Deutschlands bekanntester Kameramann Michael Ballhaus hat sich aus Hollywood zurückgezogen. Jetzt lebt der 72-Jährige wieder an der Spree – und dreht einen Film über seine Geburtsstadt.
Es gibt so vieles, wofür es sich lohnt, in Berlin zu leben. Zum Beispiel: Spazieren gehen am Schlachtensee. Oder: die riesige Auswahl an Theatern und Kinos. Oder: das Autofahren. In den meisten anderen Metropolen der Welt sei das praktisch nicht mehr möglich, sagt Michael Ballhaus. „In Berlin geht es wunderbar.“
Er ist Deutschlands bekanntester Kameramann. Er hat Filme gedreht wie „Bram Stoker‘s Dracula“, „Good Fellas“ und „Gangs of New York“. Die größten US-Stars standen vor seiner Kamera. Und er war dreimal für den Oscar nominiert. Nach 25 Jahren in Hollywood ist Michael Ballhaus jetzt, mit 72, in seine Geburts- und Heimatstadt Berlin zurückgekehrt.
Hier hat er nun wieder seinen Lebensmittelpunkt, aber ausruhen will er sich nicht. Gerade dreht Ballhaus einen Dokumentarfilm. Es soll eine Liebeserklärung an Berlin werden – aber auch „ein Versuch, diese Stadt zu begreifen und zu erklären“. Dazu hat er sich mit seinem Partner, dem argentinischen Filmemacher Ciro Cappellari, ein Konzept ausgedacht: Einzelne Berliner sollen ihre Sicht auf die Stadt verraten. Und erklären, warum sie hier leben und nicht woanders. Es ist eine bunte Mischung geworden: Berlinale-Chef Dieter Kosslick ist genauso dabei wie Moderatorin Maybrit Illner und Joachim Sartorius, der Intendant der Berliner Festspiele. Auch die Chefs des Architekten-Büros Graft, die Freunde von Brad Pitt, werden befragt. Dazu Schauspielerin Angela Winkler sowie der Macher der Strandbar „Kiki Blofeld“. Und Produzent Ballhaus hofft, dass der noch namenlose Streifen auf der nächsten Berlinale läuft. Natürlich nur, wenn er gut wird und Kosslick ihn haben will.
In Hollywood war Michael Ballhaus der Lieblings-Kameramann von Regisseur Martin Scorsese, zuletzt haben beide bei „Departed – Unter Feinden“ zusammengearbeitet. Derzeit haben sie keinen Kontakt, weil Ballhaus mit seinem Berlinfilm und auch Scorsese mit seiner nächsten Produktion beschäftigt ist. Aber wenn der Stress vorbei ist und Ballhaus mal wieder in New York ist – dort hat er noch eine Wohnung -, wird er sich mit dem Regisseur treffen. Vielleicht zu einem Essen, sagt Ballhaus. Und natürlich will er im Studio die ersten Bilder von Scorseses Projekt sehen.
Ganz weg aus Berlin war er nie. Während seiner Zeit in Hollywood hatte er immer eine Wohnung hier, im Südwesten der Stadt. „Am Anfang hat mir Berlin überhaupt nicht gefehlt, wegen der vielen Arbeit war ich abgelenkt“, sagt er. „Ich wollte die Berlin-Wohnung zwischenzeitlich schon aufgeben, aber meine Frau war strikt dagegen.“ Eine weise Entscheidung: So konnte Ballhaus zwischen den Drehs immer wieder nach Berlin zurück, war oft Gast bei der Berlinale und dozierte an der Deutschen Film- und Fernsehakademie. Auch jetzt arbeitet er noch mit Filmstudenten zusammen, gemeinsam drehen sie kurze Filme, die sich mit dem Klimaschutz befassen. Ob Ballhaus seinen Studenten empfiehlt, den Sprung nach Hollywood zu wagen? „Das muss man nicht machen“, sagt er. Weil es so verdammt schwer ist, sich dort zu etablieren.
Michael Ballhaus hat mit Größen wie Robert Redford, Jack Nicholson und Robert De Niro zusammengearbeitet. Aber am meisten hält er von Leonardo DiCaprio. Mit dem ist er bis heute gut befreundet. „Leo ist einer der konzentriertesten und am besten vorbereiteten Schauspieler, die ich kenne“, sagt er. „Und er ist trotz seines Erfolgs absolut auf dem Teppich geblieben.“ Aber da ist noch etwas, das den Deutschen beeindruckt: „DiCaprio kümmert sich rührend um seine Mutter. Schon allein deshalb muss man ihn mögen“, sagt Ballhaus.