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Religion & Glauben
Imposante Kirchen und alte Friedhöfe in Berlin sind nicht nur Orte des Glaubens und der Religion, sondern sind zu viel besuchten Sehenswürdigkeiten geworden. mehr
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Die Parochialkirche in der Nähe des Roten Rathauses war die erste Kirche im reformierten Berlin. Der monumentale Innenraum wird als Gotteshaus, für Kunstaktionen oder Theateraufführungen genutzt.
Nachdem die Zweite Reformation durch Kurfürst Johann Sigismund 1612 gescheitert war, blieben die Reformierten in Brandenburg eine kleine Minderheit – unter ihnen die Herrscherfamilie und einige Hofleute. In Berlin gab es nur in der dem Schloss angegliederten Domkirche Gottesdienste nach reformiertem Ritus, und so wünschten sich die Gemeindemitglieder eine neue, vom Hof unabhängige Kirche. 1694 genehmigte Friedrich III. den Kauf eines Grundstücks, 1695 bereits wurde unter großem Pomp im Beisein des Kurfürsten und des gesamten Hofstaats der Grundstein gelegt.
Architekt war niemand Geringeres als der Leiter des gesamten brandenburgischen Bauwesens, Oberbaudirektor Nering. Er wählte eine Zentralform mit einem Quadrat, an das sich vier halbrunde Apsiden anlegen. Zur Straße hin sollte ein Giebelvorbau einen repräsentativen Eingangsbereich schaffen.
Als Nering noch 1695 starb, vereinfachte sein Nachfolger Martin Grünberg nach einem Einsturz des Gewölbes den Plan und errichtete statt eines Dachreiters über der Vierung einen Vorbau, auf den 1713 / 14 ein hoher Turm nach einem Entwurf Jean de Bodts aufgesetzt wurde.
Er sollte das für den eingestürzten Münzturm vorgesehene Glockenspiel aufnehmen und erhielt daher ein offenes Glockengeschoss. Das Glockenspiel, das einzige der Stadt, gefiel allerdings nicht und wurde nach wenigen Jahren durch ein neues ersetzt.
Im Volksmund hieß die Kirche "Singuhrkirche", ein "Glockenist" bediente die Anlage, die bis zur Kriegszerstörung eine Touristenattraktion war. 1944 brannte die Kirche aus, der Turm stürzte ein.
Seit 1991 wird der innen völlig kahle, in seiner Monumentalität beeindruckende Raum als Gotteshaus und für Kunstaktionen oder Theateraufführungen genutzt. Ein privater Verein bemüht sich um den Wiederaufbau des Turmes.
Im Jahr 2016 hat die Parochialkirche ein neues Glockenspiel erhalten. Die Kirche verfügt nun über 52 Glocke, von der die größte Glocke 1.490 Kilogramm wiegt. Die kleinste Glocke bringt nur acht Kilogramm auf die Waage. Das Glockenspiel ist in der Regel täglich um 9, 12, 15 und 18 Uhr zu den Gebetszeiten zu hören.
Am Bau der Parochialkirche war auch einer der größten Unglücksraben der Berliner Baugeschichte beteiligt: Hofmaurermeister Leonhard Braun d.Ä., allerdings auch einer der wohlhabendsten Männer seiner Zeit. Maßgeblich beteiligt am Teileinsturz der Zeughaus-Rückfront, wurde er entlassen und arbeitete dann am Portal V des Schlosses, wo er nach kurzer Zeit wegen mangelhafter Bauausführung – Teile waren herausgebrochen – erneut entlassen wurde.
Wenige Jahre später setzte er in der Parochialkirche statt der vorgesehenen Bohlenkuppel eine massive Kuppel ein, woraufhin die östliche Außenwand unter der Last einstürzte. Braun wurde inhaftiert und musste den Schaden auf eigene Kosten beseitigen lassen. Den Bau führte – als Strohmann – sein Vetter Leopold weiter.
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