Das Humboldt-Forum entsteht

_von: Dr. Frank Ebbinghaus, Senatskanzlei_

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Der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit mit dem Architekten Francesco Stella auf dem Balkon des Berliner Rathauses

Als die Jury des Wettbewerbs für den Wiederaufbau des Berliner Stadtschlosses Ende November 2008 ihr Votum verkündete, da staunte der Laie und mancher Fachmann wunderte sich: Gewonnen hatte mit Francesco Stella ein weitgehend Unbekannter. Dem Italiener, der im venetischen Thiene ein Architekturbüro betreibt und sein Wirken bis dato im Wesentlichen auf seine norditalienische Heimat beschränkt hatte, wird mit dem zum Humboldt-Forum umgewidmeten Berliner Stadtschloss das vielleicht bedeutendste Kulturbauwerk Deutschlands anvertraut. Die Jury-Entscheidung fiel einstimmig, und am Ende waren alle Beteiligten voll des Lobes für den Siegerentwurf. Darin schwang neben Wertschätzung gewiss auch eine Spur Erleichterung mit.

Denn heftig war im Vorfeld der Preisrichter-Entscheidung debattiert worden, ob bei den klaren Vorgaben des Wettbewerbs überhaupt etwas herauskommen könne, das der symbolischen Bedeutung des Ortes angemessen wäre und die Gestaltungsabsicht mit der Nutzungsidee des Bauwerkes versöhnen könne. Nach einhelliger Meinung ist genau dies Stellas Entwurf geglückt.

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Rechts im Modell ist das Humboldt-Forum zu sehen, links der Berliner Dom

Außen barocke Schlossfassade, innen modernes Humboldt-Forum, das ganze möglichst nicht als städtebauliches Ungetüm, und der Kostenrahmen von 552 Millionen Euro sollte auch eingehalten werden: So einfach und zugleich hochkompliziert war die Herausforderung, die Stella nach Meinung der Jury am besten gemeistert hat. An drei Seiten wird die barocke Fassade rekonstruiert, die historischen Innenhöfe fehlen ebenso wenig wie die drei Portale und auch an eine Kuppel hat Stella gedacht.

Als städtebaulich besonders gelungen wird seine Idee gepriesen, nicht nur in der ost-westlichen Hauptrichtung für eine Verbindung zu sorgen, sondern auch zwischen dem Nord- und Südportal. So entsteht auch von Norden her eine Passage zur Museumsinsel. Allgemeine Kritik zog dagegen die Gestaltung der zur Spree gelegenen Fassade auf sich. Dort will Stella eine dreigeschossige, offene Loggia errichten, von der aus Besucher Richtung Alexanderplatz schauen können. Die Anmutung dieses Belvedere erinnerte einen Kritiker an „sozialen Wohnungsbau der überkandidelten Art“. Wie bei solchen Großprojekten üblich, wird gewiss auch Stellas Entwurf manche Nachbesserung erfahren.

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Hier ist links das Modell des Architekten Stella zu sehen – an der Wasserseite ist geplant, die Fassade modern zu gestalten

Was aber geschieht im Innern? Werden historische Räume rekonstruiert? Wie kann der immense Platzbedarf der Preußenstiftung gestillt werden? Und schließlich: Wie inszeniert man ein Haus, das die außereuropäischen Sammlungen der Staatlichen Museen zu Berlin, eine Auswahl des wissenschaftlichen Archivs der Humboldt-Universität sowie Bestände der Landesbibliothek aufnimmt und nicht weniger sein will als ein „Zentrum der Weltkulturen“ und „Symbol für das Kulturverständnis der Bundesrepublik Deutschland“?

Diese Debatte hat gerade erst begonnen. Und sie könnte sehr fruchtbar werden, weil es um das kulturelle Selbstverständnis des wiedervereinten Deutschland und seiner Hauptstadt geht. Berlins kulturelles Zentrum steht für einen Bildungskosmos, in dem die Öffnung zu außereuropäischen Kulturen (Humboldt-Forum) gleichrangig ihren Platz erhält mit der „Menschheitsgeschichte des werdenden Europas“ (Museumsinsel).

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So soll der Schlüterhof einmal aussehen

Dass daraus nicht nur kulturelle Funken sprühen, meint auch Berlins Kulturstaatssekretär André Schmitz: „Die Präsentation Deutschlands als Wissensgesellschaft, die außereuropäischen Kulturen auf Augenhöhe begegnet, das wäre ein Anspruch, der unsere Kompetenz auch auf anderen Gebieten erhöhen könnte: Etwa bei der Integration von Menschen unterschiedlicher Herkunft. Auch könnte Deutschland im Dialog der Weltkulturen innerhalb der Völkergemeinschaft neues Ansehen gewinnen.“

Vor allem aber soll das Humboldt-Forum, so der Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, Hermann Parzinger, ein „Museum des 21. Jahrhunderts“ werden, das zeige, „warum sich der Mensch in den verschiedenen Regionen der Erde so und nicht anders entwickelt hat“. Darüber werden sich Experten die Köpfe zerbrechen. Die Zeit drängt. Schon für das nächste Jahr ist der Baubeginn angesetzt, 2014 soll das Humboldt-Forum fertig sein.