Ein erster Blick

Tage der Offenen Tür im Neuen Museum

_Von: Heike Kröger, Senatskanzlei_

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Die Westfassade des Neuen Museums, Blick von der Schlossbrücke

Unter dem Motto „Ein erster Blick“ wurde am 6. März das Neue Museum auf der Museumsinsel für drei Tage geöffnet. Die Besucher konnten einen Rundgang durch das fertig umgebaute aber noch leere Haus machen und die unverbaute Architektur genießen. Die Reaktion war großartig. Berlin hat ein neues Schmuckstück lautete die weit verbreitete Meinung.

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Neues Museum, um 1980. Blick in Richtung der Südwand des zerstörten Modernen Saals

Museen vor der eigentlichen Eröffnung dem breiten Publikum zugänglich zu machen, ist schon Tradition in Berlin. So zog bereits das Jüdischen Museum über lange Zeit viele Besucher an, bevor überhaupt ein einziges Ausstellungsstück in den Räumlichkeiten zu betrachten war. Auch das frisch renovierte Deutsche Historische Museum und das Bodemuseum luden zur Besichtigung ein, bevor die Ausstellungen aufgebaut waren. Die Vorbesichtigung leerer Museen ist inzwischen zu einer kleinen Erfolgsgeschichte geworden.

Zu den Tagen der Offenen Tür des Neuen Museums herrschte typisches Berliner Winterwetter. Der Wind wehte die kalten Regentropfen unter die Regenschirme. Und trotzdem warteten die Besucherinnen und Besucher stundenlang darauf, eingelassen zu werden. Die Ausharrenden hatten bedingt durch die intensiven Diskussionen in den Medien im Vorfeld hohe Erwartungen – sie wurden erfüllt: Mit dem Neuen Museum hat der britische Architekt David Chipperfield ein mutiges Meisterstück vollbracht. An einzigartiger Stelle in Berlin hat er ein einzigartiges Haus wieder und neu erstehen lassen.

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Vor zwei Jahren: 2007 wird der Niobidensaal restauriert

Friedrich August Stüler hat das Neue Museum 1855 fertig gestellt. Es wurde im Zweiten Weltkrieg schwer zerstört und war danach in der DDR dem Verfall preisgegeben. Nicht einmal fachgerechte Sicherungsmaßnahmen wurden durchgeführt, so dass die Zerstörung sich auch in den Jahren nach 1945 fortsetzte. Nach der Wiedervereinigung begannen dann die Planer, sich mit der Architektur auseinander zusetzen. Aus einem Architekturwettbewerb ist dann das Konzept von David Chipperfield als Gewinner hervorgegangen.

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Der Niobidensaal heute, nach der Restaurierung. Ein Blick in den Nordkuppelsaal

Chipperfield hatte nicht vor, den Stülerbau originalgetreu wiederherzustellen. Die Schäden des Krieges und der Verfall des Museums sollten in der Architektur sichtbar bleiben – neue und alte Bauteile sollten sich deutlich voneinander abheben. Architekt Chipperfield meinte in diesem Zusammenhang: „Am Ende fragt man sich, ob andere die Arbeit verstehen. Berlin ist eine Stadt mit so vielen historischen Schichten. Unser Umgang mit der Geschichte ist da vielleicht nicht ganz falsch.“

Als herausragendes Projekt wurde das ehemalige Treppenhaus in einer zeitgenössischen Architektur wieder hergestellt und beeindruckte an den Tagen der Offenen Tür die Besucherinnen und Besucher. Hier hätte Chipperfield den Spätklassizismus wiederherstellen können. Stattdessen hat er aus alten Ziegelsteinen, einem neuartigen Beton aus Weißzement, vermischt mit sächsischem Marmor, etwas Neues geschaffen. So radikal wie beim Treppenhaus ist Chipperfield nicht an allen Stellen vorgegangen. Die Verluste an der alten Bausubstanz sind trotzdem überall sichtbar. Mosaikböden haben zum Teil Leerstellen, Mauerwerk ist nur stellenweise verputzt, Säulen wirken teilweise wie angenagt und restaurierte Fresken an Decken und Wänden sind unvollständig. Diese wiederhergestellten Spuren des ursprünglichen Baus wurden von den Besuchern genauso bewundert, wie die vielen erkennbaren Ausbesserungen. Großartig fügt sich alles zu einem neuen Ganzen – zum wirklich neuen Neuen Museum.

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Römischer Saal

Nach der Wiedereröffnung der Alten Nationalgalerie (2001) und des Bodemuseums (2006) sind mit dem Neuen Museum nun drei der fünf Bauten der Museumsinsel wiederhergestellt worden. Die Renovierung des UNESCO-Weltkulturerbes geht also weiter: Nun ist man gespannt auf das zukünftige neu zu schaffende Eingangsgebäude für den Museumskomplex der Museumsinsel, das ebenfalls vom Stararchitekten Chipperfield geplant wird. Der Bau dieses Eingangsgebäudes – zwischen Kupfergraben und Neuem Museum gelegen – soll 2010 beginnen. Spätestens bis zum Jahr 2026 sollen dann mit der Restaurierung des Pergamonmuseums sowie des Alten Museums die Arbeiten auf der Museumsinsel beendet sein. Aber erst einmal steigt die Spannung auf die Eröffnung des Neuen Museums. Ab dem 16. Oktober wird es mit den Ausstellungsstücken zu bestaunen sein. Vom Schädel des Neandertalers bis hin zur weltberühmten Büste der Königin Nofretete reichen die Schätze der frühen Menschheitsgeschichte, die ausgestellt werden. Und sicherlich werden ab und zu die Blicke weg von den Kunstwerken hin zum Mauerwerk des Museums schweifen und die Spuren der Zeit betrachten. Das Neue Museum ist selbst zum Exponat geworden.


Neues Museum
Bodestraße 1-3
10178 Berlin
Tel.: 49 30 2663660
www.smb.spk-berlin.de