Drucksache - V/0812  

 
 
Betreff: Jugendliche Flüchtlinge
Status:öffentlich  
 Ursprungaktuell
Initiator:B'90GrüneBA, JugSport
  Stahr, Joachim
Drucksache-Art:Große AnfrageSchriftliche Beantwortung
Beratungsfolge:
BVV Treptow-Köpenick Entscheidung
26.02.2004 
25. (ordentliche) Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung vertagt   
25.03.2004 
26. (ordentliche) Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung schriftlich beantwortet   
Anlagen:
Große Anfrage, 15.02.2004, Bü/Gr
Schriftliche Beantwortung, 16.03.2004, BA

Die Bezirksverordnetenversammlung Treptow-Köpenick von Berlin möge beschließen:
  1. Wie viele Jugendliche unbegleitete minderjährige Flüchtlinge sind in Treptow-Köpenick in den ersten beiden Quartalen dieses Jahres per Quote zugewiesen worden?
  2. Wie viele von diesen sind im Rahmen der Jugendhilfe untergebracht worden?
    Bitte schlüsseln Sie diese Angaben nach dem Alter, Herkunft und Geschlecht der Flüchtlinge auf.

2.1  In welcher Weise haben sich diese Zahlen in den letzten drei Jahren entwickelt?

  1. In welchen Formen der Jugendhilfe sind sie untergebracht worden?
  2. Nach welchen Kriterien werden die Jugendhilfemaßnahmen gewährleistet und die Jugendlichen in entsprechenden Einrichtungen untergebracht?
  3. Nach welchen Kriterien wird im Erstgespräch durch MitarbeiterInnen des Jugendamtes entschieden, ob AsylBLG oder KJHG angewendet wird?
  4. Haben sich diese Kriterien in den letzten Jahren verändert?
  5. Werden die Jugendlichen von den zuständigen SozialarbeiterInnen besucht, bevor eine Entscheidung über die Einleitung von Jugendhilfe getroffen wird?
  6. In welcher Weise werden die Jugendlichen an der Entscheidung über die Unterbringung in der Jugendhilfe oder nicht beteiligt und über die zukünftigen Konsequenzen aufgeklärt?
  7. Werden traumatisierte Jugendliche in speziellen Einrichtungen untergebracht?
  8. Gibt es in Treptow-Köpenick eine Weisung, Jugendliche in bestimmte Einrichtungen, z.B. im eigenen Bezirk unterzubringen oder nicht unterzubringen? Wenn ja, in welcher Art und Weise?
  9. Was geschieht mit den Jugendlichen, die niedrigschwellig untergebracht werden und wie viele Jugendliche betrifft dies in unserem Bezirk?
  10. Was geschieht mit den Jugendlichen, die nicht in der Jugendhilfe untergebracht werden?
  11. Was geschieht mit Jugendlichen, die Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz bekommen und haben sie die Möglichkeit, bei Bedarfsfeststellung Leistungen der Jugendhilfe zu empfangen?
  12. Wie viele Jugendliche haben diese Möglichkeit in den letzten beiden Jahren wahrgenommen?
  13. Welche Möglichkeiten haben jugendliche Flüchtlinge auch nach dem 18. Geburtstag, Jugendhilfe entsprechend § 41 SGB VIII in Anspruch zu nehmen? Wird im Einzelfall der Bedarf überprüft oder wird aus fiskalischen Gründen die Jugendhilfe zum 18. Geburtstag pauschal beendet?
  14. Wie vielen Jugendlichen werden aktuell vom Jugendamt auch nach dem 18. Geburtstag Leistungen nach § 41 SGB VIII gewährt?
  15. Gibt es in Treptow-Köpenick ein begrenztes Budget für Unterbringungen nach SGB VIII? Was passiert, wenn dieses Budget ausgeschöpft ist?
  16. Werden Jugendhilfemaßnahmen beendet aufgrund von Straffälligkeit des/der Jugendlichen?
  17. Führt unregelmäßiger Schulbesuch oder Schulverweigerung zum Abbruch von laufenden Jugendhilfemaßnahmen?
Wir fragen das Bezirksamt:

Die Große Anfrage wird wie folgt beantwortet:

 

zu 1.

Vom 1. Januar 2004 bis 24. Februar 2004 gab es 5 Zuweisungen.

 

zu 2.

1 Jugendlicher ist Rahmen der Jugendhilfe untergebracht

4 Jugendliche sind nach dem Asylbewerberleistungsgesetz untergebracht

 

Geschlecht: 4 männliche Jugendliche

                    1  weibliche Jugendliche

 

Alter:           3 männliche Jugendliche sind 15 Jahre alt,               1 weiblicher Jugendlicher 14 Jahre alt,

1 männlicher Jugendlicher 17 Jahre alt.

 

Herkunft:      2 Jugendliche stammen aus Vietnam (davon 1 weiblicher), 1 männlicher
                     Jugendlicher aus dem Libanon, bei zwei männlichen Jugendlichen ist
                     die Herkunft ungeklärt.

 

 

 

zu 2.1.

 

In den Fallzahlen der letzten Jahre ist ein Rückgang zu verzeichnen.

 

Im Jahr 2001 insgesamt 94 Jugendliche

Im Jahr 2002 insgesamt 90 Jugendliche

Im Jahr 2003 insgesamt 52 Jugendliche

 

 

zu 3.

Insgesamt sind zur Zeit durch das Jugendamt Treptow-Köpenick 52 jugendliche Asylbewerber untergebracht, davon 31 Jugendliche nach dem KJHG § 34 stationär und 21 Jugendliche nach dem Asylbewerberleistungsgesetz.

 


zu 4.

Die Jugendhilfemaßnahmen werden nach Bedarfskriterien des KJHG gewährt. Diese Kriterien sind Alter, Sozialkompetenz, Entwicklungsstand, Reife, Selbständigkeit, Gruppenfähigkeit und Bereitschaft zur Mitwirkung.

Entsprechend dem individuellen Bedarf des Jugendlichen wird die Einrichtung mit ihrem speziellen Angebot ausgewählt.

 

zu 5.

Das Erstgespräch findet grundsätzlich zwischen Vormund und Jugendlichem statt. Das zweite Gespräch wird in der Clearingstelle geführt, die eine Empfehlung bezüglich des Bedarfes des Jugendlichen ans Jugendamt abgibt.

Das Jugendamt eröffnet ein Hilfeplanverfahren, in dem nach Kriterien des KJHG der Bedarf festgestellt wird und über eine entsprechende Hilfe entschieden wird.

 

zu 6.

Die Kriterien haben sich in den letzten Jahren nicht geändert.

 

zu 7.

Es besteht eine enge Kooperation zwischen den Mitarbeitern der Einrichtungen und den zuständigen Sozialarbeitern des Jugendamtes, sodass ein Besuch in der Regel nicht notwendig ist. Besuche finden nur im Einzelfall statt und bei besonderem Bedarf oder Anlass.

...

zu 8.

Die Vorschriften des KJHG sehen eine umfassende Beteiligung des Hilfeempfängers bei der Gestaltung der Hilfe vor (§ 5 SGB VIII, § 36 SGB VIII) . Dabei sollen auch schwer verständliche oder scheinbar widersprüchliche Äußerungen und Willenserklärungen in den Zielfindungs- und Hilfeprozess einbezogen werden. In den regelmäßigen Überprüfungsterminen der Hilfe – spätestens nach 6 Monaten oder bei Bedarf auch nach kürzeren Fristen - gibt es weiterhin umfassend Gelegenheit zur Auswertung der Hilfe und zur Beteiligung. Jeder Jugendliche kann auch aus eigener Initiative eine Veränderung der Hilfe anregen und z.B. die Durchführung einer Verlaufskonferenz beantragen.

 

zu 9.

Auf den spezifischen Bedarf traumatisierter Jugendlicher – z.B. bei Kindersoldaten, nach Erlebnissen von Flucht und Vertreibung oder nach Ermordung der Familie und/oder nach sexuellem Missbrauch – wird bei der Hilfeplanung eingegangen. Dabei werden psychologische und ärztliche Gutachten hinzugezogen. Das Jugendamt Treptow-Köpenick gewährt therapeutische Hilfen in Form ambulanter Hilfen oder Therapien (soweit nicht andere Kostenträger zuständig sind – z.B. Krankenkassen).

 

zu 10.

Es gibt keine diesbezüglichen Weisungen.

 

zu 11.

Jugendliche, die niederschwellig untergebracht werden, werden nach dem Asylbewerberleistungsgesetz untergebracht. Hier gibt es spezielle Einrichtungen, in denen derzeit 21 Jugendliche untergebracht sind. In den Einrichtungen gibt es Sozialarbeiter, die sich mit entsprechenden Beratungsangeboten um diese Jugendlichen kümmern. Darüber hinaus können für diese Jugendlichen im Rahmen von Einzelfallentscheidungen Deutschkurse, Jugendberufshilfe, Beschulung und Rechtsberatung über das KJHG gewährt werden.

 

zu 12.

Jugendliche, die nicht in der Jugendhilfe untergebracht sind, sind im Regelfall nach dem Asylbewerberleistungsgesetz untergebracht (vgl. Frage 11). Einige Jugendliche lassen sich jedoch nicht in entsprechende Hilfsangebote einbinden und brechen den Kontakt ab oder tauchen unter.

 

zu 13.

Diese Jugendlichen sind in bestimmten Einrichtungen untergebracht. Alle Jugendlichen haben die Möglichkeit, Bedarf gemäß KJHG zu beantragen. Außerdem können Jugendliche, die nicht in Einrichtungen der Jugendhilfe untergebracht sind, auch über das KJHG Beratung, therapeutische Leistungen, Jugendberufshilfe, Beschulung etc. erhalten.

 

zu 14.

Jeweils 10 Jugendliche haben die Maßnahmen wahrgenommen.

 

zu 15.

Auch junge volljährige Flüchtlinge haben die Möglichkeit, Hilfe nach § 41 KJHG in Anspruch zu nehmen. Befinden sich diese Jugendlichen in einer stationären Jugendhilfemaßnahme, so kann diese fortgesetzt werden oder in eine ambulante Hilfe umgewandelt werden.

Der Bedarf wird im Rahmen des Hilfeplanverfahrens, gemäß  § 36 KJHG, ermittelt.

Eine stationäre Unterbringung für einen volljährigen Asylbewerber als Ersthilfe kann nicht gewährt werden. Diese jungen Volljährigen werden grundsätzlich nach dem Asylbewerberleistungsgesetz untergebracht. Die Maßnahmen nach § 41 KJHG werden alle 6 Monate überprüft.

 

zu 16.

Gegenwärtig wird 49 Jugendlichen Hilfe nach dem KJHG gewährt.

 

zu 17.

Die Mittel für Unterbringungen nach dem KJHG sind im Haushaltstitel 4042 ausgewiesen. Der Bezirk bemüht sich durch Kontingente und Zielzahlen um eine titelgenaue Steuerung des gesamten T-Teils. Wenn das Budget erschöpft ist, geht dies zu Lasten anderer Maßnahmen.

 

zu 18.

Grundsätzlich werden die Maßnahmen nicht beendet, im Einzelfall kann eine Straftat aber Anlass zur Prüfung des Hilfeplanes geben und – gerade bei schweren Delikten - z.B. bei Verstoß gegen das Betäubungsmittelgesetz und/oder bei Inhaftierung, das Ende der Hilfe zur Folge haben. Eine Beendigung der Hilfe geschieht in allen Fällen durch Einzelfallprüfung.

 

zu 19.

Ein unregelmäßiger Schulbesuch oder Schulverweigerung führt zunächst nicht zum Abbruch der Maßnahmen, kann aber in Einzelfällen durchaus angezeigt sein. Eine Beendigung der Hilfe geschieht in allen Fällen durch Einzelfallprüfung.

 

 

 

Dr. Klaus UlbrichtJoachim Stahr

BezirksbürgermeisterBezirksstadtrat


 

 
 

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