"Wiedergeburt Bode"

bislang ungesehene Bilder von der Entstehung des Museumswasserschlosses

_von Matthias Henkel (Text), Staatliche Museen zu Berlin
und Jürgen Hohmuth (Bilder), Zeitort-Dokumentarfotographie_

Am 17. Oktober 2006 änderte sich die Sicht auf die Welt – zumindest, wenn man den Blick auf die nationale und internationale Museumslandschaft fokussiert. Mit der Wiedereröffnung des Bode-Museums gelang ein zweiter, ein großer Schritt auf dem Weg zur Vollendung des 1999 beschlossenen Masterplans Museumsinsel Berlin – nach der glanzvollen Eröffnung der Alten Nationalgalerie im Jahre 2001. Die einzigartige Insel der Kunst ist nun wieder um eine Attraktion reicher geworden: Über 1800 Skulpturen, mehr als 200 Gemälde, Möbel, Hunderte von Münzen auf über 6400 Quadratmetern Ausstellungsfläche haben ein wirkliches Museumswunder geschaffen.

Mitunter könnte man meinen, dass die Museumsobjekte selbst die ersten Schaulustigen waren, die diesem Werden ihrer neuen und zugleich angestammten Heimstatt mit großer Aufmerksamkeit folgten – sich gleichsam vorsorglich in „Positur“ brachten, um den Wettbewerb um die Gunst des Publikums zu beginnen.

Zweifellos ist der Auftritt des Großen Kurfürsten in der Großen Kuppel mondän – ganz in Herrscherpose scheint der Fürst dem Besucher gleichsam entgegen zu reiten. Auf den zweiten Blick erkennt der geübte Museumsgast, dass es sich bei der Skulptur um eine Galvanoplastik von 1901 handelt, während der steinerne Sockel in der Tat original ist. Der großen Geste tut dies zweifellos keinen Abbruch und eine solch monumentale Galvanoplastik aus der Zeit um 1900 ist heute zugleich auch ein industriegeschichtliches Denkmal. Auch der zweite Raum auf der so genannten Großen Achse ist ganz geprägt von der Handschrift des großen Bildhauers Andreas Schlüter: Hier wandelt der Besucher zwischen Skulpturen, die einst die Villa Kamecke geziert haben.

Fast spitzbübisch scheint die Vorfreude dieser italienischen Bürgerin zu sein. Bildnis einer jungen Dame, „Prinzessin von Urbino“, Urbino, 2. Hälfte 15. Jahrhundert Jahrhundert.

Aufbauzeit – die Welt in gefährlicher Schräglage Madonna mit Kind, aus dem Vintschgau, um 1650.

 

Engel können fliegen – zumindest im Museum. Altargruppe von Antonio Begarelli in der Basilika des Bode-Museums, Modena, um 1535.

Gerüstet für den großen Auftritt. Reiterstandbild des Großen Kurfürsten Friedrich Wilhelm in der Kuppel des Bode-Museums (Galvano-Kopie, Originalstandbild heute vor dem Schloss Charlottenburg).

 

Kopflosigkeit wäre fehl am Platze, wenn es um das richtige Arrangement der Objekte geht. Haupt Johannes des Täufers in einer Schüssel, südliche Niederlande, um 1430.

 

Muskelspiel im Gegenlicht. Herkules, Florenz, um 1490.

Facelifting für das Treffen mit dem Publikum. Spätmittelalterliches Retabel im Bode-Museum.

 

Meinen Segen habt ihr… Reliquienbüste eines heiligen Bischofs, Brüssel, um 1510/20.

 

Letzter Schutz vor dem Baustaub.

Mobile Hebetechnik kommt zum Einsatz, um die Figuren von Andreas Schlüter ins rechte Licht zu rücken. Apoll aus der Gruppe „Apoll und Daphne“ von Andreas Schlüter, 1712; ursprünglich auf dem Dach der kriegszerstörten Villa Kamecke in der Dorotheenstadt.

 
In der Basilika ankommend, vermutet sich der entrückte Museumsgast schließlich in Italien. Mit Recht, so könnte man sagen – und obendrein in größter Absicht des Museumsgründers Wilhelm von Bode. Ihm ging es bereits bei der Einrichtung des Hauses um die Schaffung eines Gesamtkunstwerkes: Architektur, Malerei, Möbelkunst und Skulptur – das waren die „Materialien“, mit denen der Direktor ein völlig neues Museumskonzept entwarf und damit gleichzeitig Museumsgeschichte schrieb. Heute ist uns sein Konzept der „Period-Rooms“ nur deshalb so vertraut, weil es seit der Gründung des Bode-Museums im Jahr 1904 weltweit Anklang gefunden hat.

Um die Wiedergeburt dieses Hauses – angepasst an unsere heutigen Sehgewohnheiten – auch im Nachhinein für unsere Museumsfreunde erlebbar zu machen, entschlossen wir uns für die spannende Zeit der Einrichtungsphase im Sommer und Herbst des Jahres 2006 eine fotografische Dokumentation erstellen zu lassen. So können wir heute diesen Entstehungsprozess nachvollziehen und die stille und zugleich mächtige Inbesitznahme des Museums durch seine Objekte nacherleben. Während also alle Welt in diesen Tagen auf das kleine Eisbären-Kind Knut im Zoologischen Garten Berlin schaut, können wir die Zeitlosigkeit eines einzigartigen Momentes beobachten – die „(Wieder)Geburt“ eines Museumsschlosses im Herzen Berlins!

Dass gleichzeitig zur Eröffnung auch die neue Monbijoubrücke ihrer Bestimmung übergeben wurde, darf als städtebaulicher Glücksfall bezeichnet werden, denn nur so ist jetzt auch der direkte Weg aus Berlin Mitte auf die Museumsinsel möglich. So nimmt es nicht Wunder, dass die Berlinerinnen und Berliner und die vielen auswärtigen Gäste und Touristen dieses neue Kultur-Highlight mit Begeisterung wieder in Besitz nehmen: Von Oktober 2006 bis März 2007 zählte das Haus über 350.000 Besucher!


Bode-Museum
vormals Kaiser Friedrich Museum
Skulpturensammlung und Museum für Byzantinische Kunst
Werke der Gemäldegalerie
Münzkabinett
Bodestr. 1-3
10178 Berlin
Museumseingang: Monbijou-Brücke
Info-Telefon: 49 30 20905577
www.smb.museum