Drucksache - VI/1453  

 
 
Betreff: Sichere und ökologische Berliner Fernwärme
Status:öffentlichVorgang/Beschluss:zurückgezogen
 Ursprungaktuell
Initiator:B'90GrüneB'90Grüne
Verfasser:Axel W. Sauerteig 
Drucksache-Art:AntragAntrag
Beratungsfolge:
BVV Treptow-Köpenick Entscheidung
29.04.2010 
40. (öffentliche) Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung vertagt     
27.05.2010 
41. (öffentliche) Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung in der BVV zurückgezogen     
Anlagen:
Antrag, 19.04.2010, B´90Grüne

Die Bezirksverordnetenversammlung Treptow-Köpenick von Berlin möge beschließen:

Die Bezirksverordnetenversammlung Treptow-Köpenick von Berlin möge beschließen:

 

Das Bezirksamt wird ersucht, sich im Rahmen der Beteiligung öffentlicher Belange im Bebauungsplanverfahren des Nachbarbezirkes Lichtenberg (B-Plan Karlshorst West / Kraftwerk Klingenberg) sowie gegenüber den zuständigen Behörden im Senat und im Senat selbst für folgende Positionen einzusetzen:

 

  1. Die Immissionen durch Schadstoffe für die Bürgerinnen und Bürger, insbesondere die Treptow-Köpenicker BürgerInnen, müssen auf das geringstmögliche Maß reduziert werden. Da der direkt von Immissionen aus dem neuen Kraftwerk betroffene geographische Raum gemäß derzeit vorliegender Planungen mindestens sechs km Luftlinie im Radius um die Schornsteine betragen wird, sind weite Teile des Bezirks Treptow-Köpenick und seiner BürgerInnen durch Immissionen direkt betroffen, da der Neubaustandort unmittelbar an der Grenze zu unserem Bezirk verläuft.

Zur Minimierung wird die Klärung folgender Fragen angeregt:

a.)     Werden die Anlagen in der geplanten Dimensionierung überhaupt für Berlin benötigt? Benötigt wird die sichere, preiswerte und ökologische Fernwärme für Berlin, erzeugt in Wärme-Kraft-Kopplungsanlagen. Anlagen, welche auf die Erzeugung von Strom optimiert sind zu Lasten der Immissionen für die Bürgerinnen und Bürger, braucht Berlin nicht. Die derzeit vorliegenden Planungen mit dem Bau eines Kühlturms deuten darauf hin, dass es Vattenfall jedoch primär um Stromerzeugung geht. Es wird vorgeschlagen, die Frage zu untersuchen, wie hoch der Fernwärmebedarf Berlins tatsächlich ist, und die Größe der geplanten Anlagen darauf abzustimmen, um die Errichtung überdimensionierter Anlagen von vornherein zu vermeiden.

b.)    Durch den Transport von jährlich 700.000 Tonnen Biomasse (!) und den Abtransport entsprechender Asche entsteht erheblicher zusätzlicher Verkehr in Berlin. Vattenfall verweist auf den Schwerpunkt des Transportweges zu Wasser auf der Spree – und zusätzlich auf Schiene und Straße. In trockeneren Zeiten des Jahres ist jedoch erfahrungsgemäß der Transport auf dem Wasserweg eingeschränkt. Es wird angeregt, durch ein Gutachten einschätzen zu lassen, welche verkehrlichen Auswirkungen sich ergeben. Ist der Bezirk Treptow-Köpenick betroffen, sind entsprechende Einwendungen zu erheben.

c.)     Die Biomassekraftwerke sind gemäß der Bundesimmissionsschutzverordnung (BImschV) § 13 geplant (Verbrennung von unbehandelter Biomasse). Die vom Gesetzgeber gemäß § 13 festgelegten Schadstoffgrenzwerte (zum Beispiel Staub, Kohlenmonoxid, Stickoxide, Schwefeldioxid) sind bei weitem größer, als im Vergleich zu den Grenzwerten gemäß BImschV § 17 (Verbrennung von Abfällen), so dass es bei der Verbrennung der unbehandelten Biomasse im Ergebnis zu einer größeren Belastung der Bürgerinnen und Bürger kommt, als wenn am Standort eine Müllverbrennungsanlage entstehen würde. Keineswegs soll hier angeregt werden, eine Müllverbrennungsanlage zu bauen!
Es soll jedoch die Frage geklärt werden, wie es gelingen kann, mindestens die für den §17 der BImschV geltenden strengeren Grenzwerte auch für eine nach §13 der BImschV genehmigte Anlage im Anlagenbetrieb durchzusetzen, um die Immissionen zu minimieren.

d.)    Gemäß der Erfahrungen in anderen Städten Deutschlands (z. B. Ulm, Pforzheim, Meuselwitz, Kehl, Baruth) ist zu befürchten, dass die für die Verbrennung unbehandelter Biomasse errichteten Anlagen zu einem späteren Zeitpunkt als Verbrennungsanlagen für schadstoffbelastete Biomasse oder Abfallverbrennungsanlagen genutzt werden. In den beispielhaft genannten Orten ist dies der Fall. Die Anlagen wurden für die Verbrennung unbelasteter Biomasse gebaut. In der Regel reichte die verfügbare Biomasse nicht aus, um die Fernwärmeversorgung sicher zu stellen, so dass die Umnutzungen vorgenommen wurden. Es ist sicher zu stellen, dass eine solche spätere Umnutzung ausgeschlossen wird.

e.)     Es ist sicher zu stellen, dass tatsächlich und andauernd effektiv kontrolliert wird, was in den Anlagen verbrannt wird und wie hoch die Emissionen tatsächlich sind. Der gemäß §13 der BImschV festgelegte Prüfungsintervall für die Schadstoffmessungen (alle drei Jahre an drei Tagen nach Voranmeldung) dürften bei weitem nicht hinreichend sein, um zuverlässig für die BürgerInnen geringstmögliche Immissionen zu gewährleisten.

  1. Die Versorgung der Bürgerinnen und Bürger – insbesondere unserer Treptow-Köpenicker BürgerInnen – mit Frischluft darf nicht weiter eingeschränkt werden. Hierzu wird die Klärung folgender Fragen angeregt:

a.)     Geplant sind die Errichtung mehrerer Schornsteine, sowie die Errichtung eines 60 Meter hohen Kühlturmes. Welchen Einfluss werden die geplanten Anlagen auf die Kaltluftbahn der Spree haben? Die Spree ist eine der wichtigsten Kaltluftschneisen Berlins und versorgt sowohl Treptow-Köpenick mit Frischluft, und im weiteren Verlauf auch die Innenstadtbezirke. Eine Beurteilung durch den Deutschen Wetterdienst durch aktuelle vor Ort-Messungen (nicht durch Vergleichsannahmen) wird dringend angeregt.

b.)    Die Anlagen werden wenige einhundert Meter außerhalb der Umweltzone Berlins errichtet werden, welche auch Teile von Treptow-Köpenick umfasst und mittel- und langfristig zur Verbesserung der Luft beitragen sollte. Die neuen massiven Immissionen, verursacht durch die Errichtung der neuen Kraftwerksanlagen am Rande der Umweltzone, dürften die Bemühungen zur Verbesserung der Luft in Treptow-Köpenick und den Innenstadtbezirken konterkarieren.

 

  1. Die Herstellung der vorgesehenen technischen Anlagen sowie deren späterer Betrieb sind ein starker Eingriff in das Ökogefüge der Spree, an welcher auch der Bezirk Treptow-Köpenick liegt. Es ist zu gewährleisten, dass es durch die Kraftwerksanlagen im Bau und deren Betrieb nicht zu einer Beeinträchtigung des Ökosystems der Spree kommt.
  2. Der von Vattenfall geplante Neubaustandort liegt im Trinkwasserschutzgebiet, aus dem das Berliner Trinkwasser gefördert wird. Auch die Bürgerinnen und Bürger von Treptow-Köpenick werden durch das Berliner Trinkwasser versorgt. Es ist zu gewährleisten, dass jede zusätzliche Belastung des Trinkwassers unterbleibt.
  3. Die Errichtung des neuen Kraftwerksparks am Ufer der Spree mit hohen Gebäuden, drei Schornsteinen sowie mit einem 60 Meter hohen Kühlturm dürfte ein erheblicher städtebaulicher Eingriff sein, welcher auch den Bezirk Treptow-Köpenick beeinträchtigt (vom Treptower Park aus). Es ist sicher zu stellen, dass die Beeinträchtigung minimiert wird.
  4. Biomasse-Nutzung am Standort Klingenberg kann nicht isoliert betrachtet werden, sondern muss Teil einer Berliner und Berlin-Brandenburger Biomasse-Strategie sein. Denn Biomasse aus Berlin und dem Umland kann nicht mehrfach verplant werden. Der Senat muss aufgefordert werden, eine solche Strategie zu erarbeiten. Hierbei soll gelten:

        Die Herkunft der Biomasse muss gerechten sowie transparenten und kontrollierbaren Umwelt- und Sozialstandards entsprechen.

        Biomasse muss hocheffizient genutzt und in virtuelle Kraftwerke erneuerbarer Energien eingebunden werden.

 

 

Begründung:

In Lichtenberg plant Vattenfall den Neubau eines Kraftwerksparks, mit dessen Wärme unter anderem die fernwärmebeheizten Wohnungen Ostberlins beheizt werden. Das Kraftwerk soll das veraltete Kraftwerk Klingenberg an der Rummelsburger Bucht ersetzen. Es handelt sich gemäß derzeitiger Vorhabensbeschreibung von Vattenfall um drei Neubau-Kraftwerke. Es sollen zwei Biomassekraftwerke, welche Holz verbrennen sollen, sowie ein Gaskraftwerk errichtet werden. Die Leistungsparameter der im Vorhaben beschriebenen Kraftwerke sind bei weitem größer als die des bisherigen Kraftwerks, obwohl der Wärmebedarf Berlins durch effektive Wärmedämmungsmaßnahmen bei Neubau und im Bestand nicht zuletzt in Umsetzung der auch für Berlin geltenden Energieeinsparverordnung bereits gesunken ist und absehbar in den kommenden Jahren weiter sinken wird.

Das für den Neubau des Kraftwerksparks erforderliche Bebauungsplanverfahren wird derzeit im Nachbarbezirk Lichtenberg durchgeführt. Der Neubau des Kraftwerksparks in den derzeitigen Dimensionen hätte für die Bürgerinnen und Bürger Treptow-Köpenicks erhebliche Auswirkungen. Da in diesen Wochen der Bezirk Treptow-Köpenick offiziell als Nachbarbezirk beteiligt wird, ist der Zeitpunkt angemessen, für unsere Bürgerinnen und Bürger und unsere Umwelt entsprechend Position zu beziehen.

 

 
 

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