Werke der Raumkunst aus Renaissance, Barock und Rokoko
Das im Mai 2004 nach einer Grundinstandsetzung wiedereröffnete Schloss Köpenick präsentiert Werke der Raumkunst aus Renaissance, Barock und Rokoko. mehr
© visitberlin/Philip Koschel
Das Schloss Köpenick liegt wunderschön von Wasser umgeben im gleichnamigen Bezirk im Südosten Berlins. Es ist das bedeutendste erhaltene Schloss aus der Regentschaft der Hohenzollern. Für das eindrucksvolle Schloss lohnt sich die kleine Reise in den Berliner Außenbezirk.
Schloss Köpenick ist ein einmaliges Zeugnis aus der Zeit des Großen Kurfürsten (1620–1688). Es ist das bedeutendste erhaltene Schloss, welches während seiner Regentschaft für die Dynastie der Hohenzollern errichtet wurde und ist Teil der Altstadt Köpenick.
Seitdem unverändert, ist das Bauwerk im Stil des holländischen Barock auch ein Beispiel für den prägenden Einfluss der Niederlande zum Ende des 17. Jahrhunderts. Im Innern beeindrucken kostbare Prunkstücke aus dem Schatz der Hohenzollern und eine opulent gestaltete Machtdemonstration.
Gebaut wurde das Schloss 1677–90 für den Thronfolger des Großen Kurfürsten, Friedrich III. (1657–1713), nach dessen Vermählung mit Elisabeth Henriette von Hessen-Kassel (1661–83). Für die damalige Zeit schon von beachtlicher Größe hatte das Schloss eigentlich noch imposanter werden sollen.
Als Baugelände hatte man die Köpenicker Insel an der Dahme ausgewählt, auf der um 1240 bereits die Askanier infolge ihres Sieges über die Slawen eine Burg errichtet hatten. An gleicher Stelle ließ sich Kurfürst Joachim II. 1558–71 sein größtes Jagdschloss bauen. Hundert Jahre später erhielten die beiden ältesten Söhne des Großen Kurfürsten das Anwesen am Rande der Stadt Köpenick.
Als der Erstgeborene, Karl Emil (1655–74), starb, wurde Friedrich alleiniger Besitzer und zugleich Thronfolger. Für das neue Kurprinzenschloss wurde der alte Renaissancebau abgerissen. Der Baumeister Rutger van Langervelt aus den Niederlanden schuf ein hohes, dreigeschossiges Gebäude, dessen Fassadenschmuck sich auf die Mittelrisalite beschränkt. Betont und eingefasst wurden diese durch mächtige toskanische Pilaster und Segmentbogengiebel.
Nur die Fenster in diesen Rahmen sind architektonisch hervorgehoben. In dem Giebelrelief zum Hof sind beiderseits der kurfürstlichen Krone Adonis und Venus zu sehen. Die drei Sandsteinfiguren auf dem Giebel stellen Merkur, Venus und Mars dar. Das Giebelrelief an der Wasserfront zeigt Diana und Endymion. Über ihnen thronen Apollo, Herkules und Diana.
Unter dem Balkon befindet sich eine Tür, durch die man einst direkt zu einem Bootssteg gelangte. Seine stärkste Wirkung entfaltet das Hauptwerk des holländischen Architekten ohne Zweifel zur Wasserseite hin.
An der Hofseite flankieren Säulen das Portal, das Schnitzwerk an den Eichentüren zeigt zwei Adler, die den Kurhut tragen. Auch an dieser Seite befindet sich ein Balkon. Auf das Schloss setzte van Langervelt ein französisches Mansarddach. Die Plattform in luftiger Höhe mit hölzerner Balustrade, erzählt Theodor Fontane, soll die Hofgesellschaft gerne als Kegelbahn genutzt haben.
An der kahlen Gebäudefront links neben dem Haupteingang sollte die Erweiterung des Schlosses ansetzen. Das Projekt eines Schlosses mit drei Flügeln, für das ab 1682 Nachwuchstalent Johann Arnold Nering (1659–95) engagiert wurde, kam jedoch ins Stocken, als das Leben des Kurprinzen eine schicksalhafte Wendung nahm.
Kaum hatte er mit seiner Gemahlin Elisabeth Henriette den ersten Abschnitt des Neubaus bezogen, starb diese 1683 mit nur 22 Jahren. Im Mai 1688 starb auch der Große Kurfürst, und Friedrich wurde Landesherr. Vollends aus dem Blickfeld geriet Köpenick, als sich seine zweite Gemahlin Sophie Charlotte ihr Sommerdomizil im heutigen Charlottenburg erbauen ließ.
Die Gewichte in der Region der Residenzstadt Berlin hatten sich nach Westen verschoben. Schloss Köpenick wurde nur noch für Jagdausflüge in die umliegenden Wälder genutzt. Die Arbeiten am Fundament des geplanten Corps de Logis kamen deshalb 1695 zum Erliegen. Das ehemalige Bauterrain ist heute eine große Gartenterrasse am Zugang zum Schlosspark.
Trotz der widrigen Umstände konnte der junge Architekt Nering seinen Beitrag zu dem Ensemble in Köpenick leisten. Er realisierte den Portalbau an der Schlossbrücke (1682) und die kleine, doppelstöckige Galerie an der Nordseite der Anlage (1688, ursprünglich offene Arkade).
Vor allem aber entwarf er die Schlosskirche, die 1682–85 gegenüber dem Schloss entstand – flankiert von zwei schlichten Wirtschaftsgebäuden. Die Kapelle, eingeweiht am 6. Januar 1685, ist das einzige Bauwerk Nerings, welches unverändert erhalten ist. Der Sakralbau mit dem prägnanten Dach aus Laterne, Haube und goldener Krone markierte schon erstaunlich früh einen Umschwung zum künstlerisch leichteren und feineren Barock.
Ästhetisch neue Wege ging Nering mit den drei hohen, schlanken Rundbogenfenstern, kombiniert mit vier ionischen Pilastern. In der Fortsetzung oberhalb der Attika werden sie von den vier Evangelisten bekrönt. Rechts und links an den Gebäudeecken stehen Moses und Aaron. Balthasar Permoser (1651–1732), Bildhauer der barocken Figuren am berühmten Dresdner Zwinger, soll die Skulpturen um 1705 geschaffen haben, als er im Berliner Raum tätig war.
An dem Portalgiebel lehnen Allegorien der Tugenden Glaube und Liebe. Die Kanzel ist in der Form eines Messkelches gestaltet, zentrales Symbol des protestantischen Glaubens. Oberhalb der Kanzel befindet sich die Marmorbüste der Kurprinzessin Elisabeth Henriette. Zunächst nur für die calvinistische Schlossgemeinde gedacht, stand die Kapelle bald auch den Hugenotten offen. Die evangelisch- reformierten Glaubensflüchtlinge aus Frankreich wurden ab 1688 in Köpenick angesiedelt.
Da das Schloss im Zweiten Weltkrieg von Bombeneinschlägen verschont blieb, sind die barocken Raumdekorationen fast vollständig erhalten. Die 29 Plafonds wurden von Stuckateuren aus dem Tessin und aus Graubünden gestaltet. Namentlich bekannt ist der Künstler Giovanni Caroveri.
Ebenso original sind die zwischen 1684 und 1690 entstandenen Deckengemälde von Jacques Vaillant, für die er Motive aus der antiken Mythologie wählte. Entsprechend der Nutzung des Schlosses als Jagdschloss steht meist Diana, die Göttin der Jagd, im Mittelpunkt.
Eine Besonderheit ist der Wappensaal im zweiten Obergeschoss – es ist eine überragende Raumkreation in Berlin-Brandenburg. Mit üppiger barocker Bildkraft inszenierte Caroveri 1685 die territoriale Größe des Kurfürstentums.
Die Schilde der damals zugehörigen Länder und Freistädte schmücken den Raum. An den Wänden tragen jeweils zwei Hermenpilaster, insgesamt 18 Paare, ein Wappen über den Köpfen. Oberhalb der beiden Kamine wird das kurbrandenburgische Wappen von Wilden Männern gehalten.
Mit der heraldischen Gestaltung verdeutlichte der Kurprinz seine hegemonialen Ansprüche im schwelenden Streit um die Erbschaft des Staates. Drohte doch durch Forderungen der Stiefmutter die Zerschlagung des Kurfürstentums.
Im Wappensaal steht heute ein opulentes Tafelservice aus der Regierungszeit des rebellischen Kronprinzen, angefertigt von der Königliche Porzellanmanufaktur 1767 für das Schloss Breslau. Weitere wertvolle Tafelservices im Stil des Rokoko aus dem Besitz Friedrichs des Großen sind in Köpenick ausgestellt.
Dass Gebrauchsgegenstände, mit edlen Materialien und filigranen Verzierungen kunstvoll überhöht, einst Zeichen von Reichtum und Macht waren, verdeutlicht eindrucksvoll das Große Silberbuffet. Als Kürfürst Friedrich III. beabsichtigte, sein Kurfürstentum in ein Königreich zu verwandeln, wurde dieser prunkvolle, vergoldete Schatz 1695–98 von der Goldschmiedefamilie Biller aus Augsburg geschaffen und effektvoll im Berliner Stadtschloss aufgebaut. Vis-à-vis standen die zwei Thronsessel des Großen Kurfürsten – so wie heute im Schloss Köpenick vorzufinden.
Den schöpferischen Leistungen des Kunsthandwerkes im Dienste der Herrschenden widmet sich eine Ausstellung im Schloss, das seit 1963 Kunstgewerbemuseum ist. Das Kunstgewerbemuseum im Schloss Köpenick besitzt eine der bedeutendsten Sammlungen von europäischem Kunsthandwerk in der Welt.
Zu sehen sind neben Möbeln, Bildteppichen und Kunstgegenständen aus Renaissance, Barock und Rokoko auch vollständige Raumvertäfelungen aus Holz, die aus anderen Schlössern stammen. Die in begehbaren Zimmern gezeigten Kunstwerke laden zu einer Reise in eine prunkvolle Vergangenheit ein.
Ab 1741 diente das Schloss als Witwensitz, 1804 wurde es an Friedrich Graf von Schmettau verkauft. Nachdem er zwei Jahre später in einer Schlacht gegen Napoleon fiel, wechselte Köpenick wieder in den Besitz der Krone.
Die Unnachgiebigkeit Preußens gegenüber freiheitsliebenden Querdenkern führte Anfang des 19. Jahrhunderts dazu, dass die Obrigkeit in den Kellern des Schlosses ein Gefängnis einrichtete. Zwischen 1823 und 1830 saßen hier sogenannte „Demagogen“ ein, öffentlich agierende Demokraten und Kritiker der Monarchie, die nach den Karlsbader Beschlüssen rigoros verfolgt wurden. Der Schlosspark, 1690 als Barockgarten angelegt, zeigt sich heute im Stil der 1960er Jahre mit zahlreichen Plastiken. In schöner Uferlage befindet sich ein Café.
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