Eindrücke einer Reise nach Berlin

_von Hellmut J. Juretschke_

Großartige, großherzige Geste
Diese Einladung zurück nach Berlin! –
Ein Wanderzug in ein Gestern
Dessen Tiefe ist kaum zu ersehn.

Straßen mit anderen Namen,
Haus mit verändertem Tor,
Zimmers verschobene Wände,
Ratlos steht man davor.

Gräber versteckt unter Efeu,
Ruinen aus alter Zeit
Berankt in neuer Verkleidung,
Und Kastanien weit und breit.

Man stolpert auf alten Steinen,
Und Neubauten kreuz und quer,
Die Wagen sausen – behutsam –
Paradeschritt gibt es nicht mehr.

Es ist eine Stadt von Besuchern,
In Sprachen der ganzen Welt,
Jeder geht seiner Wege
Und niemand befiehlt oder bellt.

Berliner schütteln die Köpfe
Wenn sie hören von meiner Mär
Und können kaum verstehen,
Dass der Mensch so schrecklich war.

Wir fahren von Stätte zu Stätte,
Ich kenn‘ sie ja noch, und schon!
Doch ich suche jetzt nach der Zukunft
Dort wo wir endlich könnt‘ ruhn.

Es begann mit stillen Gebeten
Des Danks für die Unbekannten
Die, Pflicht oder Liebe, anständig blieben
Und damals zu Hilfe standen.

Ich fand alte und neue Freunde
Und knüpfte enge Bande
Wartend seit Jahrzehnten
Bis auf Heutes freundliche Hände.

Es ging, und die Sprache von früher
Und die altbekannten Namen und Orte
Bekamen wieder Klang und Verständnis,
Als neue Art und frische Menschensorte.

Langsam verschwanden die Gespenster unter Steinen
Und die Stadt wurde bunt und empfänglich
Und lud ein zu tief‘rer Bekanntschaft,
Und Vertrauen, gegenseitig.


Hellmut J. Juretschke
Chiffre 210101