere Seite im Internet: www.berlin.de/global