Himmlische Musik mit Sternkindern

Junge musikalisch Hochbegabte werden am Julius-Stern-Institut gefördert - und bei Konzerten gefeiert

_von Heike Vecchini, Mitglied im Beirat des Europäischen Freundeskreises des Julius-Stern-Instituts_

„Berlin, du hast Wunderkinder!“ titelte die Sonntagsausgabe einer überregionalen deutschen Tageszeitung im Juli 2007. Und an Wunder grenzt es tatsächlich, was die Jungstudenten des Julius-Stern-Instituts musikalisch zu bieten haben. Es sind Ausnahmetalente zwischen 9 und 19 Jahren, die ihrem Publikum regelmäßig beweisen, dass jugendliches Alter auf der einen Seite und Disziplin und Können auf der anderen Seite sich nicht ausschließen.

Die jungen hochbegabten Musikerinnen und Musiker werden am Julius-Stern-Institut, das zur Universität der Künste Berlin (UdK) gehört, von Professoren der UdK unterrichtet. Sie gehen zur Schule, wie alle anderen Kinder und Jugendlichen auch, aber weil sie ein besonderes musikalisches Talent besitzen, erhalten sie zwei- bis dreimal in der Woche am Julius-Stern-Institut (JSI) Unterricht in einem instrumentalen Hauptfach sowie in Musiktheorie und Gehörbildung. Bühnenerfahrung sammeln sie bei Konzerten als Solisten, im Kammerorchester oder im Ensemble der 12 Cellisten des Julius-Stern-Instituts.

Der Vorläufer des Instituts wurde 1850 unter anderem vom jüdischen Musikpädagogen und Chorleiter Julius Stern gegründet. Nach 1933 wurde das privat betriebene Stern’sche Konservatorium gleichgeschaltet. Nach dem Zweiten Weltkrieg blieb die Schule in der Hand des städtischen Konservatoriums und wurde 1966 als Julius-Stern-Institut Teil der damaligen Hochschule für Musik, die 2001 in Universität der Künste umbenannt wurde.

Zur Ausbildung am JSI gehören auch Auftritte vor anspruchsvollem Publikum. Beifallsstürme, Begeisterung und Anerkennung erleben die jungen Musiker bei jedem Konzert und sie haben sich nicht nur in Berlin einen hervorragenden Ruf erspielt. Auch auf Konzertreisen unter anderem nach Belgien und Spanien sowie in zahlreichen deutschen Städten haben sie das Publikum gefesselt.

Die 12 Cellisten proben unter der Leitung von Prof. de Oliveira Pinto.

Viele der Hochbegabten sind mehrfach preisgekrönt und trotzdem bescheiden. In Interviews betonen sie immer wieder, dass sie sich als „normale Jugendliche“ sehen, die viele Interessen mit ihren Altersgenossen teilen. Aber sie verschweigen auch nicht, was sie für den Erfolg und für das Privileg, am JSI unterrichtet zu werden, leisten müssen. Drei Stunden am Klavier, das ist zum Beispiel für die zehnjährige Elisabeth Lingthaler das übliche Tagespensum. Das geht nicht ohne Disziplin, aber auch nicht ohne Leidenschaft und Hingabe.

Diese Hingabe der jungen Künstlerinnen und Künstler, die unglaubliche Konzentration am Instrument, das sich Verlieren in der Musik – das alles macht jedes einzelne Konzert zum unvergesslichen Ereignis. Die Proportionen der Instrumente scheinen bei einigen Kindern nicht im rechten Verhältnis zu ihrer Körpergröße zu stehen, die Bewunderung für ihre Virtuosität und das musikalische Erlebnis sind umso größer.

Ohne die Leistungen der jungen Talente wäre das JSI nicht das, was es ist. Aber auch nicht ohne das Engagement der Leiterin des Instituts, Frau Prof. Wagner-Dix, der 44 Musikprofessorinnen und -professoren, der Assistentinnen und der vielen anderen guten Geister, die den Lehrbetrieb, die Konzerte, die Auslandsreisen organisieren und immer als Ansprechpartner für die Jungstudenten zur Verfügung stehen. Frau Prof. Doris Wagner-Dix wurde im April 2007 für ihr beispielhaftes Engagement in der musikalischen Nachwuchsförderung mit dem Bundesverdienstkreuz am Bande ausgezeichnet.

Dass die Sternkinder und ihre herausragenden Leistungen immer bekannter werden, ist auch dem Engagement des vor zwei Jahren gegründeten Europäischen Freundeskreises des Julius-Stern-Instituts zu verdanken. Er unterstützt die Arbeit des JSI durch verstärkte Öffentlichkeitsarbeit, durch Netzwerkbildung, Sponsoring und nicht zuletzt durch Spenden und Mitgliedsbeiträge. Hier wird nicht geklagt über fehlende Mittel der öffentlichen Hand, hier wird erfolgreich bürgerschaftliches Engagement betrieben. Der Freundeskreis hat unter anderem zahlreiche Konzerte im In- und Ausland ermöglicht.

In den Konzerten wird nicht nur Bühnenerfahrung gesammelt. Sie sind die Krönung vieler Übungsstunden.

Es gibt vielfältige Formen der Förderungfür die jungen Künstler. Die 18-jährige Pianistin Anastassya Dranchuck beispielsweise erhält ein monatliches Stipendium von einer musikbegeisterten Stifterin. Andere Sponsoren stellen die Mittel für Instrumente oder festliche Bühnenkleidung zur Verfügung oder finanzieren den Aufenthalt ausländischer Jungstudenten in Berlin. Das ist wichtig, weil nicht alle junge Musiker aus Elternhäusern kommen, die die erforderlichen finanziellen Aufwendungen ohne Probleme tragen können.

Am JSI trifft sich die Welt unter dem gemeinsamen Dach der Musik. Von den derzeit 70 Sternkindern kommen 22 aus Ländern der ganzen Welt, wie z.B. Südkorea, Russland, Kasachstan, den Philippinen. Der Leiter der 12 Cellisten, Prof. Matias de Oliveira Pinto, stammt aus Brasilien, Zvi Carmeli, Dirigent des Julius-Stern-Kammerorchesters, aus Israel, andere Professorinnen und Professoren aus Frankreich, England und Polen.

In aller Welt befinden sich auch viele der Absolventen des JSI und seinem Vorläufer. Die im letzten Jahr in New York verstorbene Komponistin und Musikprofessorin Ruth Schonthal war von 1930 bis 1935 die jüngste Studierende am Stern’schen Konservatorium der Musik. Sie musste 1938 emigrieren, mit noch nicht einmal 14 Jahren, und konnte – nach vielen Umwegen im Exil – von 1946 bis 1948 bei Paul Hindemith an der Yale Universität studieren. Auch sie galt im Berlin der Dreißigerjahre als Wunderkind.

Alban Gerhardt, der zu den bedeutenden Cellisten unserer Zeit gehört, Viviane Hagner, die zum Beispiel unter der Leitung von Abbado, Nagano, Barenboim musizierte, Severin von Eckardstein, der unter anderem den renommierten Wettbewerb „Grand Prix International Reine Elisabeth“ gewann und auf bedeutenden internationalen Konzertpodien konzertiert – diese jungen Musiker, beispielhaft für viele andere, begannen ihre Karriere am JSI. Und das Institut wird auch für die Zukunft noch Einiges zu bieten haben. Für Frau Prof. Wagner-Dix ist ganz klar: „Unsere Zukunft liegt in der Förderung unserer Kinder.“ Der Europäische Freundeskreis sieht das genauso.


Julius-Stern-Institut für musikalische Nachwuchsförderung
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