Von der Vergnügungsmeile zum „Haus der Kulturen der Welt“

Ein halbes Jahrhundert wechselvolle Geschichte

_von Linda Dommes_

Das wiedereröffnete Haus der Kulturen der Welt vom Spreeufer aus gesehen.

Dieses Haus hat mit seinen 50 Jahren schon viel erlebt: Für einen Rückblick auf die Anfänge müssen wir aber sogar bis ins 17. Jahrhundert zurückgehen, als an dieser Stelle des Tiergartens die brandenburgischen Kurfürsten ihr Jagd- und Vergnügungsrevier hatten. Während dieser Zeit veranlasste Friedrich der Große den Architekten Knobelsdorff, dieses Gebiet umzugestalten und erlaubte ab 1745 dort eine Sommerbewirtung in Zelten. So kam der Ort dann auch zu der Bezeichnung „Zeltplatz“ oder „In den Zelten“.

Bauarbeiten im Foyer der ehemaligen Kongresshalle im Juni 2006.

Knapp 200 Jahre später war dieser Platz ein fester Bestandteil der Berliner Vergnügungskultur, weshalb sich viele Gaststätten niederließen. Zeitweilig verköstigte dort auch die Löwenbrauerei ihre Kundschaft. Im Zweiten Weltkrieg wurde der Platz völlig zerstört. 1957 entstand schließlich in Nachbarschaft zum Reichstag die Kongresshalle. Sie galt bei ihrer Eröffnung nicht nur von der äußeren Form her als modern, ihr Inneres war auch dem „United Nations Building“ in New York nachempfunden. Wegen dieser besonderen Architektur bekam das Gebäude rasch einen Spitznamen: Die Berliner tauften es „Schwangere Auster“. Es war ein Geschenk der amerikanischen Regierung und sollte als internationale Begegnungsstätte ein Zeichen für die „Freiheit der Inselstadt Berlin“ setzen. Dazu passend stand das künstlerische Programm zum Auftakt der fünftägigen Eröffnungsfeierlichkeiten am 19. September 1957 unter dem Motto „Die Alte und die Neue Welt zu den transatlantischen Beziehungen“. Geboten wurde eine Mischung aus Theater, Symposium und Konzerten mit Teilnehmern aus der ganzen Welt.

Ab dem darauffolgenden Jahr zog das Filmfestival „Berlinale“ ein und innerhalb kürzester Zeit erfreuten sich die Veranstaltungen des Hauses großer Beliebtheit. Sogar der Bundestag hielt dort zwei Sitzungen ab.

Ein schlimmes Datum in der Geschichte der Kongresshalle war der Einsturz des Daches am 21. Mai 1980. Ein Journalist verlor dabei sein Leben. Danach begannen umfangreiche Sanierungsarbeiten, die 7 Jahre lang dauerten. Doch pünktlich zur 750-Jahr-Feier Berlins konnte wiedereröffnet werden. Die Kultur nahm währenddessen in den internationalen Beziehungen einen immer wichtigeren Stellenwert ein. Aus diesem Grund wurde 1989 das „Haus der Kulturen der Welt“ gegründet und bekam seinen Sitz in der Kongresshalle. Fortan veranstaltete es Ausstellungen, Konzerte, Theateraufführungen und Festivals, wobei es sich damals wie heute als internationale Begegnungsstätte versteht.

Eine weitere Baustelle im Inneren des Gebäudes.

Zu Zeiten der Mauer war das Gebäude eher in eine Randlage gerückt. Seitdem jedoch beide Teile Deutschlands wieder vereint sind und die Bundesregierung von Bonn nach Berlin gezogen ist, befindet sich das „Haus der Kulturen der Welt“ mitten im politischen Geschehen. Die Luftlinie zum Bundestag beträgt ungefähr 1.000 Meter und das Kanzleramt entstand sogar in unmittelbarer Nachbarschaft.

Von Juli 2006 bis August 2007 wurde das Haus wegen Baumaßnahmen geschlossen. Es entstanden neue Galerieräume und ein Foyer. Außerdem wurde die Technik verbessert. Während der Bauzeit gab es dennoch an ausgewählten Tagen verschiedene Veranstaltungen, insbesondere zum Thema Musik. Die Wiedereröffnung am 21. August dieses Jahres fand mit einem Festakt statt. „New York – States of mind“ heißt die erste Ausstellung des Hauses. Dabei zeigen 25 Künstler die Stadt und ihre Bewohner. Zusammen mit einem abwechslungsreichen Filmprogramm stellt diese Präsentation die enge, wechselseitige Beziehung zwischen den Bewohnern, der Stadt und den Kulturen heraus, die den lebendigen Charakter New Yorks ausmacht.

In diesem Jahr steht noch ein Musikfestival und ein Programm zur zeitgenössischen Kultur und Politik im Nahen Osten im Veranstaltungskalender. Wir dürfen gespannt sein, wie das frisch renovierte Haus und seine Projekte von den Besuchern angenommen werden.


Haus der Kulturen der Welt
John-Foster-Dulles-Allee 10
10557 Berlin
Tel.: 49 30 397870
E-Mail: info@hkw.de
www.hkw.de

Die Autorin studiert deutsche und englische Philologie an der Freien Universität Berlin und absolvierte ein Praktikum in der Redaktion von _aktuell_ .