Text aus: Berlin. Hauptstadt der DDR. 1949-1990
Autor: Jodock Jaron Verlag Klappenbroschur, 112 Seiten, 173 überwiegend farbige Abbildungen, 1 Karte ISBN 978-3-89773-713-6 12,95 Euro mehr
Das Staatsratsgebäude auf der Spreeinsel entstand als Amtssitz der DDR-Führung. Wo einst Ulbricht und Honecker den Sozialismus predigten, residiert heute eine Wirtschaftshochschule.
Als Staatsoberhaupt der DDR fungierte ab 1960 der 22-köpfige Staatsrat. Der protokollarisch erste Mann im Staat war der Vorsitzende des Staatsrates: Walter Ulbricht bis 1973, Willi Stoph bis 1976, Erich Honecker bis 1989 und Ende 1989 für sieben Wochen Egon Krenz.
1964 bezog der Staatsrat das Gebäude am Marx-Engels-Platz, den ersten Neubau des geplanten Regierungsviertels und ersten Bau auf der riesigen Brache, die seit den Kriegszerstörungen und der Sprengung des Hohenzollernschlosses 1950/51 im Herzen Berlins klaffte. Ein einziges positives Ereignis verband die DDR Geschichtsschreibung mit der "feudalen Zwingburg der Hohenzollern": Auf dem Balkon des Schlossportals IV, gegenüber dem Alten Museum, hatte Karl Liebknecht am 9. November 1918 die "freie sozialistische Republik Deutschland" ausgerufen.
Zum Zeichen, dass man in dieser Tradition stehe, wurde in die Hauptfassade des Staatsratsgebäudes eine Nachbildung jenes barocken Schlossportals eingefügt. Das Glasfenster im Treppenhaus zeigt Repräsentanten der DDR-Bevölkerung auf den Schultern der Revolutionäre von 1918: Wofür Liebknecht und Genossen damals vergebens kämpften, sei in der DDR Wirklichkeit geworden, so die Symbolik. Der Aufgabe des Gebäudes angemessen, entstanden im ersten Obergeschoss ein Bankett- und ein Festsaal mit einem 40 Meter langen Porzellanfries zum Leben im Arbeiter- und Bauernstaat.
Vom Umzug der Bundesregierung von Bonn nach Berlin 1999 bis zur Fertigstellung des Kanzleramts im Spreebogen 2001 diente das Gebäude dem damaligen Bundeskanzler Gerhard Schröder und seinem rot-grünen Bundeskabinett als Sitz, heute wird der Bau von einer privaten Wirtschaftshochschule genutzt.
Die oberen Räume sind nur auf einer Führung (einmal im Monat mit Voranmeldung) zu besichtigen, aber schon die Eingangshalle macht dem einfachen Besucher die Nichtigkeit seiner eigenen Existenz deutlich. Lohnend ist ein Spaziergang um das Staatsratsgebäude herum. Hier erhält man noch heute einen guten Eindruck von den städtebaulichen Qualitäten der realsozialistischen Ministerialarchitektur. Einen Blick wert ist auch der Eingangsbereich der Stadtbücherei aus den 1960er Jahren: 117 Stahltafeln zeigen, wie unterschiedlich man den Buchstaben A schreiben kann (Breite Straße 30–36).
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Autor: Jodock Jaron Verlag Klappenbroschur, 112 Seiten, 173 überwiegend farbige Abbildungen, 1 Karte ISBN 978-3-89773-713-6 12,95 Euro mehr
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