DDR/BRD: Geteilte und verfälschte Erinnerung an Hans Litten
Zunächst die DDR. In Ost-Berlin wurde 1951 die Neue Friedrichsstraße nach Hans Litten umbenannt. Eine Gedenktafel erinnerte scheinbar ohne Parteinahme an den „unerschrockenen Kämpfer für Menschlichkeit und Frieden“. Doch Litten diente der DDR-Staatsführung auch als Vorbild für ihre späteren „Volksrichter“, und schon sehr bald verfälschte man das Bild des unbequemen Anwalts, wie Rafael Dolabella Portella herausfand, und verdrehte seine Vita, bis sich der parteikritische Marxist passgenau in das kommunistische Weltbild der DDR fügte.
In der alten Bundesrepublik wurde die Erinnerung an Litten fast vollständig verdrängt. Seine marxistischen Ideale widersprachen der hier herrschenden antikommunistischen Ideologie.
Über Littens jüdische Wurzeln schwieg man sich in beiden Teilen Deutschlands 60 Jahre lang aus. Zu unbequem war die Mahnung an den deutschen Völkermord, die in seiner Person lebendig blieb. Stattdessen gab es Versuche, Litten einen abstrakten christlichen Humanismus zu unterstellen, der sowohl dazu diente, Litten zu entpolitisieren als auch seine aktiv gelebte Verwurzelung in der deutsch-jüdischen Kultur zu verleugnen.
In diesem Geflecht des Erinnerns und Verdrängens fand Rafael Dolabella Portella die Antwort auf seine Fragen. Erst in den letzten Jahren kehre im öffentlichen Gedenken die Person zurück, die Hans Litten wohl am ehesten gewesen sei, so der 14-jährige: Ein unbequemer und unerschrockener Anwalt, der zutiefst demokratisch seinem eigenen Gewissen und seinen eigenen Idealen folgte, ohne sich dabei von einer Partei in Dienst nehmen zu lassen.