Bemerkenswerterweise wurde die Aktion nicht von der NSDAP oder einem Ministerium, sondern von der Deutschen Studentenschaft (DSt) organisiert und durchgeführt. Sie trug die Bücher, der auf der „Braunen Liste verbrennungswürdiger Literatur“ genannten jüdischen und regimekritischen Autoren, zusammen. Sogenannte Feuersprüche ausrufend warfen Studenten, Professoren und NS-Organe die Bücher ins Feuer. Diese vorgegebenen Parolen sollten eine einheitliche symbolische Grundlage bilden und ertönten mit leichten Abweichungen landesweit. Zehntausende Bücher von fast 500 Schriftstellern, Wissenschaftlern und Publizisten gingen in den Flammen verloren, darunter Werke von Berthold Brecht, Sigmund Freud, Erich Kästner, Heinrich und Klaus Mann oder Kurt Tucholsky. Erich Kästner war wahrscheinlich als einziger Autor persönlich – verborgen in der Menschenmenge – bei der Bücherverbrennung in Berlin zugegen. Er berichtete später in dem Sammelband „Bei Durchsicht meiner
Bücher“:
„Und im Jahre 1933 wurden meine Bücher in Berlin, auf dem großen Platz neben der Staatsoper, von einem gewissen Herrn Goebbels mit düster feierlichem Pomp verbrannt. Vierundzwanzig deutsche Schriftsteller, die symbolisch für immer ausgetilgt werden sollten, rief er triumphierend bei Namen. Ich war der einzige der Vierundzwanzig, der persönlich erschienen war, um dieser theatralischen Frechheit beizuwohnen.
Ich stand vor der Universität, eingekeilt zwischen Studenten in SA-Uniform, den Blüten der Nation, sah unsere Bücher in die zuckenden Flammen fliegen und hörte die schmalzigen Tiraden des kleinen abgefeimten Lügners. Begräbniswetter hing über der Stadt. …“
Für viele der Autoren bedeuteten die Bücherverbrennungen jedoch das endgültige Aus ihres künstlerischen Schaffens. Zwar überlebten einige in der Emigration, doch fanden Sie nie wieder die Kraft, an ihr früheres Werk anzuknüpfen. Mancher wählte den Freitod, ein unvollständiges Werk hinterlassend. Viele Namen lassen sich nur noch den Listen entnehmen, ihre Werke sind heute nicht mehr in Buchläden und Bibliotheken zu finden. Das Stadtportal Berlin.de hat aus Anlass des 75. Jahrestags die Liste der vom NS-Regime verbotenen Schriften im Internet zugänglich gemacht. Die Liste ist unter www.berlin.de/rubrik/hauptstadt/verbannte_buecher/ einsehbar. Sie ist durch zahlreiche Suchfunktionen recherchierbar und durch historische Informationen sowie weitere Dokumente ergänzt.
Große Bemühungen um die Erinnerung gerade an unbekannte Autoren, die heute zu Unrecht in Vergessenheit geraten sind, unternimmt das vom Moses Mendelssohn Zentrum ins Leben gerufene Projekt „Bibliothek Verbrannter Bücher“. Unter der Leitung von Prof. Dr. Julius H. Schoeps wurden 120 Bücher, die von den Nationalsozialisten verbrannt worden sind, für eine Neuedition ausgewählt.